Horror 2020
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Horrorfilme aus 2020, die ihr gesehen haben solltet (Teil 2/2)

2020 ist fast vorbei und wir haben die Gelegenheit genutzt, um das Jahr Revue passieren zu lassen. Hier sind unsere Horror-Highlights 2020. Viel Spaß!

Im zweiten Teil unseres Jahresrückblicks findet ihr wieder die persönlichen Highlights und auch die Enttäuschungen unserer Autor:innen (Hier geht es zu Teil 1).
Wir haben uns nach den internationalen oder deutschen Premieren orientiert, aber auch am regulären (Heim-)Kinorelease. Ihr werdet hier also durchaus auch Filme finden, die schon 2019 ihre Weltpremiere feierten, aber in Deutschland erst 2020 erschienen sind.
In Klammer findet ihr die Person, die Regie geführt hat.


JanaJana

– Empfehlungen –

Swallow (R: Carlo Mirabella-Davis)

In seinem Spielfilmdebüt inszeniert Carlo Mirabella-Davis eine aufwühlende Charakterstudie über toxische Beziehungen, Isolation und gesellschaftlichen Druck, was sich schließlich in Depressionen und Essstörungen verdichtet. Dabei agiert Swallow immer auch auf einer persönlichen Ebene und bietet nicht nur einen realistischen Blick auf psychische Krankheiten, sondern auch auf individuelle Selbstfindung und Selbstbestimmung. Swallow bietet eine menschliche Beobachtung, die die individuellen Entscheidungen von Frauen nicht beurteilt und gleichzeitig Erlösung statt Rache bietet. Es ist aber insbesondere Haley Bennetts beeindruckende Vorstellung, die Protagonistin Hunter eine ruhige Würde verleiht und niemals in Extreme abrutscht. Wie auch in Marina de Vans In My Skin bewegt sich Mirabella-Davis im Genre des Body-Horrors und thematisiert gleichzeitig explizit weibliche Körperlichkeit, ohne sich vom Genre einschränken zu lassen.

#amLeben (R: Cho Il-hyung)

Der auf Netflix veröffentlichte Zombie-Horror #amLeben aus Südkorea war für mich eine der Überraschungen des Jahres. Die Handlung ist simpel: Oh Joon-woo (Yoo Ah-in, Burning) verschanzt sich nach dem Ausbruch einer tödlichen Epidemie in der Familienwohnung, um sich vor aggressiven Infizierten zu schützen. Mit dem Fokus auf den Protagonisten zeigt Regisseur Cho Il-hyung dessen individuelles Schicksal und weniger fleischfressende Horden von Untoten. Diese dienen als Katalysatoren der Geschichte und bringen durch die Konfrontation mit den Überlebenden nötiges Tempo und Dynamik hinein. #amLeben ist vielmehr ein Film über Isolation und die damit verbundenen Gefühle: Einsamkeit, Angst, Hoffnung, Verzweiflung. Es geht nicht nur darum, physisch am Leben zu bleiben, sondern auch psychisch nicht aufzugeben und eine Basis für das Leben zu finden. Durch die Struktur, die sich auf die Figuren konzentriert, werden der Nervenkitzel und die Brutalität noch realer und eindringlicher. #amLeben ist ein weiterer sehenswerter Genre-Beitrag aus Südkorea in einem extrem abgenutzten Genre.

Channel Zero – Staffel 3: Butcher’s Block (R: Arkasha Stevenson)

Die dritte Staffel der Horror-Anthologie-Serie Channel Zero des Senders Syfy wurde in diesem Jahr nun auch endlich in Deutschland veröffentlicht, auch wenn sie hierzulande bisher weniger beachtet wird. Wie bereits die vorigen zwei Staffeln beschäftigt sich auch Butcher’s Block mit einer populären Gruselgeschichte, die insbesondere über Internetplattformen wie Reddit oder Message Boards verbreitet werden. Diese sogenannten Creepypastas bieten einen großen Pool verschiedener Prosa über unerklärliche Phänomene, übernatürliche Begegnungen oder auch True Crime und sind das moderne Pendant zu urbanen Legenden oder alten Lagerfeuergeschichten. Butcher’s Block basiert lose auf der Geschichte „Search and Rescue Woods“, in der mysteriöse Treppen im Wald erscheinen und für seltsame Ereignisse sorgen. Serienschöpfer Nick Antosca verbindet jedoch das Unbehagen des Waldes mit einer gruseligen Nachbarschaft und einer stillgelegten Fleischfabrik. Mittendrin die beiden Schwestern Zoe und Alice, die vor ihrer Vergangenheit flüchten und in Butcher’s Block einen Neuanfang wagen. Wie auch in den beiden vorigen Staffeln Candle Cove und No End House ist der zentrale Konflikt ein familiärer: Mutter und Zoe sind an Schizophrenie erkrankt und auch Alice fürchtet sich vor dieser Diagnose. Schizophrenie wird mit körperlichem Horror kombiniert, behandelt die Krankheit jedoch immer mit Sorgfalt und Respekt. Das Trauma dieser Erkrankung manifestiert sich in eindrucksvollen Bildern – zwischen Psychose und Realität, mit kräftigen Farben und eingehendem Sound.

American Horror Story: 1984 (R: Diverse)

Mit dem schlichten Titel 1984 ging die Horror-Anthologie-Serie American Horror Story dieses Jahr bereits in die neunte Staffel und darf sich somit zu Recht als eine der langlebigsten Horror-Serien der 2000er-Jahre bezeichnen. Seit 2011 bietet die Serie ihren Fans immer wieder neue Themen und Geschichten aus dem Horrorgenre. 1984 ist nun eine nostalgische Rückbesinnung in die 1980er-Jahre und die Staffel nimmt sich Zeit, die Stimmung des Jahrzehnts zu vermitteln: Das Erscheinungsbild der Sets bis zu den Kostümen sind alle detailliert gearbeitet und bieten einen bunten Blick auf die Dekade. Die Geschichte beginnt in einem Aerobic-Kurse und cheesy 80er-Musik, bevor die Protagonist:innen in das nahegelegen Camp Redwood fahren, um dort den Sommer als Betreuer:innen zu verbringen. Das geschieht in einer temporeichen Erzählung, der leider ab und zu das nötige Timing fehlt, den Spannungsbogen zu halten. Trotz einiger Längen gelingt es in einer Mischung aus Camp-Slasher, Lagerfeuerlegende und Geistergeschichte, dass sich die Figuren mit ihrer Vergangenheit, Geheimnissen und in gewisser Weise auf einer Metaebene mit ihren Stereotypen auseinandersetzen müssen – Opfer werden Mörder, Unschuld wird zu Rache und diese wiederum zu Vergebung. Obgleich alle Schauspieler:innen gute Arbeit leisten, ist es sicherlich Zach Villa als Serienmörder Richard Ramirez, der den Bildschirm für sich einnimmt, ohne den Täter zu heroisieren.

– Größte Enttäuschung –

Baba Yaga (R: Svyatoslas Podgaevskiy)

Seit ein paar Jahren ist auch bei uns der russische Horrorfilm auf dem Vormarsch, sodass immer mehr Produktionen den Weg in die deutschen (Heim-)Kinos finden. 2020 erschien auch hierzulande Baba Yaga von Regisseur Svyatoslas Podgaevskiy, der bereits mit The Mermaid und The Bride auf sich aufmerksam machen konnte. Für seinen neuen Film bediente er sich des bekannten slawischen Gruselmärs um die Hexe Baba Jaga, deren Faszination in ihrer Vielschichtigkeit liegt: Mal ist sie eine gefährliche Zeitgenossin, die dem Kannibalismus frönt, und in anderen Erzählungen eine helfende Gestalt, die Streiche spielt. Podgaevskiy verwebt märchenhafte Motive mit vorchristlichen Überlieferungen und entwickelt die Hexe zu einer dämonischen Gestalt. Und trotz des spannenden Ausgangsmaterials krankt Baba Yaga an vielen Stellen: Durch lose Handlungsstränge und ein schwaches Ende kommt nie wirklich Spannung auf. Die Inszenierung ist zu flach für greifbare, kreative Neuerungen und plätschert zwischen Horrorschocker und Abenteuerfilm vor sich hin. Baba Yaga ist der verschenkte Versuch, einer uralten Legende einen würdigen Platz im Horrorfilm einzuräumen.


Andreas

– Empfehlungen –

Der Unsichtbare (R: Leigh Whannell)

Die Wiederbelebung der klassischen Horrorfigur des Unsichtbaren ist durchaus gelungen: Elisabeth Moss‘ Leistung ist hervorragend, der Film brilliert mit einer eigenartigen und gruseligen Atmosphäre und kann mit einer tollen Geschichte aufwarten. So sollten alle Reboots von Universals klassischen Horrorfiguren aussehen.

The Lodge (R: Veronika Franz/Severin Fiala)

Der zweite Kinofilm der Macher von Ich seh Ich seh kann zwar nicht mit einer besonders originellen Geschichte aufwarten, hat allerdings eine extrem dichte Atmosphäre, erstklassige Darsteller und zeigt, dass man auch alte Geschichten wieder sehenswert aufbereiten kann.

– Größte Enttäuschung –

The Lie (R: Veena Sud)

Eigentlich sind alle vier Filme aus Blumhouse‘ Halloween-Filmpaket nicht das Gelbe vom Ei, aber The Lie sticht hier besonders heraus. Das liegt einzig in der wirklich saublöden Geschichte, nach deren Konsum man einige IQ-Punkte verloren haben dürfte. Bietet der Film noch einen interessanten Ausgangspunkt, möchte man ab einem bestimmten Punkt den Kopf nur noch mit Wucht gegen die Tischplatte hauen.

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Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?