Der Unsichtbare
Kritik

Der Unsichtbare (2020) – Review

Nachdem das Reboot von Universals Classic Monsters als Dark Universe mit Die Mumie eine Bauchlandung hinlegte, soll Der Unsichtbare dem Shared Universe wieder auf die Beine helfen. Ob sich der Versuch lohnt oder euch der nächste Flop bevorsteht, erfahrt ihr hier.

Originaltitel: The Invisible Man
Land: Australien/USA
Laufzeit: 124 Minuten
Regie: Leigh Whannell
Drehbuch: Leigh Whannell
Cast: Elisabeth Moss, Oliver Jackson-Cohen, Harriet Dyer u.a.
VÖ: 2020

Inhalt

Cecilia (Elisabeth Moss, The Handmaid’s Tale) flüchtet bei einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit Hilfe ihrer Schwester Emily (Harriet Dyer, Killing Ground) von ihrem gewalttätigen und kontrollsüchtigen Freund Adrian (Oliver Jackson-Cohen, Spuk in Hill House). Sich in Sicherheit wiegend, aber zutiefst psychisch angeschlagen, bekommt sie nach einigen Wochen die Nachricht, dass Adrian Suizid begangen hat. Cecilia erbt daraufhin ein Vermögen und blüht wieder auf. Doch plötzlich beschleicht sie das Gefühl beobachtet zu werden und seltsame Vorfälle häufen sich. Könnte Adrian etwa noch leben oder sind die Vorfälle ein Produkte von Cecilias Trauma?

Kritik

In Horrorkreisen ist Leigh Whannell seit Saw, bei dem er als Autor und Darsteller fungierte, oder auch durch seine Drehbücher für Dead Silence und die Insidious-Reihe, längst ein Name. Die von ihm geschriebenen Geschichten versprechen stets Spannung und eine innovative Erzählweise. Auch auf dem Regiestuhl nahm Whannell bereits Platz und schuf mit seinem letzten Film Upgrade einen Geheimtipp. Nun hat er die Regie in der Neuinterpretation von Universals klassischem Monster, dem Unsichtbaren, übernommen.

Gleich zu Beginn schickt Whannell uns in eine äußerst nervenzehrende Situation. Cecilia versucht bei Nacht aus dem gemeinsamen Haus zu flüchten, ohne dass ihr kontrollsüchtiger Freund aufwachen darf. Es geht also direkt los, ohne großartige Exposition. Das Haus, aus dem sie flieht, wirkt hier wie ein Bunker oder ein Gefängnis, aus dem es kein Entkommen gibt. Cecilia muss sich still und heimlich durch schier endlose Flure, Treppen und Keller quälen, dabei stets ihren schlafenden Alptraum Adrian über die Überwachungskameras auf dem Handy vor Augen. Diese beklemmenden und spannenden ersten Minuten zeigen schon die besondere Stärke in der Inszenierung des Unsichtbaren. Die Angst sowie die pure Verzweiflung der Hauptfigur nehmen uns ab der ersten Sekunde intensiv mit. Untermauert wird diese besondere Intensität durch handlungstreibende Jumpscares, die äußerst clever gesetzt sind, sowie vor allem durch Twists in der Story. Ist man sich sicher, dass es sich bei dem Unsichtbaren um eine Wahnvorstellung Cecilias handelt, macht der Film eine 180-Grad-Wende und liefert Beweise, die uns vom Gegenteil überzeugen, nur um dann wiederum alles in Frage zu stellen. Somit sind wir immer gefordert aufmerksam zu bleiben und mit zu rätseln.

Der Unsichtbare

Der nicht greifbare Horror in Form des Unsichtbaren treibt ebenso den Puls in die Höhe. Irrt die Protagonistin mit einem Messer fuchtelnd in einer Wohnung umher, erwarten wir, dass der ungebetene Gast zuschlägt. Stattdessen verharrt die Kamera auf einem Stuhl, auf dessen Kissen jemand ruhig zu sitzen scheint. Wird er zuschlagen oder nicht? In einem Moment passiert nichts, während wir in anderen Augenblicken geschockt über das Gesehene dasitzen und mindestens ebenso erschrocken sind wie Cecilia. Diese Überraschungsmomente sind das Besondere an Der Unsichtbare, denn die Schocks sind wirklich unvorhersehbar und absolut erschütternd.

Die Verzweiflung der Hauptfigur wird von Elisabeth Moss grandios gespielt, die durch ihre natürliche Art zu jeder Zeit absolut glaubhaft wirkt. Die Nebendarsteller sind ebenfalls gut gecastet, auch wenn sie im Kontrast zur Hauptfigur teilweise etwas generisch ausfallen.

Auch der Soundtrack des Films sticht heraus. Wir werden permanent begleitet von düsteren Industrialklängen. In einzelnen Einstellungen dröhnt der düstere Soundteppich auf das Publikum herab und rundet das nervenzerfetzende Katz-und-Mausspiel zwischen dem Unsichtbaren und Cecilia imposant ab. Hier hat Komponist Benjamin Wallfisch ganze Arbeit geleistet.

Der Unsichtbare

Fazit

Universal hat mit Whannell auf das richtige Pferd gesetzt und mit Der Unsichtbare ihren Ausrutscher mit Die Mumie von 2017 vergessen gemacht. Sollten sie diesen Weg weitergehen und auf innovative sowie ungewöhnliche Erzählweisen setzten, dürften uns einige wirklich frische und vor allem endlich wieder richtig schreckenerregende Interpretationen der klassischen Monster erwarten. Der Unsichtbare jedenfalls glänzt mit Überraschungen sowie einer unverbrauchten Erzählweise und bildet einen starken Neustart des Dark Universe.

 

Bewertung

Grauen
Spannung
Härte  
Unterhaltung  
Anspruch  
Gesamtwertung

Bildquelle: Der Unsichtbare © Universal Pictures International

Horrorfilme… sind für mich ein Ventil. Ich schaue Horrorfilme, um mich kurz in eine andere Welt zu flüchten. Ich kann mich sehr gut in Situationen hinein versetzen. Deshalb stehen bei mir Geschichte, Atmosphäre und Charaktere im Vordergrund. Mit Jumpscares kann ich meistens nichts anfangen. Meine Favoriten kommen meist aus den 70ern oder 80ern. Natürlich ist es auch möglich über Subgenres Grenzen abzuchecken. Genau diese Vielfalt ist es, was ich am Horror mag. Es gibt nichts, was es nicht gibt.

...und was meinst du?