Horrorfilme 2019
Toplisten

Horrorfilme aus 2019, die ihr gesehen haben solltet (Teil 1/2)

2019 ist fast vorbei und wir haben die Gelegenheit genutzt, um das Jahr Revue passieren zu lassen. Hier sind unsere Horror-Highlights 2019. Viel Spaß!

In dieser Liste findet ihr die persönlichen Highlights und auch die Enttäuschungen unserer AutorInnen.
Wir haben uns nach den internationalen oder deutschen Premieren orientiert, aber auch am regulären Kinorelease. Ihr werdet hier also durchaus auch Filme finden, die schon 2018 ihre Weltpremiere feierten, aber in Deutschland erst 2019 erschienen sind.
In Klammer findet ihr die Person, die Regie geführt hat.


Catherin

– Empfehlungen –

Midsommar (R: Ari Aster)

Ari Aster ist gerade einmal 33 Jahre alt und hat mit Hereditary – Das Vermächtnis und Midsommar dennoch bereits zwei der eindrucksvollsten Filme der letzten Jahre vorgelegt. Stand im Debüt noch ein übernatürliches Familiendrama im Mittelpunkt der Handlung, taucht Aster in Midsommar tief in den rituellen Kosmos einer heidnischen Dorfgemeinschaft ein, deren radikale Praktiken gerade aufgrund der unheilvoll ruhigen Inszenierung nachhaltig verstörend wirken. In schrecklich-schönen und bildgewaltigen Sequenzen verfolgt der Film die Protagonistin dabei, wie sie Schritt für Schritt in diesem fremdartigen Kollektiv aufgeht. Dass der Regisseur des Horror-Dramas sich im Vorfeld mit Ritualtheorie beschäftigt hat, spricht dabei aus jeder einzelnen Szene – die üblichen Okkult-Schocker und ihr Jump-Scare-Horror spielen in einer gänzlich anderen Liga. Midsommar ist ein tagheller Alptraum – ein surrealistischer Reigen, der sein Publikum bis ins Mark erschüttert.

The Wild Boys (R: Bertrand Mandico)

The Wild Boys ist eine moderne Robinsonade, die Geschlechtergrenzen ebenso spielend zerfließen lässt wie Genregrenzen. Regisseur Bertrand Mandico schickt seine Hauptfiguren auf eine seltsame Insel, einen schillernd inszenierten Raum des Übergangs, in dem die Grenzen verschwimmen und alles möglich scheint. Die lasziv-rauschhafte Flora, die mythisch-märchenhaften Gestalten und die surreale Atmosphäre tragen zur transgressiven Ästhetik des Films bei, dessen Schwarz-Weiß-Optik den Zuschauenden noch weiter der Realität entrückt. Ein außergewöhnliches Kinoerlebnis, das zu träumerischen Metamorphosen einlädt und auch das Publikum berauscht zurücklässt.

– Größte Enttäuschung –

Doctor Sleeps Erwachen (R: Mike Flanagan)

Meine Erwartungen waren nie die allergrößten, doch Regisseur und Drehbuchautor Mike Flanagan hat es mühelos geschafft, sie noch zu unterbieten. Doctor Sleeps Erwachen wartet mit Antagonisten auf, für die sich jeder 90er-Jahre-Low-Budget-Horrorfilm schämen würde, während man mit den Protagonisten offenbar vom anhaltenden Marvel-Hype profitieren wollte und das Shining kurzerhand zu einer Art Allround-Superhelden-Fähigkeit ausgebaut hat, mit deren Hilfe man den Film aus jeder noch so großen Drehbuch-Sackgasse wieder herausmanövrieren kann. Mike Flanagan erzählt in zähen zwei Stunden eine banale Geschichte, die erschreckend angstfrei inszeniert ist und jegliches Gefühl für den eigenen Stoff vermissen lässt. Hauptdarsteller Ewan McGregor kann angesichts seiner indifferenten Mimik dankbar sein, dass seine Rolle ohnehin nur das einzige Attribut „suchtkrank“ hatte; die emotionale Qualität der Romanvorlage erreicht Doctor Sleeps Erwachen zu keinem Zeitpunkt. Auch die zahlreichen Reminiszenzen an Shining können den Film nicht retten – sie rufen nur umso deutlicher ins Gedächtnis, wie viel besser Stanley Kubrick sein Handwerk verstanden hat.


Jan

– Empfehlungen –

Bullets of Justice (R: Valeri Milev)

Seit dem damals eingereichten Trailer zu Bullets of Justice war ich ungemein gespannt auf Valeri Milevs abstrusen Schweinemenschen-Horrorfilm. Was ich letztlich sah, war genau das, was ich mir erhofft hatte – und noch mehr. Milev liefert hier ein wahres Trash-Feuerwerk ab, das sich an den absurdesten Ideen vergreift, die die Filmwelt in den letzten Jahren zu Gesicht bekam, eine Menge blutiger Gewalt einfließen lässt und das ganze so geschickt verpackt, dass die überschaubare Laufzeit von 76 Minuten wie im Fluge vergeht. Bullets of Justice ist weit davon entfernt irgendeinen Anspruch zu garantieren, aber so unfassbar rasant in Szene gesetzt, dass „Langeweile“ als Fremdwort interpretiert werden kann.

Crawl (R: Alexandre Aja)

Mit Crawl schuf Alexandre Aja (High TensionThe Hills Have Eyes) unter der Produktion von Sam Raimi (Tanz der TeufelDrag Me to Hell) einen makellos inszenierten Kroko-Horror, der mit wunderschönen Aufnahmen punktet, ein enorm hohes Tempo an den Tag legt und seinen Fokus auf das Wesentliche beschränkt. Fehlende Charaktertiefe und blödsinnige Entscheidungen könnte man Ajas ironiefreiem Tierhorror zwar zum Vorwurf machen, letztlich funktioniert Crawl aber einfach zu prächtig, um sich an Kleinigkeiten aufzuhängen. Crawl verschwendet keine Zeit, ist durchgehend spannend und trumpft mit einer animalischen Bedrohlichkeit auf, die bissiger nicht sein könnte.

Wir (R: Jordan Peele)

Zwei Jahre nach seinem Überraschungshit Get Out kehrt Oscarpreisträger Jordan Peele mit Wir zurück ins Horrorgenre und weiß die Fans wiedermal nicht zu enttäuschen. Abseits seiner gesellschaftskritischen Subebenen garantiert der Regisseur mit Wir einen überaus unterhaltsamen Horrorfilm, der nicht nur brillant gespielt und inszeniert ist, sondern Story und Gesellschaftspolitik meisterhaft ineinander übergehen lässt, sodass am Ende ein Ergebnis steht, das sich zweifellos bei den innovativsten Horrorfilmen der letzten Jahre einreihen darf.


AlexanderAlex

– Empfehlungen –

The Nightingale (R: Jennifer Kent)

Nachdem ich mit dem Babadook, der mir zu kasperhaft und aufgeblasen inszeniert war, nichts anfangen konnte, stand ich Jennifer Kents Zweitwerk zunächst skeptisch gegenüber. Doch The Nightingale hat absolut nichts mit ihrem Debüt gemeinsam.

Die Rachegeschichte, die drastischer ihren Anfang kaum nehmen könnte, weicht im Mittelteil einem teils possenhaften Road Movie quer durch die außerirdische Flora Tasmaniens, das die ersten 30 Minuten glatt vergessen lässt. Nichts hier ist aufgebläht, nichts überladen, anders als andere selbsternannte Grenzgänger „erzählt“ Kent mehr, als dass sie sich mit bedeutungsschwangeren Botschaften vorm Zuschauer wichtigmachen will.
Umso gewaltiger bricht der Spuk des Kolonialismus herein, sobald seine Gespenster beschworen werden – in Form verstümmelter Leichen, schauriger Alpträume und manchmal auch nur als verhallendes Echo im Urzeitwald. In Blicken, Gesten und Worten.

The Nightingale ist eine grimmige Erzählung, weniger über persönliche Rache, als darüber, wie mit Land, Besitz und Leib auch Erinnerung, Träume und Bewusstsein der Menschen gewaltsam besetzt werden.

Midsommar (R: Ari Aster)

Nach seinem eindrucksvollen Regiedebüt Hereditary entführt uns Ari Aster erneut in eine surreale Welt des Aberglaubens und archaischen Schreckens. Midsommar verhandelt ähnliche Themen wie der Vorgänger, jedoch auf völlig unterschiedliche Weise.
Meisterhaft seziert der Autorenfilmer die Mechaniken ritualistischer Lebensführung auseinander, um ein wahres Kaleidoskop rauschhafter Grenzerfahrung zu präsentieren, in dem Schrecken und Faszination stets nahe beieinander stehen.
Ein hypnotischer Trip, auf dem die Rolle von Individuum und Gemeinschaft für Protagonisten wie Zuschauer neu ausgehandelt wird – dem Vorgänger mehr als gleichwertig!

Der Leuchtturm (R: Robert Eggers)

Vorzeigehipster Robert Eggers, dessen Debut The Witch gewaltiger nicht hätte bei mir einschlagen können, hat verstanden, dass Komplexität und Ambivalenz nicht alleine durch Undurchsichtigkeit erzeugt werden. Es reicht nicht, ein Geheimnis zu verschleiern, sondern die große Kunst ist, seine Lüftung irrelevant zu machen.

Und so chargiert auch Der Leuchtturm nicht zwischen verschiedenen Ebenen, sondern innerhalb spiralförmiger Strudel kalten Salzwassers. Irgendwann geht es nicht mehr darum, was bewusst und unbewusst, was Schein und Sein ist, wer nun welcher Tom ist und wer nicht. Ausgerechnet im Seefahrer-Setting zerschlägt Eggers jede Möglichkeit der Navigation. Und dann fragt man auch nicht mehr, sondern dann erlebt man nur noch. Lässt sich mitreißen im Strudel.

Pages: 1 2

Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?