Giallo
Toplisten

13 Gialli, die ihr gesehen haben solltet!

8. The Girl Who Knew Too Much (1963)

Die junge Amerikanerin Nora will eine gute ältere, leider kränkliche, Freundin der Familie in Italien besuchen. Als diese unerwartet stirbt, beginnt für Nora ein Horror-Delirium. Sie beobachtet einen Mord, doch am folgenden Tag sind alle Spuren und Hinweise wie vom Erdboden verschluckt. Niemand glaubt ihr, nicht mal der gutaussehende junge Arzt ihrer Bekannten, der sich ihrer angenommen hat. Doch Nora lässt sich nicht einfach abwiegeln, sie gibt nicht auf und verfolgt mit hartnäckiger Kreativität die Lösung dieses mysteriösen Falls, der zunehmend eine Verbindung zu anderen ungelösten Mordfällen erahnen lässt.

Mario Bavas The Girl Who Knew Too Much gilt als Beginn des Giallo-Genres. Obwohl dem Film die reißerisch in Szene gesetzten und sexuell aufgeladenen Gewaltszenen abgehen und er noch vielmehr in seiner Kriminalgeschichte verhaftet ist, gibt er in seiner grundsätzlichen Struktur doch schon vor, was später die Blaupause für Gialli werden sollte.
In eindrucksvoller Schwarz-Weiß-Fotografie betont Bava durch die kontrastreiche Tiefenschärfe den Vintage-Hollywood-Glamour und umrahmt so seine Story im Stil alter Edgar-Wallace-Filme und Murder Mysteries. Es sind genau diese Murder Mysteries, die Hauptfigur Nora (Letícia Román) heiß und innig liebt und die sie motivieren, sich eigenständig auf die Suche nach des Rätsels Lösung zu machen. Die Darstellung der Frauenrollen ist für ihre Zeit eine unerwartet freie und emanzipierte. Auch wenn die sie umgebenden männlichen Charaktere Nora einreden wollen, dass sie sich alles einbildet, bleiben die Kamera und die Sympathie immer auf ihrer Seite, betonen die Validität ihrer Perspektive und verdeutlichen so die eigentliche Absurdität ihres Umfeld.

The Girl Who Knew Too Much ist das Meisterwerk eines harmonischen Zusammenspiels atemberaubender Bilder, mitreißender Ermittlungsversuche, einer leichten Liebesgeschichte und nuancierter Komik, das in einem fulminanten Finale gipfelt. Absolut sehenswert! [Heike]

7. Quäle nie ein Kind zum Scherz (1972)

Non si sevizia un paperino, der international mit Don’t Torture a Duckling direkt übersetzt wurde, bekam in Deutschland noch einmal einen richtig fiesen Verleihtitel verpasst, der schon perfekt auf den grimmigen Giallo einstimmt, der uns hier erwartet. Denn der Film erzählt die Geschichte von anhaltenden Kindermorden in einem abgelegenen Dorf im Süden Italiens.

Trotz einer etwas zähflüssigen ersten halben Stunde macht Regisseur Lucio Fulci in Quäle nie ein Kind zum Scherz vieles richtig, was er bei einem großen Teil seiner sonstigen Gialli vermissen lässt. Denn auch wenn die Story um den Kindermörder sicher nicht zu den spannendsten Kriminalgeschichten gehört, die je auf Zelluloid gebannt wurden, so gelingt es dem Italiener doch, um diese Kerngeschichte ein spannendes Narrativ zu entwickeln, das sich in erster Linie an Aberglauben und Lynchjustiz abarbeitet. Fulci lässt dabei kein gutes Haar an der ländlichen Bevölkerung Süditaliens, was in einer richtig fiesen Hinrichtung durch den wütenden Mob kulminiert, die nach wie vor eine der garstigsten Szenen darstellt, die Fulci je gefilmt hat.

Als Kontrast dazu gesellen sich die einnehmenden Aufnahmen der wunderschönen süditalienischen Städtchen Monte Sant’Angelo und Matera sowie der apulischen Landschaft, die schon im Intro mächtig zu beeindrucken weiß. Dazu kommt ein großartiger Score von Riz Ortolani, bei dem vor allem der melancholische Titeltrack, gesungen von Ornella Vanoni, im Ohr bleibt, und besonders beim Abspann den Film würdig ausklingen lässt.

Quäle nie ein Kind zum Scherz gehört zu den grimmigsten Gialli, lässt die oft zelebrierte italienische Leichtigkeit gänzlich vermissen und ist dennoch melancholisch schön. [Florian]

6. Hatchet for the Honeymoon (1970)

John Harrington ist der Chef eines gut laufenden Brautmodegeschäfts. Was niemand weiß: Ein Kindheitstrauma löst in ihm eine unbändige Mordlust gegenüber Frauen in Brautschleiern aus, die er nur mit der Auslöschung des Triggers zu besänftigen weiß. Nach jeder Tat verbrennt er die Zeugnisse seiner Ausbrüche in einem Ofen. Während die Stimmung seiner Mitarbeiterinnen wegen der ungelösten Mordserie zunehmend angespannter wird, tötet John eines Tages in Rage die eigene Ehefrau Mildred. Doch der Tod scheidet diese zwei nicht. Wird Mildreds Geist Johns Blutdurst aufhalten können?

Hatchet for the Honeymoon stellt einen äußerst bizarren Genre-Zwitter dar, in dem Mario Bava einen Giallo mit einer Geistergeschichte kreuzt. Diese in höchstem Maße ungewöhnliche Kombination ruft in Bavas Händen eine ganze Wagenladung blutiger Obskuritäten auf den Plan. Der Geist von Johns ermordeter Frau, der ihn nach der Tat unnachgiebig heimsucht, sorgt für allerhand schwarzhumorischer Einlagen, die den grotesken Tötungen Johns gegenüberstehen. Sein mörderischer Fetisch wird von Bava mit orgiastischen Kameraspielereien eingefangen, die mit ihrer Kreativität den Mund nicht nur vor Entsetzen, sondern auch vor unnachlässigem Staunen offenstehen lassen. Obwohl der Altmeister auf den Einsatz seines berühmten blau-rot-grünen Farbtopfs bei der Ausleuchtung größtenteils verzichtet, machen die üppige Ausstattung und die selbst für italienische Verhältnisse unglaublich innovative Kameraführung Hatchet for the Honeymoon auch visuell zu einem der reizvollsten Genre-Exemplare.

Hatchet for the Honeymoon ist eine obskure Perle aus dem Schaffen Bavas. Die absurde Vermischung zweier gänzlich verschiedener Subgenres führt zu zahlreichen grotesken Szenen, während die surreal anmutenden Tötungen und die phänomenale Kameraarbeit geradezu verspielt wirken. Trotz eines vergleichsweise geringen Budgets erschuf Bava ein wahres Kunststück des Giallo, das den großen Klassikern in nichts nachsteht. [Robert/Heike]

5. Blutige Seide (1964)

Das Modeatelier von Gräfin Christina (Eva Bartok) und ihrem Partner Max (Cameron Mitchell, Night Train to Terror) sorgt für Aufsehen – allerdings nicht mit spektakulären Entwürfen, sondern grausamen Morden an jungen Models, die sich dort zu häufen scheinen. Als ein geheimes Tagebuch des ersten Mordopfers auftaucht, in dem sich detaillierte Aufzeichnungen über die Intrigen im Atelier finden, werden die Angestellten nervös. Doch Inspektor Silvestri stößt bei seinen Ermittlungen zwar auf ein undurchsichtiges Netz aus Korruption, Erpressung und Drogenmissbrauch, die Suche nach dem Täter bleibt jedoch erfolglos. Ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei beginnt, in dessen Verlauf der Mörder eine blutige Spur hinterlässt.

Ein maskierter Serienmörder mit schwarzen Handschuhen, der eine Vorliebe für blitzende Klingen hegt und damit vorzugsweise attraktive junge Frauen tötet: Blutige Seide bietet bereits das gesamte Repertoire dessen auf, was später zum Giallo-Erfolgsrezept von Regisseuren wie Dario Argento, Sergio Martino oder Lucio Fulci werden sollte. Die kriminalistischen Elemente des Plots, die bei Bava häufig noch den Geist alter Edgar-Wallace-Verfilmungen in sich tragen, stehen klar hinter den kunstvoll inszenierten Morden zurück – wobei Klasse hier noch vor Masse geht.

Angesichts der zahllosen Intrigen und Verschwörungen bleibt die Frage nach der Identität des Täters zwar weiterhin spannend, dennoch spricht Blutige Seide – ohne in selbstzweckhaften Voyeurismus abzugleiten – vor allem die Sinne (und Sinnlichkeit) der Zuschauenden an. Die dekadente Kulisse des Modeateliers, die leicht bekleideten Mannequins und die fetischistische Gestaltung der Mordszenen kitzeln die Schaulust, während Bava genau weiß, wie er aus diesem Arrangement das Maximum herausholen kann. Fesselnde Kamerafahrten, rasante Schnitte und nicht zuletzt der Griff in seinen berühmt-berüchtigten Farbtopf zeichnen ihn darüber hinaus nicht nur als stilprägend, sondern als Virtuosen seines Fachs aus. Die Giallo-Ästhetik durchdringt jede Falte der Blutigen Seide, die ihren Reiz über die Jahrzehnte kein bisschen eingebüßt hat. [Catherin]

4. Das Haus der lachenden Fenster (1976)

Der Restaurateur Stefano wird damit beauftragt, ein altes Fresko, das das Leiden des heiligen Sebastian darstellt, in der Kirche einer ländlichen Gemeinde zu restaurieren. Der Maler des Freskos war offenbar psychisch schwer erkrankt und malte stets Leute in Momenten unglaublicher Qualen. Die örtlichen Geschichten und Gerüchte um den Maler sind beinahe schon mythischer Natur und je weiter Stefano das Fresko wieder herstellt, desto unheilvoller werden die ominösen Vorfälle, die sich seit seiner Ankunft in dem Dorf ereignen …

Im Gegensatz zu den meisten Gialli entfernt sich Das Haus der Lachenden Fenster vom unübersichtlichen Treiben der Großstadt und konfrontiert das Publikum mit den Schrecken ruraler Abgeschiedenheit, die man für gewöhnlich eher vom Backwood-Horror kennt. Nicht nur sieht sich Stefano der offenen Feindseligkeit der meisten Einwohner:innen und sogar dem Verdacht einer Verschwörung gegen ihn ausgesetzt, sondern auch die grimmige Energie seines Arbeitsumfeldes sorgt für nachhaltige Verunsicherungen. Sein Verstand – und somit auch die Wahrnehmung des Publikums – wird auf eine harte Probe gestellt, wenn sich die Mixtur aus Giallo, Elementen des Spukhaus-Films und archaischem Okkultismus entfaltet und sich wie eine erdrückende Vorahnung über die ländliche Peripherie legt.

Das Gefühl des Abgeschieden-, Verloren- und somit auch des Ausgeliefertseins gegen die unvorstellbaren Vorgänge, die sich inmitten verfallener Bauten und sinistrer Ecken dieser von Gott verlassenen Gegend abspielen, hängt wie ein Damoklesschwert über der Handlung. Nur wenige Filme schaffen es, ihr Setting dermaßen effektiv auszuspielen und ein Gefühl der eindringlichen Bedrohung zu erzeugen, das schließlich im grausigen Finale von Das Haus der lachenden Fenster seinen nachhaltig verstörenden Höhepunkt findet. [Robert]

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Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?