13 Gialli, die ihr gesehen haben solltet!
3. Die Farben der Nacht (1972)
Seit einem Unfall, bei dem sie ihr ungeborenes Kind verlor, leidet Jane (Edwige Fenech, Das Geheimnis der blutigen Lilie) an Albträumen und unheilvollen Visionen, in denen sie von einem merkwürdigen Mann verfolgt wird. Auf Anraten ihrer Schwester nimmt sie professionelle Hilfe in Anspruch, doch weder diese noch ihr familiärer Rückhalt können helfen. Schließlich schlägt Janes dubiose Nachbarin ihr vor, an einer schwarzen Messe teilzunehmen. Sich nicht anders zu helfen wissend, willigt Jane ein – doch ihr ganz realer Albtraum hat damit gerade erst begonnen …
Mit Die Farben der Nacht hat Giallo-Experte Sergio Martino sein Opus Magnum geschaffen. In einer ungebändigten Mischung aus klassischen Giallo-Motiven und reißerischer Okkultismus-Hysterie inszeniert er einen dermaßen wilden Ritt, dass selbst die ausgefallensten italienischen Genrevertreter daneben verblassen. Psychosexuell aufgeladener Exzess und ungezügelter Wahnsinn verschmelzen zu einem mitreißenden Strudel, in dem die Grenzen zwischen Realität und Einbildung, Rationalität und Wahnsinn vollständig verschwinden. Die Farben der Nacht frönt dem zwielichtigen Paranoia-Kino, das durch Rosemary’s Baby nur wenige Jahre zuvor einen ungeahnten Höhenflug erlebte und reichert die undurchsichtige Diabolik mit einer Vielzahl an außergewöhnlichen inszenatorischen Extravaganzen an. Das Ergebnis ist ein prickelnder Cocktail, der ebenso sexy wie durchtrieben ist und das klassische Giallo-Kino in Sachen Wahnsinn in bis dato unbekannte Sphären katapultiert.
Weniger ein klassischer Krimi, kokettiert Die Farben der Nacht im Gegensatz zu den restlichen Filmen auf dieser Liste durchaus mit den verführerischen Vorzügen der Phantastik, sodass ein surrealer Bilderrausch entsteht, der seinesgleichen sucht. Stylisch, makaber und unendlich enthemmt, ist Die Farben der Nacht zweifelsfrei einer der größten Triumphe des Giallo-Kinos. [Robert]
2. Tenebrae (1982)
Nach seinem Ausflug in die Welt der Hexenkünste mit Suspiria und Horror Infernal kehrt Dario Argento mit Tenebrae zu seinen Wurzeln zurück.
Der US-amerikanische Krimiautor Peter Neil (Anthony Franciosa) reist nach Rom, um für seinen neuesten Roman „Tenebrae“ zu werben. Kurz nach seiner Ankunft kommt es zu einer erschreckenden Mordserie, die mit dem Bestseller in Verbindung zu stehen scheint. Und schon bald verwickelt der grausame Mörder den Amerikaner in ein perfides Katz-und-Maus-Spiel, in dem jede*r um ihn herum verdächtig ist.
Gemessen an seinen vorherigen Arbeiten ist Tenebrae ein überraschend geradliniger Giallo mit den typischen Formalitäten des Genres: unterdrückte Traumata, sexueller Fetischismus, Voyeurismus und psychosexuelle Gewalt – um nur ein paar zu nennen.
Trotz des Titels ist es ein heller und auffallend beleuchteter Film. Viele Morde finden am helllichten Tag statt, während die Nachtszenen oft übermäßig beleuchtet sind – ohne Schatten, in denen sich die Opfer oder der Mörder verstecken können. Die reichen Farbschemata, in denen Argentos frühere Filme zu schwelgen schienen, werden durch einen minimalistischen, blassen Look ersetzt, um die Auswirkungen der Gewalt hervorzuheben, die der Regisseur mit einer wilden Freude in seinem Film zelebriert. Es ist eine interessante stilistische Wahl, die Argento effektiv einsetzt. Die oft leicht verblichenen Bilder und fahlen Kulissen erlauben es auch, bestimmte Elemente hervorzuheben, wie feuerwehrrote Pumps oder Blutfontänen, die mehrere Momente des Schreckens großzügig schmücken.
Tenebrae entfaltet sich als raffiniert reflexive Kritik am italienischen Giallo sowie an Argentos eigenem Werk und geht direkt auf die Vorwürfe der Frauenfeindlichkeit ein, die dem Regisseur während seiner Karriere oft begegneten. Denn hier werden die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, zwischen Künstler und Artefakt immer wieder verwischt und aufgehoben.
Darüber hinaus bietet Tenebrae jede Menge Ablenkungsmanöver und schockierende Enthüllungen, die das zentrale Mysterium um die blutigen Morde intensivieren. Und dabei spielt Argento wie eh und je gekonnt mit der Wahrnehmung des Publikums. [Jana]
1. Rosso – Farbe des Todes (1975)
Das Medium Helga Ulmann nimmt bei einem parapsychologischen Kongress eine unheilvolle Präsenz wahr. Ehe sie den Namen der Person verrät, findet sie in ihrer vor Kunstwerken überbordenden Luxus-Wohnung ein jähes Ende, doch es gibt Zeugen. Jazzmusiker Marcus Daly (geschmeidig-glatt: David Hemmings) beobachtet den am Fenster stattfindenden Mord, nachdem er auf der Piazza ein Schwätzchen mit dem stark angetrunkenen Pianisten Carlo hielt. Zwar kann Marcus der Seherin nicht mehr zu Hilfe eilen, glaubt jedoch später ein bedeutsames Detail in deren Domizil entdeckt zu haben. Inzwischen fasst die Reporterin Gianna Brezzi (Daria Nicolodi) den Entschluss, der Sache auf den Grund zu gehen, und auch Marcus’ anfängliche Arroganz wird sie nicht stoppen. Gemeinsam begibt sich das ungleiche Paar in einen aberwitzigen Strudel aus Gewalt und Wahnsinn …
Rosso – Farbe des Todes besticht durch die perfekt abgestimmte Mischung aus mysteriösen Puzzlestücken, schrill in Szene gesetzten Kills sowie Humor. Wie ausgelassen Dario Argento zu unterhalten vermag, wird bereits in der Eröffnung ersichtlich, als einer der Forscher über (allzu) abstruse Phänomene im Tierreich schwadroniert. Genau dieser beschwingte, teils übermütige Erzählstil wird von der Progrock-Formation Goblin auf quirlige Weise unterstrichen. Überhaupt spielt Musik, vor allem Jazz, eine zentrale Rolle in Rosso – Farbe des Todes. In einer trippig gefilmten Sequenz stromert Berufsmusiker Marcus schier endlos durch eine schmucke Villa, doch treibt der Score die Spannung voran.
Sowohl David Hemmings als auch die hinreißend aufgedrehte Daria Nicolodi überzeugen in ihren jeweiligen Rollen, indem sie sich frecher batteln als Paare in preisgekrönten Screwball-Komödien. Wenn Nicolodis Figur den herablassend blickenden Marcus im Armdrücken besiegt, fragt man sich als Zuschauerin unwillkürlich, ob sie sich diese Szene womöglich selbst geschrieben hat. Als gesichert gilt, dass Fellini-Kollaborateur Bernardino Zapponi dem Drehbuch den letzten Schliff verpasste. Insgesamt eine herausragende Arbeit mit maximalem Mad-Puppet-Spaß. [Michaela]
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