The Widow (2020) – Review
Da Shout Factory für mich zu den besten Filmverleihern außerhalb von Deutschland gehört, war natürlich die Neugier groß, als ich erfuhr, dass der russische Horrorfilm The Widow seinen Weg in den Katalog des Labels fand und nun durch Tiberius in Deutschland erscheint. Warum man sich davon jedoch nicht täuschen lassen sollte, erfahrt ihr hier.
Originaltitel: | Vdova (Вдова) |
Land: | Russland |
Laufzeit: | 86 Minuten |
Regie: | Ivan Minin |
Drehbuch: | Ivan Minin, Ivan Kapitonov, Natalya Dubovaya |
Cast: | Viktotiya Potemina, Anastasiya Gribova, Margarita Bychkova u.a. |
VÖ: | Ab 10.06. als VoD und ab 08.07.2021 auf DVD und Blu-ray |
Inhalt
In einem dicht bewaldeten Gebiet, nördlich von St. Petersburg, verschwinden seit gut drei Jahrzehnten immer wieder Menschen auf unerklärliche Weise. Die wenigen Personen, die je gefunden wurden, waren nackt und tot. Einheimische glauben, dass diese von einem Geist angegriffen wurden, der als „die lahme Witwe“ bekannt ist. Als wieder ein Junge vermisst wird, begibt sich ein Rettungsteam, begleitet von einer Reporterin, die eine Dokumentation über die Arbeit der Retter dreht, auf die Suche. Doch das Team verfährt sich im Wald und anstelle des Jungen finden sie eine schwer verletzte Frau. Als sich dann auch noch immer mehr unheimliche Dinge geschehen, merken sie schnell, dass hinter den Geschichten wohl mehr steckt, als sie ahnen.
Kritik
Viele Köche verderben den Brei, wie es so schön heißt. Im Falle von The Widow ist der Brei nicht nur verdorben, sondern zudem versalzen, verkocht, verbrannt und einfach nur ungenießbar. Der Film ist ein zufällig zusammengewürfelter Haufen an Ideen und Stilrichtungen, die sich in wahrlich jeder einzelnen Minute dieses Machwerks beißen. Nichts passt zusammen und doch hat es der Film irgendwie geschafft, grünes Licht zu bekommen.
Wie so oft basiert der Film „auf wahren Ereignissen“ und versucht die Geschehnisse jener Nacht so authentisch wie möglich zu erzählen. Und wie immer ist es nett gemeint, doch in meinen Augen einfach absoluter Nonsens. Natürlich ist gerade Russland mit seiner Fülle an gruseligen Legenden um Hexen, Geister und andere Unholde geradezu der perfekte Ort, um einem die Nackenhaare zu Berge stehen zu lassen. Besonders eindrucksvoll zu sehen in dem Horrorfilm Viy aus dem Jahre 1967. Das einzig Gruselige an The Widow ist die Vorstellung, sich in einem riesigen Waldgebiet, wie eben jenes rund um St. Petersburg, zu verlaufen und keinen Weg mehr hinauszufinden. Und wer schon einmal bei einer nächtlichen Waldwanderung mitgemacht hat, weiß wie unheimlich jeder noch so kleine Schatten sein kann, der nicht vom Mondlicht beschienen wird. Das ist auch der größte Pluspunkt des Films. Das Setting ist hervorragend gewählt und die spärliche Beleuchtung durch Mondschein, Lagerfeuer und kleine Lichtquellen wie Taschenlampen oder Stirnleuchten wirken sich hervorragend auf die Atmosphäre aus. Ich habe mich mehrmals dabei ertappt, wie ich versucht habe im Schatten der Bäume eine Bewegung oder Umrisse zu erkenne. Ebenso ist auch das stellenweise gut genutzte Sounddesign ein Highlight. Es knackt und krächzt an allen Ecken und Enden und kreiert damit eine schauerliche Kulisse.
Leider ist dies auch schon das einzig Positive, was ich über den Film sagen kann. Der Rest hingegen ist schlichtweg einfallsloses Schauerkino mit völlig deplatzierten Jumpscares. Es fängt schon damit an, dass es sich hierbei ganz offensichtlich um ein Rip-Off von The Blair Witch Project handelt, wobei The Widow sogar ganze Einstellungen kopiert. Während all diese Sachen in The Blair Witch Project noch zur Stimmung beitragen, werden sie hier als simples Gimmick benutzt und schaffen es nicht einmal im Ansatz ein unwohles Gefühl zu erzeugen. Ein weiterer Aspekt den The Blair Witch Project besser macht, ist der kontinuierliche Einsatz des Found-Footage-Stils. The Widow hingegen startet mit diversen Interviews mit Einheimischen und behält diesen Stil auch im ersten Drittel bei, nur um dann ohne jeglichen Grund in die herkömmliche Spielfilmperspektive zu wechseln. Was kein Problem darstellen würde, würde sich der Wechsel in die eigentliche Geschichte einbauen, wie beispielsweise hervorragend gelöst in REC 3. Stattdessen wechselt die Perspektive, wann immer es ihr gerade passt, was auf Dauer einfach nur nervt.
Nicht annähernd so nervig, dafür ziemlich langweilig ist dafür die gesammelte Crew. Da The Widow für fast alle Schauspieler:innen das Spielfilmdebüt darstellt, kann man über deren teils etwas unbeholfenes Spiel noch hinwegsehen, doch leider sind die Charaktere durch die Bank zweidimensionale Pappaufsteller, die in jedem anderen Film eher als Hintergrundfiguren auftauchen würden. Und wenn ich in einem Spielfilm dieser Größenordnung den Hund als interessanteste Figur bezeichnen würde, läuft beim Drehbuch so einiges falsch.
Fazit
The Widow hat ein interessantes Konzept, gute Ansätze, ein tolles Setting und eine schauerliche Atmosphäre, doch die Schwächen im Drehbuch, die ständigen Stilwechsel, die zweidimensionalen Figuren und der offensichtliche Punkt, dass es sich schlichtweg um ein Rip-Off eines weitaus besseren Filmes handelt, überwiegen im Gesamtgewicht und haben zumindest mich schlussendlich eher kalt zurückgelassen.
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Ab 08.07.2021 im Handel:
Bildquelle: The Widow © Tiberius Film GmbH