Stummfilme
Toplisten

13 Horrorfilme aus der Stummfilm-Ära, die ihr gesehen haben solltet

8. Dante’s Inferno (1911)

Die italienische Adaption von „Inferno“, dem ersten Großgesang von Dante Alighieris „Göttliche Komödie“, gehört zu den ersten Spielfilmen der Filmgeschichte. Wie viele Adaptionen vor ihm bietet Dante’s Inferno jedoch keine eigene Narration – denn er geht davon aus, dass dem Publikum die Geschichte ohnehin bekannt ist – sondern illustriert diese bloß. Für alle, bei denen die Lektüre also schon etwas her ist, ist es daher kein Schaden, das eigene Wissen noch einmal etwas aufzufrischen. Doch auch wenn man mit der göttlichen Komödie so rein gar nichts verbindet, ist das Werk von Francesco Bertolini, Adolfo Padovan und Giuseppe De Liguoro einen Blick wert.

Dante’s Inferno erzählt von Dante der durch einen finsteren Wald irrt und ein Panther, ein Löwe und eine Wölfin versperren ihm den Ausweg. Abgesandt von seiner verstorbenen Jugendliebe Beatrice erscheint Dante der Dichter Virgil, der ihn aus seiner Misere führen soll. Die Rettung führt jedoch mitten durch die neun Kreise der Hölle.

Spannend an Dante’s Inferno ist vor allem die Darstellung der Hölle und die ist selbst für einen Film, der über 100 Jahre auf dem Buckel hat, mehr als erstaunlich. Die Italiener orientierten sich dafür an den weltbekannten und beeindruckenden Illustrationen des französischen Malers Paul Gustave Doré. Es sind im Endeffekt auch diese Höllenvisionen, die uns schon nach wenigen Minuten Exposition serviert werden, die dieses Werk zu einem atemberaubenden Filmerlebnis machen. Denn sobald der Abstieg in die Hölle beginnt, wird die Narration zur Nebensache und man kann sich ganz der atemberaubenden Atmosphäre hingeben. Die Kulissen und Kostüme sind ein surrealer (Alb-)Traum und die Tricktechnik seiner Zeit weit voraus.

Dante’s Inferno ist ein unglaublich beeindruckender Ausflug in die Hölle, der mich selbst über 100 Jahre nach seinem Entstehen noch in Staunen versetzen konnte. [Florian]

7. Der Fuhrmann des Todes (1921)

In der Silvesternacht haben sich drei Männer zum gemeinsamen Umtrunk auf dem ansässigen Friedhof getroffen, um feucht-fröhlich in das neue Jahr zu starten. Einer von ihnen erzählt eine Geschichte, die er selbst auch von einem Freund gehört hat: Diejenige Person, die als letzte im noch andauernden Jahr unmittelbar vor Mitternacht stirbt, wird das folgende Jahr dazu verdammt sein, den Fuhrmann des Todes zu mimen; eine Art Sensenmann, der die Seelen der Verstorbenen einsammeln muss. Währenddessen liegt nicht weit vom Friedhof entfernt eine Krankenschwester im Sterben, die als letzten Wunsch eben jenen Mann an ihr Sterbebett bestellt. Als er das Gesuch zurückweist, bricht ein Streit zwischen ihm und seinen Kumpanen aus, der in seinem Tod endet. Daraufhin erscheint ihm der Fuhrmann des Todes und nimmt ihn mit auf eine Reise in die Vergangenheit, zu seinem früheren Leben…

Der Fuhrmann des Todes besticht in erster Linie durch seine sehr verschachtelte Erzählstruktur: der Großteil der Handlung wird durch Rückblenden eingenommen, die einen umfangreichen Einblick in das Leben von David, so der Name des Trunkenbolds, gewähren und uns auf eine Odyssee durch seine düstere Vergangenheit mitnehmen. Durch Rückblenden innerhalb anderer Rückblenden ist der Film selbst nach heutigen Standards noch immer äußerst anspruchsvoll, was das Folgen der Geschichte angeht. Die schaurigen Effekte dürften für ihre Zeit ebenfalls sehr beeindruckend gewesen sein und überzeugen in ihrer Wirksamkeit auch heute noch, wenn es darum geht, das endlos scheinende Elend des Fuhrmanns zu entblößen.

Der Fuhrmann des Todes ist eine narrativ beeindruckende Schauermär, die den Zuschauer auf eine transzendente Läuterung durch die Vergangenheit mitnimmt. Neben Ingmar Bergman wurde außerdem auch die wohl ikonischste Szene aus Stanley Kubricks Shining offensichtlich von Der Fuhrmann des Todes beeinflusst. Seine dichte Atmosphäre und emotional ebenso mitreißende Momente begründen dies allemal. [Robert]

6. Faust – eine deutsche Volkssage (1926)

F.W. Murnau gehört zu den bedeutendsten Regisseuren der Stummfilmära und hat insbesondere 1922 mit Nosferatu einen Meilenstein des Genres geschaffen. Und auch das vier Jahre später erschienene Werk rund um den Wunderheiler, Alchemisten, Magier, Astrologen und Wahrsager Johann Georg Faust steht dem in nichts nach.

Für seine Verfilmung bezieht sich der Bielefelder in erster Linie auf die alte Volkssage rund um Faust und fügt einzelne Elemente aus den Dramatisierungen Goethes und Marlowes hinzu. Der Film erzählt die Geschichte von einer Wette zwischen Erzengel Michael und Mephisto, in dessen Mittelpunkt Faust steht. Sollte es Mephisto gelingen, die Seele Faustens zu verführen, so gehöre ihm die Erde, woraufhin dieser den schwarzen Tod auf die Heimatstadt des alten Gelehrten loslässt. Faust versucht verzweifelt die vom Pesthauch umhüllte Stadt zu retten und als er am Ende seiner Kräfte die bösen Geister um Hilfe bittet, bietet ihm Mephisto einen Pakt an: Für einen Probetag erhalte der Gelehrte besondere Kräfte, mit denen er die Pest heilen kann, und neuerliche Jugend. Doch schon bald wirft Faust seine Ideale für die Verlockungen des Hedonismus über Bord und bringt damit nicht nur seine Seele in Gefahr…

Murnaus Faust beginnt mit den eindrücklichen Worten

Siehe! Aufgetan sind die Pforten der Finsternis und die Schrecken der Völker jagen über die Erde…

und sobald in der nächsten die Reiter der Apokalypse gen Erde reiten, geht mir das Herz auf. Es ist beachtlich wie sehr der Regisseur sein handwerkliches Können sichtlich noch einmal gesteigert hat und mit einer virtuosen Kamera und perfektionierter Tricktechnik beeindrucken kann.  Insbesondere die Arbeit mit Doppelbelichtungen bringt mich jedes Mal wieder zum Staunen. Stilistisch schraubt Murnau den Expressionismus etwas zurück, der aber insbesondere in den imposanten Kulissen von Robert Herlth und Walter Röhrig und dem prägnanten Spiel mit Licht und Schatten immer noch klar ersichtlich ist.

Mit Faust erschuf F.W. Murnau eine eindrucksvolle Welt, die immer wieder dazu einlädt, einzutauchen und sich verführen zu lassen. Ein Pakt, der sich lohnt. [Florian]

5. Der Untergang des Hauses Usher (1928)

Allan wird von seinem alten Freund, dem Gutsherren Roderick Usher, auf dessen Landsitz gebeten, um diesem in einer schweren Zeit beizustehen: Seine Frau Madeleine scheint sterbenskrank und ihre Kräfte lassen immer weiter nach. Während Allan und Ushers Leibarzt keinen Rat wissen, malt der Hausherr wie besessen an einem Portrait der Sterbenden. Als Madeleine für tot erklärt und beigesetzt wird, kommt Allan dem teuflischen Geheimnis der Ushers auf die Spur…

Der Untergang des Hauses Usher ist die erste Adaption der berühmt-berüchtigten gleichnamigen Gruselgeschichte Edgar Allan Poes. Der Franzose Jean Epstein verfolgte hier bereits einen Ansatz, der Genrefans vor allem aus den späteren B-Movies Roger Cormans (Die Verfluchten) bekannt sein dürfte: Das Grundgerüst der verfilmten Geschichte wird vermischt und angereichert mit Elementen verschiedener anderer Poe-Stories. Der Film wird so zu einem Kaleidoskop verschiedener Gothic-Schauermotive: dem tragischen Tod einer schönen Frau, der leidigen Bürde eines exzentrischen Künstlers, dem Spuk Totgeglaubter. Bei Buch und Dreh assistierte übrigens Jungtalent Luis Buñuel, der ein Jahr später mit Ein andalusischer Hund seinen Ruf als Großmeister surrealistischer Filmkunst untermauern sollte.

Das Untergang des Hauses Usher unterscheidet sich maßgeblich von den cineastischen Vetretern des deutschen Expressionismus, in dem er vielmehr – wie Roderick Usher selbst – ein impressionistisches Gemälde Poe’schen Schauers pinselt. Die gesättigte, staubige Atmosphäre einstigen Prunks, von dem nichts mehr geblieben ist als melancholische, lähmende Düsternis, tränkt jeden Millimeter Zelluloid und nimmt, ebenso wie seine Figuren, auch den Zuschauer ganz und gar gefangen. [Alexander]

4. Eine Seite des Wahnsinns (1926)

Zentrum der Handlung ist ein psychiatrisches Krankenhaus auf dem Land. Inmitten eines heftigen Regensturms wandert der Hausmeister durch die Gänge; ein ehemaliger Seemann, der den Job nur angenommen hat, um sich um seine Frau zu kümmern. Diese ist Patientin in der Klinik. Durch die plötzliche Ankunft seiner Tochter, die heiraten möchte, enthüllt sich die schmerzliche Familiengeschichte.

A Page of Madness ist einer der wenigen japanischen Stummfilme, der die Zeit überdauert hat und gilt heute als eine Kuriosität im japanischen Kino dieser Zeit. Leider fehlt in der erhaltenen Fassung nahezu ein Drittel des Originalfilms von 1926.

Regie führte der Japaner Teinosuke Kinugasa, während sich unter anderem der Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Kawabata Yasunari am Drehbuch beteiligte. Kinugasa wollte einen experimentellen Film drehen, der sich am europäischen Kino orientierte, denn die meisten japanischen Filme dieser Zeit waren Kabuki-Verfilmungen oder Geschichten aus dem Leben und Wirken der Samurai. Kinugasa brach also mit dem herkömmlichen Stil und festgelegten Standards seiner Zeitgenossen und erschuf vor expressionistischer Kulisse einen Film über die Diskrepanz von Verpflichtung und Willen, von Tradition in der japanischen Kultur und psychischen Erkrankungen. Allein der Titel weist nicht nur auf den Alltag in der Klinik, sondern auch auf den Geisteszustand des Protagonisten hin, der die Kontrolle über die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verliert. Die Visualisierung der inneren Welt eines psychisch-kranken Menschen wird durch alle Figuren gestärkt – es gibt surrealistische Tanzszenen, bizarre Träume, ausufernde Gewalt und ein ewiges Dahindämmern der Patienten. Es sind die Einflüsse von Eisenstein, Murnau und Wiene, die Kinugasa in kraftvolle Bilder packt und die Zuschauer nachdenklich zurücklässt. [Jana]

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Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

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