Stummfilme
Toplisten

13 Horrorfilme aus der Stummfilm-Ära, die ihr gesehen haben solltet

3. Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1922)

Makler Thomas Hutter reist im Auftrag seiner Kanzlei in die Karpaten, um dem wunderlichen Grafen Orlok ein Haus in seiner Heimat Wisborg zu verkaufen. Der schaurige Sonderling scheint nicht nur an einer neuen Heimat im fernen Deutschland, sondern auch an einer Photographie von Hutters Verlobter Ellen überaus interessiert zu sein. Unter den seltsamen Umständen seines Aufenthalts wächst in Hutter ein furchtbarer Verdacht, der sich schließlich bestätigt: Der Graf ist ein Vampir und führt mit seinen Umzugsplänen nichts Gutes im Schilde…

Nosferatu ist eine unautorisierte Verfilmung von Stokers „Dracula“, dessen Handlung an die deutsche Ostsee verlegt und Figurennamen angepasst wurden, um strafrechtlicher Verfolgung zu entgehen. Genutzt hat dies wenig, wurden auf die Klage von Stokers Erben hin doch fast alle Kopien von Nosferatu vernichtet. Glücklicherweise nur fast, hätte der Urheberrechtsschutz doch sonst eine der größten Produktionen des deutschen Expressionismus dem Vergessen anheimfallen lassen. Neben Robert Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari ist F.W. Murnaus Nosferatu wohl das bekannteste Aushängeschild für den surrealen und kreativen Horror, der in den 1920er Jahren deutschen Landen entsprang und dem Genre weltweit bis heute seinen Stempel aufdrückte.

Einmalig ist Max Schrecks Performance als fremdartig-verstörender Erzschurke, dessen abgehackte, kurzatmige Bewegungen mal insektoid, mal geradezu rattenhaft anmuten. Bewusst an das Vorbild blutsaugender Insekten anstelle der klassischen Fledermäuse angelehnt, schufen Murnau und Produzent Albin Grau mit Orlok eines der ikonischsten Monster der Filmgeschichte, das bis heute tausendfach adaptiert, gewürdigt und bisweilen parodiert wurde. Grau zeigt sich außerdem verantwortlich für das eindrucksvolle Set-Design. Ist dieses auch nicht ganz so überbordend expressiv und verspielt wie im Cabinet des Dr. Caligari, sucht die bittere Trostlosigkeit von Orloks Schloss, die der Graf, vom grausamen Pesthauch begleitet, über die See nach Europa trägt, ihresgleichen.

Vielleicht brauchte es die in Deutschland unmittelbar erlebten, barbarischen Schrecken des Weltkriegs, um Nosferatu hervorzubringen. Das Vampirmotiv, in amerikanischen und britischen Produktionen oft mit dem staubigen Glamour gothischer Ästhetik assoziiert, erhält hier eine grimmige Ernsthaftigkeit, die beißender beim Zuschauer kaum wirken könnte. [Alexander]

2. Hexen (1922)

Der skandinavische Stummfilm von Regisseur Benjamin Christensen ist eine imposante expressionistische Bearbeitung der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung. In einer Mischung aus Dokumentation und Spielfilm stellt Häxan die Ideengeschichte der Hexe und die Auswirkungen des kollektiven Aberglaubens dar, der eine überregionale Hexenverfolgung erst möglich machte.

In mehreren Abschnitten füllt Christensen den Rahmen mit erschreckenden Bildern, die er aus historischen Aufzeichnungen schöpft, und verbindet dabei gekonnt Fakt und Fiktion. Die Surrealität der Bilder wird durch die starken visuellen Effekte und das beeindruckende Kostümdesign erzeugt. Vor allem die Darstellung des Hexensabbats mit den tanzenden Dämonen erinnert an die Kupferstiche eines Agostino Veneziano oder Hans Baldung Grien – ein düsterer Karneval, der für die Menschen der Frühen Neuzeit zur alltäglichen Lebenswelt gehörte.

Christensen ergründet eine Vergangenheit zwischen religiösem Fanatismus und Paranoia und untermauert diese düstere Atmosphäre durch den geschickten Einsatz von Licht und Schatten.

Während die Spielfilmsequenzen die Statik der Dokumentation unterbrechen, sorgen sie gleichzeitig für eine hohe historische Authentizität und schließen mit einem Kommentar über das Missverständnis gegenüber (psychischen) Krankheiten. Christensen ist damit einer der eindrucksvollsten Hybriden der Stummfilmära gelungen. [Jana]

1. Das Cabinet des Dr. Caligari (1920)

Sanatoriumsinsasse Francis erzählt einem Leidensgenossen die wunderliche Geschichte seiner Einlieferung: In seiner Heimatstadt Holstenwall sei Ungeheuerliches passiert, seit der undurchsichtige Jahrmarktsschausteller Dr. Caligari dort auftauchte. Nachdem dessen Ausstellungsobjekt, der Somnambule Cesare (Conrad Veidt), seinem Freund Alan den baldigen Tod vorhergesagt habe, sei dieser promt unter mysteriösen Umständen ermordet worden. Die Behörden seien wenig hilfreich gewesen und als Francis selbst zu ermitteln begonnen habe, hätten sich die Ereignisse überschlagen…

Das Cabinet des Dr. Caligari entstand unter den Federn der Kriegsheimkehrer Carl Meyer und Hans Janowitz, deren Erlebnisse unmittelbar ins Drehbuch einflossen. Die von Robert Wiene abgefilmte Schauergeschichte, die 2020 ihren einhundertsten Geburtstag feierte, bietet einen wahren Schatz an Interpretationsmöglichkeiten. Die prominenteste ist sicher die Deutung Siegfried Kracauers, der den Tyrannen Caligari als Foreshadowing eines deutschen Strebens zur Totalität begriff. In jedem Falle verschachtelt Das Cabinet des Dr. Caligari auf hypnotische Weise psychoanalytische und herrschaftskritische Fragestellungen elegant mit bekannten Phantastik- und Schauermotiven auf zuvor nicht dagewesene Weise.

Größter Star sind hier neben den Hauptdarstellenden, allen voran natürlich Veidt und Werner Krauß als teuflischer Doktor, wohl die Filmbauten der Decla-Bioscop-Gesellschaft. In überbordendem Ausmaß kombinierten die Architekten gemalte und gebaute Kulissen zu grotesken, surrealen Karikaturen, die den ganzen Film wie eine einzige Phantasmagorie erscheinen lassen. Stark kontrastierte Schwarzweißszenen mit gemalten Schatten, in denen der schaurige Somnambule durch verzerrte und verdrehte Geometrie schleicht, sind bis heute in den Köpfen fest mit dem Namen Caligari verknüpft. Kein cineastischer Vertreter des Deutschen Expressionismus stellt seine wahnhafte Extroviertiertheit so sehr zur Schau wie Das Cabinet des Dr. Caligari, und wohl keine Filmproduktion überhaupt erzeugt bis heute eine derartige, fieberhafte Wirkgewalt. [Alexander]


Das war es auch schon von uns. Welche Horrorfilme aus der Stummfilm-Ära haben euch besonders gut gefallen?

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Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?