Abgründe

Von Unaussprechlichen Kulten, erschreckenden Omen und Tentakeln auf der Leinwand: H.P. Lovecraft zwischen Kult und Kultur III – Monströse Mythographien

Schleimige Tentakel, mörderische Rituale und uraltes, namenloses Grauen – das Motivrepertoire des Schriftstellers H.P. Lovecraft inspiriert seit über fünfzig Jahren das Horrorkino. Im dritten Teil unserer Reihe „Lovecraft zwischen Kult und Kultur“ haben wir uns auf Spurensuche begeben, um die höchst unterschiedlich rezipierten Einflüsse des Altmeisters aus Providence in Filmen von The Dunwich Horror bis Die Mächte des Wahnsinns zu sichten.

H.P. LovecraftWenn sie auch noch keinen Weg ins hoch budgetierte Hollywoodkino fanden, so haben die Werke Lovecrafts dennoch nachhaltigen Einfluss ausgeübt. Filmemacher wie Guillermo del Toro oder John Carpenter und Star-Autoren wie Stephen King, Clive Barker oder Neil Gaiman nennen ihn als einen der wichtigsten Einflüsse phantastischer Popkultur. Besonders im Horrorbereich haben seine Erzählungen Fuß gefasst; allzu oft glaubt man, „lovecraftartige“ Motive auf der Leinwand wiederzuerkennen.

Dieses „Lovecraftartige“ könnte dabei vielfältiger kaum sein, wurden die erzählerischen Techniken, das Figurenkabinett und die existentialistischen Gedankengänge des Altmeisters aus Providence doch von zahlreichen Filmern unter ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten adaptiert. Kein Wunder, wird Lovecrafts Konzept des Kosmischen Grauens doch im Innersten von einer betäubenden Unvorstellbarkeit ausgemacht, die auch eine gewisse Undarstellbarkeit mit sich bringt. Folglich ist besonders bei Adaptionen im bewegten Bild Kreativität gefragt, um die nihilistische Sprengkraft zu transportieren, welche die Faszination Lovecraft ausmacht.

Unaussprechliche Kulte

„Es hatte allem Anschein nach etwas mit Voodoo zu tun, doch von so einer schrecklichen Art wie sie es nie zuvor erlebt hatten. […] Irre Rufe und qualvolle Schreie seien zu hören, Seelen raubende Gesänge und zuckende Teufelsflammen“ (Lovecraft: Der Ruf des Cthulhu)

Geheimnisse haben grundsätzlich die paradoxe Eigenschaft, Menschen zu ängstigen und gleichzeitig magisch anzuziehen. Verschleierte, oft verruchte Praktiken in geheimen Zirkeln stellen ein Element vieler Erzählungen Lovecrafts dar. Seine Protagonisten suchen teilweise ganz bewusst den Anschluss, teilweise stolpern sie einfach in derartige Machenschaften hinein, gleichbleibend ist jedoch: Sie werden nach und nach in einen Strudel des Wahnsinns gezogen, dem sie nicht mehr entkommen. Lovecraftsche Untertöne werden vom Zuschauer daher oft in Filmen wahrgenommen, die kultische Aktivitäten umfassen oder bei denen diese sogar im Zentrum stehen.

Gruselige Kultisten bedrohen die Hauptfiguren in The Void. © Ascot Elite

Ihrem rätselhaften The Endless, in dem es um einen vermeintlich Aliens verehrenden Kult in einer abgeschiedenen Kommune geht, haben die Autorenfilmer Justin Benson und Aaron Moorehead sogar ganz explizit ein Lovecraft-Zitat vorangestellt. Das unerhörte Geheimnis, um das herum sich die Gemeinschaft „Camp Arcadias“ gründet, ist omnipräsent, die Camp-Atmosphäre könnte fremdartiger und bedeutungsschwangerer kaum sein. Und genau wie bei Lovecraft kommen die Protagonisten ihm immer näher, was jedoch ihr gesamtes Realitätsverständnis nach und nach auf die Probe stellt.

„Lovecraftartig“ ist oft auch ein Label oder Gütesiegel, mit dem Filme von Kritik oder Vertrieb versehen werden. Längst ist der eigenbrötlerische Kultautor mit dem adjektivlastigen, beschwörungsartigen Schreibstil zum Markenzeichen anspruchsvollen Horrors geworden. Es verwundert daher nicht, dass Filme wie Apostle oder Midsommar, bei denen rituelle Handlungen abgeschiedener religiöser Gemeinschaften Hauptthema sind, oft in einem Atemzug mit Lovecraft genannt werden. Auch die Rezensionen und Werbetexte zu den mörderischen Kulten in Mandy oder The Void strotzen oft nur so vor derartigen Bezugnahmen. Doch sollte zur Vorsicht gemahnt werden: Seltsame Kulthandlungen, Ritualmorde und Glaubenssysteme, welche den Durchschnittsbürger ängstigen und schockieren, machen nicht zwingend den Kern der Erzählungen Lovecrafts aus. Kurzgesagt: Berobte Kultisten allein evozieren noch kein Kosmisches Grauen.

Unheilvolle Omen

„Es geschah im Juni, ungefähr ein Jahr nach dem Einschlag des Meteoriten. Die arme Frau schrie, sie sähe Dinge in der Luft, die sie nicht beschreiben könne. […] Irgendetwas werde ihr weggenommen – irgendetwas zehre sie auf – irgendetwas klammere sich an sie, das nicht sein dürfe – jemand müsse es beseitigen – niemals sei es still in der Nacht – die Wände und Fenster bewegten sich.“ (Lovecraft: Die Farbe aus dem All)

Ein zentrales Merkmal der unheilvollen Transformation, welche der zumeist rationale und geschulte Geist der meisten Lovecraft-Protagonisten durchmacht, ist die Begleitung durch zahlreiche Andeutungen, Hinweise und Vorahnungen, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Unheilvoll singende Vögel, die Sichtung unbekannter Sternenformationen und Menschen, die in Wahnsinn geraten, sind nur einige Beispiele aus Lovecrafts Repertoire bedeutungsvoller Omen, mit denen er häufig den aufziehenden Schrecken seiner Geschichten illustriert. Als erstes und vielleicht eindrucksvollstes Beispiel der filmischen Adaption dieser Mechanismen kann fraglos Mariano Bainos Dark Waters gelten, der zwar keinen Plot Lovecrafts direkt adaptiert, aber ausdrücklich von diesem inspiriert wurde – und das merkt man in jeder Minute. Merkwürdige Einheimische, deren Charakter und Optik von verschroben bis widerwärtig reichen, lokaler Aberglauben und tausende tote Fische sind nur einige der Details, mit denen Baino die Reise seiner Protagonistin in den Abgrund illustriert. Der Schrecken bleibt den Großteil des Films unbenenn- und ungreifbar, trieft ihm jedoch aus jeder Pore.

Die dunklen Vorzeichen häufen sich zunehmend in Dark Waters. © Wicked Vision Media.

Die Verdichtung verschiedenster Merkwürdigkeiten, die sich ab einem gewissen Punkt zu einem Puzzlebild jenseitigen Schreckens zusammensetzen, kennzeichnet viele lovecraftartige Filme. Dazu zählt The Endless ebenso wie Daniel Hallers frühe Verfilmungen Das Grauen auf Schloss Whitley und The Dunwich Horror. Alpträume, düstere Vorahnungen, lokale Legenden, die sich häufig um uralte Kultplätze oder Riten früherer Menschengeschlechter ranken, und unzugängliches Landvolk lassen die Protagonisten im Verlauf der Filme immer unruhiger werden. Dennoch deuten sie die Zeichen meist unbesorgt und missachten die Warnungen, die klassischerweise Vermittlerfiguren wie der alte Säufer Ezequiel in Stuart Gordons Spätwerk Dagon aussprechen. Da Dagon weitgehend auf Lovecrafts „Der Schatten über Innsmouth“ und Ezequiel auf einer entsprechenden Figur der Novelle basieren, geht die Sache natürlich – wie immer – schlecht aus und die Protagonisten werden in ein verkommenes Ritual verstrickt.

Lovecraft diente in Die Mächte des Wahnsinns als Inspiration für den Autor Sutter Cane, für dessen Bücher hier auf Plakaten geworben wird. © Warner Home Media

Beeindruckend ist die Verwendung verstörender Vorzeichen, die Protagonist wie Zuschauer langsam an ihrem Verstande zweifeln lassen, wie zum Beispiel in John Carpenters Die Mächte des Wahnsinns. Dessen verwunschener Antagonist, der Horrorautor Sutter Cane (Jürgen Prochnow), ist eine Art Hommage an Stephen King und H.P. Lovecraft – und der Film insgesamt eine Liebeserklärung an deren Werke. Protagonisten und Zuschauer bekommen folglich die ganze Palette unheilvoller Omen zu spüren, die Carpenter den literarischen Inspirationen entnehmen konnte: Immer mehr erschreckende Details werden im Zuge der Recherche über Cane bekannt, und in Form axtschwingender Amokläufer, verstörender, sich bewegender Gemälde und völlig surrealer Geographien deutet sich der Wahnsinn des Finales an – Stück für Stück, Omen für Omen, bis es zu spät ist.

Risse in Raum und Zeit

„Ich habe all das erblickt, was der Kosmos an Schrecken bereithält, und selbst der Himmel im Frühjahr und die Blumen des Sommers sind hernach nur noch wie Gift für mich.“ (Lovecraft: Der Ruf des Cthulhu)

Für John (Sam Neill), die pragmatische, gerissene Hauptfigur in Die Mächte des Wahnsinns verschwimmen die Ebenen der Realität, des Wahns und der Horrorromane Sutter Canes miteinander. Sein Weltverständnis wird auf den Kopf gestellt, der Horror reißt ihn aus seiner aufgeklärten Selbstgewissheit und scheint die Naturgesetze selbst zu verspotten. Eben das macht das Kosmische Grauen Lovecrafts maßgeblich aus: Der Mensch wird sich dessen bewusst, dass er eigentlich nichts über die Funktionsweise von Welt und Kosmos weiß, die von viel älteren und mächtigeren Wesen bewohnt werden. Religiöse oder philosophische Erklärungen über den Sinn menschlichen Daseins werden als lächerlich und anmaßend preisgegeben. Der Mensch ist nicht mehr als ein trudelnder, irrelevante Spielball höherer Kräfte, denen er gleichgültig oder höchstens als Nahrung oder Spielzeug von Bedeutung ist. The Endless thematisiert dies auf beeindruckende Weise: Niemand in dem Film scheint sich wirklich sicher zu sein, was er tut oder wie die außerordentlichen Phänomene, mit denen man sich konfrontiert sieht, funktionieren. Zuschauer und Figuren können nur resignieren im Angesicht der übernatürlichen Kraft, die das „Camp Arcadia“ heimsucht.

Surreale Geographien machen den Horror in The Endless maßgeblich mit aus. © Meteor Film

In The Dunwich Horror wird ebenfalls bis zum Schluss nicht versucht, dem Zuschauer ein Verständnis für die lebensfeindlichen Kräfte zu vermitteln, die da wirken. Sie werden nur als stroboskopartiges Farbgewitter gezeigt, welches seine Opfer in den Wahnsinn treibt – mit Mühe lassen sich Tentakel und/oder Hälse ausmachen, ein körperlich sicht- und beschreibbares Monster bietet der Film jedoch nicht. Der Zuschauer macht so die Erfahrungen typischer Lovecraft-Protagonisten: Die Konfrontation mit etwas Fremdartigen, das sich bekannten Analyseprinzipien entzieht. Der „Dunwich Horror“ sprengt schlicht jegliches Vorstellungsvermögen. Auch die Schlusssequenz des weitaus jüngeren The Void ist als Konfrontation mit dem gänzlich Unbekannten, allen bekannten Naturgesetzen Widersprechenden zu verstehen – und niemand, nicht einmal der teuflische Kultpriester, der sich voll und ganz der „Leere“ verschrieben zu haben scheint, kann dies wirklich kontrollieren.

Die Motive zuvor idyllischer Gemälde verwandeln sich in etwas Furchtbares in Die Mächte des Wahnsinns. © Warner Home Video

Tentakel-Terror

„Ich kann nicht an die tiefe See denken, ohne über die namenlosen Dinge zu erschaudern, die vielleicht grade in diesem Augenblick auf ihrem schleimigen Grund kriechen und zappeln“ (Lovecraft: Dagon)

Unbekannt und unerschlossen, das sind vor allem Orte wie die Antarktis, die Tiefsee oder der ferne Weltraum. Hier hausen Lovecrafts äonenalte Wesenheiten und auch dem Horrorfilm haben jene lebensfeindlichen Lokalitäten stets interessante und furchterregende Kulissen gespendet. Lovecraft-Biograph S.T. Joshi würdigt vor diesem Hintergrund vor allem John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt als einen Film, der Lovecraft wohl beeindruckt hätte. Wenn der Film auch auf einer Novelle John W. Campbells basiert, trägt er seine „Lovecraftartigkeit“ offen zur Schau: Das außerirdische Wandelwesen, welches die Crew des antarktischen Outposts 31 heimsucht, bleibt prinzipiell völlig gestaltlos; über seine ureigene Physiologie wird ebenso wenig bekannt wie über seine Motivation jenseits des Überlebenstriebes oder seine Herkunft. Es spielt auf unvorstellbare Weise mit der irdischen Biologie und erschüttert das bisherige Verständnis der Wissenschaftscrew, die nicht einmal mehr ihren eigenen Sinnen trauen kann, als die tentakelstrotzende Katastrophe fortschreitet. Das kommt Kosmischem Horror im Sinne Lovecrafts schon sehr nahe, wenn in Das Ding natürlich auch zahlreiche andere Einflüsse mitspielen.

Die Crew von Outpost 31 steht im Angesicht ihres verstörenden Fundes vor einem Rätsel in Das Ding aus einer anderen Welt. © Turbine Media

Überhaupt scheinen Tentakel mittlerweile ein Synonym für lovecraftschen Horror geworden zu sein und so finden sich auch cthulhuide Untertöne in Filmen wie Octalus – Der Tod aus der Tiefe. Das Tentakel als eindeutiges Erkennungszeichen dafür, dass es im entsprechenden Film um „mehr“ als nur klassischen Grusel gehen soll wird oft und gerne verwendet. Neben Carpenter ist wohl niemand so eng mit dem schleimigen Motiv verknüpft wie Stuart Gordon, der mit Re-Animator, From Beyond – Aliens des Grauens und Dagon seine eigenen Lovecraft-Adaptionen vorlegte. Gordon und Produzent Brian Yuzna verarbeiten lovecraftsche Stoffe zu verstörenden, aber auch action- und splatterlastigen Body-Horror-Spektakeln, bei denen die existenzialistischen Subtexte der Literaturvorlagen oft in den Hintergrund geraten. Das ganz und gar Fremdartige, mit dem die Figuren sich konfrontiert sehen, kippt bei Gordon und Yuzna oft in komödiantische, überdrehte Gewaltexzesse. Von werktreuer Adaption kann hier keine Rede sein und doch zeichnet es die enorme Strahlungskraft der lovecraftschen Motive aus, dass diese in so unterschiedliche Richtungen hin ausgearbeitet wurden – bis hin zu Sam Raimis Tanz der Teufel, dessen bösartiges Grimoire Necronomicon schließlich auch den Werken des Altmeisters aus Providence entstammt.

Stuart Gordon gilt als Meister lovecraftartigen Tentakelspektakels – hier: Dagon. © dts

Radikal retro

»Ich habe mich oft gefragt, ob das Gros der Menschheit je innehält, um über die gelegentlich gigantische Bedeutung von Träumen nachzusinnen und über die obskure Welt, zu der sie gehören« (Lovecraft: Jenseits der Mauer des Schlafes)

Einen gänzlich anderen Weg schlugen Anfang unseres Jahrhunderts der amerikanische Filmemacher Andrew Leman und die H.P. Lovecraft Historical Society ein. In seinen Filmen The Call of Cthulhu und The Whisperer in Darkness strebte Leman eine Adaption an, die dem Geiste Lovecrafts absolut gerecht werde. Beide Filme sind daher inhaltlich weitaus näher an den entsprechenden Kurzgeschichten, als frühere Verfilmungen, Action und Gewalt finden sich kaum. Leman drehte in Schwarz-Weiß und verwendete das eigens entwickelte „Mythoscope“-Verfahren, um seine Filme durch eingebautes Flackern und Unschärfen einem augenscheinlichen Alterungsprozess zu unterziehen. Angestrebt wurde eine Optik, als seien sie in den 1920er Jahren – der Leb- und Wirkungszeit Loverafts – entstanden. Das monströse Grauen wurde mit Modellbauten und Stop-Motion-Effekten erzeugt. Die Stummfilme, denen kein großes Budget zur Verfügung stand, werden durch die zahlreichen Verfremdungseffekte zu einer merkwürdigen Seherfahrung, die durch ihre anachronistische Aura auch die subtileren Untertöne der Schriften Lovecrafts hervorragend transportiert.

Andrew Lemans The Call of Cthulhu setzt auf surreale Kulissen in schwarz-weiß. © H.P. Lovecraft Historical Society

Einen ganz ähnlichen Ansatz verfolgte die Produktion Die Farbe des deutschen Filmers Huan Vu. Der Problematik, die titelgebende, den Menschen unbekannte „Farbe aus dem All“, bildlich darstellen zu können, begegnete dieser ebenfalls mit einer schwarz-weißen Inszenierung, innerhalb derer sich jene Farbe in grellem Pink hervorhebt. Ebenso wie in The Dunwich Horror wird hier die Durchbrechung der weltlich-gewöhnlichen Sphäre durch das erschreckende Unbekannte mittels optischer Irritationen angedeutet, und dies mit Erfolg: Lovecraft-Experte Joshi benannte Die Farbe jüngst als wohl beste und werktreueste Lovecraft-Verfilmung überhaupt.

Andrew Lemans und Huan Vus Filme lassen sich als eine Art Gegenbewegung zur popkulturellen Allgegenwärtigkeit Lovecrafts lesen. Die Nerdkultur wimmelt nur so vor Tentakelmützen und cthulhuiden Plüschtieren, mehr und mehr sind die außerweltlichen Schrecken seiner Geschichten zu ganz alltäglichen Bestandteilen der phantastischen Popkultur geworden. The Call of Cthulhu und Die Farbe stellen hier eine willkommene – und dringend benötigte – Rückbesinnung dar.

Fazit

Obwohl noch Vieles mehr zum „Lovecraftartigen“ der Filmlandschaft zu sagen wäre und nur ein Bruchteil diesbezüglich relevanter Produktionen hier ihren Platz finden konnten, ist doch deutlich geworden, in welch vielfältige Richtungen hin unterschiedlichste Filmemacher in über fünfzig Jahren die Werke des Altmeistes hin bearbeiteten. Ob Menschen zerreißende Tentakel, obskure Kulthandlungen oder das wahnhafte Verschwimmen von Raum und Zeit, Lovecrafts Motive haben einen derartigen Reichtum an Möglichkeiten geschaffen, Schwerpunkte eigener künstlerischer Arbeiten zu setzen, dass einem schwindelig wird. Allzu oft werden die Labels „lovecraftartig“, „cthulhuid“ oder „Cosmic Horror“ unbekümmert appliziert, wo auch immer man etwas Derartiges herauszulesen glaubt oder einem ein Tentakel vor die Linse gedrückt wird. Sicherlich kann das dem belesenen Gentleman aus Providence auch einmal Unrecht tun, ob aus Marketinggründen oder schlichter Unkenntnis seiner Werke.

Dennoch zeichnet es einen Mythos klassischerweise aus, dass seine Schöpfer, sofern überhaupt bekannt, nur sehr begrenzten Einfluss darauf haben, wie seine Anhänger ihn weiterverarbeiten und wo sie ihren Fokus legen. „Mythos“ ist Lovecrafts Werk zwar erst seit den Systematisierungen und Katalogisierungen August Derleths, doch zweifelsohne hat auch Lovecraft selbst etwas entfesselt, dass die Menschen bewegt, erschreckt und fasziniert. Dass die breite Palette filmischer Adaptionen die mit Lovecrafts Werk verbundenen Assoziationen in ebenfalls breitem Spektrum abbildet, ist nur eine logische Konsequenz, in seinen eigenen Worten: „der Kult ist noch immer lebendig“ (Der Ruf des Cthulhu).

 

Titebild: Die Mächte des Wahnsinns © Warner Home Video

Horrorfilme… sind die audiovisuelle Adaption des gesellschaftlich Abgestoßenen, Verdrängten und/oder Unerwünschten, das in der einen oder anderen Gestalt immer wieder einen Weg zurückfindet.

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