Euro Horror
Toplisten

13 europäische Horrorfilme der 70er, die ihr gesehen haben solltet!

8. Die eiserne Rose (1973)

Ein vom Tod angezogenes Pärchen beschließt, eine Nacht auf einem alten Friedhof zu verbringen. Von dessen Schönheit verzaubert, verirren sie sich und finden den Ausgang nicht mehr wieder, so dass die beiden zwischen zerfallenen Grabsteinen in einer Gruft eingeschlossen werden. Geplagt von Panik, Hysterie und Halluzinationen erleben sie den blanken Horror und verfallen zusehends immer weiter dem Wahnsinn.

Jean Rollin inszenierte auf den Höhepunkt seines Schaffens in den 1970er-Jahren des Öfteren Werke, in denen die visuelle Schönheit statt einer ausgeklügelten Geschichte im Mittelpunkt stand. Einer dieser Filme ist Die eiserne Rose, in dem er immer wieder seinem Publikum malerisch-melancholische Einstellungen des Friedhofs vor Augen führt und traumwandlerische Szenen wie in einem Gemälde erzeugt, z.B. als aus dem Nichts ein trauriger Clown auftaucht und Blumen auf einem Grab niederlegt. Aber auch das Morbide wird hier vollends zelebriert, wenn das Pärchen es zwischen verrotteten Knochen und Schädeln leidenschaftlich zur Sache kommen lässt. Dabei wirkt die Schönheit des Friedhofs immer wieder hypnotisch, während die beiden zwischen von Moos bedeckten Grabsteinen, seit Jahrzehnten zerfallenen Gräbern oder auch um ein frisch frei geschaufeltes Loch umher irren. Rollin verzichtet hier auf seine üblichen Blutsauger und präsentiert stattdessen einen dialogarmen Zerfall des menschlichen Verstandes, konnte aber jedoch nicht auf einige nackte Haut seiner Hauptdarstellerin Francoise Pascal verzichten.

Wer darüber hinweg sehen kann, wird bei Die eiserne Rose mit einer Verbeugung über die Schönheit des Todes belohnt, die einen wahnhaften Strudel beim Zusehen erzeugt und sein Publikum wie in einem Fiebertraum zurücklässt. [Mathias]

7. Red Wedding Night (1970)

John Harrington ist der Chef eines wohlhabenden Modehauses. Was keine seine Mitarbeiterinnen weiß: Er leidet unter einem Kindheitstrauma, das sich in unbändigem Blutdurst nach Frauen in Brautschleiern niederschlägt und dazu führt, dass immer mal wieder eine von ihnen das Zeitliche segnet. Während die Stimmung unter den Schneiderinnen wegen der anhaltenden Mordserie angespannter wird, tötet John eines Tages auch seine Ehefrau. Doch selbst über den Tod hinaus hat diese mit ihrem Mann noch eine offene Rechnung zu begleichen…

Red Wedding Night von Altmeister Mario Bava stellt einen äußerst bizarren Genre-Zwitter dar. Wie selbstverständlich verwebt er Giallo und übernatürliche Besessenheitsgeschichte zu einem einmaligen Erlebnis. Diese in höchstem Maße ungewöhnliche Kombination ruft in Bavas Händen eine ganze Wagenladung blutiger Obskuritäten auf den Plan. Der Geist von Johns ermordeter Frau, der ihn nach der Tat unnachgiebig heimsucht, sorgt für allerhand schwarzhumorische Einlagen, die den grotesken Tötungen Johns gegenüberstehen. Sein mörderischer Fetisch wird von Bava mit orgiastischen Kameraspielereien eingefangen, die mit ihrer Kreativität den Mund nicht nur vor Entsetzen, sondern auch vor unnachlässigem Staunen offenstehen lassen. Obwohl der Großmeister auf den Einsatz seines berühmten Blau-Rot-Grünen Farbtopfs bei der Ausleuchtung weitestgehend verzichtet, machen die üppige Ausstattung und die selbst für italienische Verhältnisse unglaublich innovative Kameraführung Red Wedding Night auch visuell zu einem von Bavas reizvollsten Filmen.

Red Wedding Night ist der wohl wildeste Genre-Mischling im europäischen Horrorkino der 70er Jahre. Mario Bava hat eine in seinem Schaffen oftmals fahrlässig unterschätzte Perle geschaffen, die es jedoch auch mit Leichtigkeit mit den ganz großen europäischen Klassikern dieser Zeit aufnehmen kann. Die absurde Vermischung zwei gänzlich verschiedener Subgenres führt zu zahlreichen grotesken Szenen, während die surreal anmutenden Tötungen und die phänomenale Kameraarbeit Red Wedding Night zu einem verspielten Fest für die Sinne machen. [Robert]

6. Valerie – Eine Woche voller Wunder (1970)

Jaromil Jireš verfilmte mit Valerie – Eine Woche voller Wunder den gleichnamigen surrealen Roman von Vitězslav Nezval und stellt einen der letzten Filme der Tschechoslowakischen Neuen Welle dar, die mit der Niederschlagung des Prager Frühlings ihr Ende fand. Diese Phase im tschechoslowakischen Kino war geprägt von großer Experimentierfreudigkeit und einer Nähe zum Poetismus, einer tschechischen Form des Surrealismus, wie es Poetismus-Mitbegründer Nezval selbst beschrieb.

Es verwundert daher wenig, dass sich Valerie mit der Traumwelt seiner titelgebenden Protagonistin (Jaroslava Schallerová) befasst. Hierfür findet Jireš eine Bildsprache irgendwo zwischen unbekümmertem surrealem Märchen und exploitativen Softcore-Horror, wobei gerade letzteres durchaus an die sexuell aufgeladenen Werke eines Jean Rollin, Jess Franco oder auch Harry Kümel erinnert. Auch thematisch dreht sich alles, ganz im Zeichen der sexuellen Revolution der 60er und 70er Jahre, um das sexuelle Erwachen der 13-jährigen Valerie, die zu Beginn des Films ihre erste Periode hat. Valerie tritt dabei zunächst vor allem als Voyeurin auf und beginnt ihre Mitmenschen als sexuelle Wesen wahrzunehmen. Dabei erhascht ihr Blick nicht nur Faszinierendes und Anziehendes, sondern auch Furchteinflößendes. Hierfür arbeitet der Film vielfach mit vampirischen Motiven, gerade mit offensichtlichen Bezügen zu Murnaus Nosferatu, und repressiven Strukturen des Patriarchats. So sind es in erster Linie eine dubiose Vater-Vampir-Figur und Repräsentanten der Kirche, die für Valerie eine Bedrohung darstellen.

Jireš visualisiert dies als beeindruckenden audiovisuellen Rausch, der in seiner traumwandlerischen Art kaum narrativen Halt bietet, aber dafür in seiner bedeutungsschwangeren Symbolvielfalt zum Interpretieren einlädt. Doch auch ohne den reichhaltigen Subtext ist Valerie – Eine Woche voller Wunder ein absolut bezauberndes Horror-Märchen, das auch allein mit seinen hypnotischen Bildern und Klängen zu überzeugen weiß. [Florian]

5. Die 120 Tage von Sodom (1975)

Im faschistischen Marionettenstaat Salò finden sich vier Libertins zusammen, um in einer systematisch geplanten Orgie ihre jugendlichen Gefangenen zu erniedrigen, sexuell zu missbrauchen und zu foltern. Unterstützung erhalten sie von vier Prostituierten, die täglich in großer Runde anregende Geschichten vortragen. Jegliche Moral- und Sittlichkeitsvorstellungen werden dabei in ihr Gegenteil verkehrt, während die vier dekadenten Herren der Maxime des höchsten Lustgewinns frönen – zu dem insbesondere sadomasochistische und koprophile Praktiken herangezogen werden. Geteilt in drei Segmente, den „Höllenkreis der Leidenschaft“ der „Scheiße“ und des „Blutes“, gehen die Opfer ihrer gewaltsamen Vernichtung entgegen.

Die 120 Tage von Sodom ist Pier Paolo Pasolinis letzter und wohl auch sein umstrittenster Film. Ebenso wie die literarische Vorlage des Marquis de Sade von 1785 hat auch er im Lauf der Jahre nichts von seiner Ungeheuerlichkeit eingebüßt, wobei die Gleichzeitigkeit der Herrschaft von Hochkultur und Barbarei im faschistischen Salò mit zahlreichen Verweisen auf die moderne Gesellschaft gespickt ist. Solch apokylaptische Gegenwartsdiagnosen führten nicht nur zu einer regen Beschlagnahmungshistorie, sondern wurden von der Filmkritik nun ihrerseits zum Anlass für kulturpessimistische Deutungen genommen, so wie die Publizistin Salcia Landmann Die 120 Tage von Sodom als „Symptom der Krankheit zum Tode Westeuropas“ stilisierte – und Pasolinis Intention dabei vermutlich näher kam, als ihr bewusst war.

Der Regisseur Michael Haneke (Funny Games) bescheinigte dem Film „nie wieder in solche Abgründe geschaut“, aber auch selten so viel gelernt zu haben. Radikal ist Die 120 Tage von Sodom aber nicht nur aufgrund seiner an Dante angelehnten Darstellung moderner Höllenkreise, sondern auch als Angriff auf die Sehgewohnten des Publikums. Kalter Realismus überlagert jede Ästhetisierung der Gewalt, wie die Libertins sie anstreben, und unterwirft auch die Zuschauenden der Qual – doch die durchrationalisierte Vernichtung des Lebens, wie sie nicht nur im fiktiven Salò stattfindet, zu erinnern ist ebenso schmerzhaft wie wichtig. [Catherin]

4. Rosso – Farbe des Todes (1975)

Pianist Marcus beobachtet den grausamen Mord an einem Medium. Dieses hatte bei einer öffentlichen Séance bereits telepathisch gespürt, dass ein Serienmörder umgeht. Marcus, unzufrieden mit der passiven Arbeit der bürokratieversessenen Polizei, macht sich selbst auf die Suche nach dem Täter, der ihm stets einen Schritt voraus zu sein scheint…

Während Argento viele Klischees des Subgenres untergräbt, hat er mit Rosso – Farbe des Todes gleichzeitig die perfekte Verkörperung von allem geschaffen, was der Giallo ist. Alles beginnt mit einem mysteriösen Kinderlied in Verbindung mit einem Verbrechen, das die Motivation des Mörders darstellen wird. Es ist typisch für Argentos Gialli, dass ein Mörder, besessen von einem früheren Verbrechen, alles tut, um dieses zu verbergen. Die Idee einer unterdrückten Erinnerung, einer psychologischen Narbe, die sich gewaltsam ausdrückt, indem sie die Figur dazu bringt, etwas zu tun, das sich ihrer Kontrolle entzieht, ist bei Argento allgegenwärtig. Die Identität als auch die Motivationen des Mörders werden nur langsam zusammengefügt. Dank des gemächlichen Erzählflusses fühlt sich Rosso – Farbe des Todes viel dichter und kurviger an, als es wirklich ist. Die Handlung kontrastiert mit dem fetischistischen Schnickschnack der Innenausstattung und der endlosen Abhängigkeit der Erzählung von Gemälden, Zeichnungen, Räumen, die unter Schichten zivilisierten Firnisses begraben sind.

Lebendige Farben strömen aus jeder Pore des Films und schaffen immer wieder beunruhigende, albtraumhafte Bilder, die die Straßen Turins erfüllen. Und wie Argentos immer fließende Kamera ist auch der Mörder im Film überall – die Klaustrophobie des Protagonisten wird zu einer körperlichen Reaktion sowohl auf die bedrückende Inszenierung des Films als auch auf Argentos formale Rahmung. Noch nie sah ein blutiger Mord so umwerfend aus; sauber aufgenommen und gut ausgeleuchtet fühlen sich die Zuschauenden selbst als Opfer. Die Mordszenen ergänzen und antizipieren einander auf vielfältige Weise und sind von einer durchdringenden Einsamkeit geprägt, die ungewöhnlich verstörend und bewegend ist. Mit kurzen, sich wiederholenden Motiven und krassen Dissonanzen unterstreicht Goblins bedrohliche Partitur die Brutalität auf der Leinwand mit eigener Gewalt und ohrenbetäubender Lautstärke. [Jana]

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Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?