Coyote Lake (2019) – Review
Sara Seligmans Coyote Lake führt den Zuschauer ins mexikanisch-amerikanische Grenzgebiet. In dieser kartellgeplagten Region betreiben Ester und ihre Mutter ein kleines Bed & Breakfast. Doch die beiden hüten ein dunkles Geheimnis. Wir haben uns ein Zimmer gemietet und sagen euch, ob ihr euch fürchten müsst.
Originaltitel: | Coyote Lake |
Land: | USA |
Laufzeit: | 93 Minuten |
Regie: | Sara Seligman |
Drehbuch: | Sara Seligman, Thomas James Bond |
Cast: | Camila Mendez, Adriana Barraza u.a. |
VÖ: | Ab 11.09.2020 als VoD und ab 18.09.2020 als DVD/BD im Handel |
Inhalt
Coyote Lake. Ein See an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Hier führen Ester (Camila Mendez) und ihre Mutter Teresa (Adriana Barraza, Drag me to Hell) eine kleine Unterkunft, abgelegen im Wald. Doch die fürsorglichen Wirtinnen sind nicht, was sie zu sein scheinen. Heimlich betäuben sie ihre Gäste, bemächtigen sich ihrer Habseligkeiten und entsorgen die Spuren ohne viel Federlesen im nahen See. Das nächste Opfer ist schon ausgewählt, als die mörderische Idylle von zwei unerwünschten Besuchern gestört wird.
Kritik
Regisseurin Sara Seligman spielt geschickt mit den Erwartungen des Zuschauers, lassen doch der Trailer ebenso wie der Vorspann auf eine Verbindung zwischen den Geschehnissen im Film und den Kartellaktivitäten der Region schließen. Doch in Coyote Lake geht es weniger um die organisierte Drogenkriminalität und ihre Auswirkungen, als vielmehr um die monströse Dynamik der Beziehung eines aus den Fugen geratenen Mutter-Tochter-Gespanns.
Dieses tötet die Gäste seiner Pension, um sie zu bestehlen, bis eine unerwartete Situation über die beiden hereinbricht und ihr Konstrukt zusammenbricht. Zugegeben recht simpel, doch in Coyote Lake dient die Handlung vielmehr als Rahmen, um eine Geschichte über Kontrolle, Abhängigkeit und Auflehnung zu erzählen.
Das Erzähltempo ist recht langsam. Der Film nimmt sich Zeit für eine ruhige Exposition und eine wirkungsvolle Charakterzeichnung, die getragen wird von der exzellenten Dynamik zwischen Mendez und Barraza. Ester wird dargestellt als unschuldig und naiv: Sie ist eine junge Frau mit Träumen, möchte reisen und die Welt sehen – und hängt gleichzeitig noch ihren Teenie-Fantasien nach. Als sie in der Apotheke die Ingredienzien für den hauseigenen Giftbecher besorgt, bleibt ihr Blick unwillkürlich am TV-Gerät hängen, auf dem eine mexikanische Seifenoper zu sehen ist. Die eiskalte Giftmörderin verliert sich sichtlich in Tagträumen, in denen sie es ist, die von einem schnurrbärtigen Pfundskerl in den Armen gehalten wird. Auf der anderen Seite sehen wir schon zu Beginn, wie engagiert sie bei den Morden zur Sache geht und es schon in der ersten Szene kaum erwarten kann, bis das Gift anfängt zu wirken. Diese Momente der Aufregung scheinen beinahe die einzige Abwechslung in ihrem eintönigen, abgeschiedenen Leben zu sein.
Ihre Mutter dagegen ist eine resolute, aber gleichzeitig unheimlich liebevolle Frau. Dass dieses „unheimlich“ wörtlich zu nehmen ist, wird im Verlauf des Films klar, denn alles, was Teresa tut, tut sie, um die Kontrolle über ihre Tochter zu behalten. Ester wird emotional abhängig gemacht, indem ihre Mutter gezielt Schuldgefühle in ihr weckt. Absurde Regeln sollen die Tochter zudem von der Männerwelt fernhalten, sodass Ester sich vorsorglich, meist in Schlabbershirts und weite Hosen kleidet.
Diese komplexe Dynamik erschließt sich dem Zuschauer jedoch erst nach und nach, sodass man sich mit jedem neuen Puzzleteil gezwungen sieht, das Bild der Beiden in Frage zu stellen. Erscheinen die Frauen zunächst noch rechtschaffen in ihrem Tun, da vorgeblich nur böse Menschen getötet werden – Kartellmitglieder, wie der Film implizit nahelegt – erhärten sich im Verlauf des Films eher die Hinweise, dass überhaupt kein Auswahlkriterium angewandt wird, um zu entscheiden, wer nun sterben muss und wer leben darf. Wir gehen Teresa ebenso auf den Leim wie Ester.
Ebenso geschickt spielt Seligmann mit den Erwartungen des Zuschauers, wenn mit Paco und Ignacio zwei echte Kartellmitglieder im Bed & Breakfast auftauchen. Die Männer treten zu Beginn naturgemäß rüpelhaft auf und nehmen die beiden Frauen sogar als Geiseln. Doch schon bald kommen sich Paco und Ester näher. Der junge Drogenkurier wird dabei immer wieder von einer recht menschlichen Seite gezeigt, während sich Teresas Kontrollsucht angesichts der unerwünschten Tändelei ihrer Tochter immer weiter steigert. Bis die Situation schließlich eskaliert.
Im Kern erzählt Coyote Lake also keinen Kartell-Krimi, sondern die Entwicklung eines jungen Mädchens, das in äußeren Zwängen gefangen ist und beginnt, sich immer heftiger zu wehren. Intelligent inszeniert, beweist Seligmann so nicht nur ihr Gespür für eine interessante Emanzipationsgeschichte, sondern auch handwerkliche Raffinesse.
Fazit
Coyote Lake bietet einen geschickt inszenierten Psychothriller mit Drama-Elementen, der unter der Oberfläche eine ausgesprochen zeitgemäße Geschichte erzählt. Wer sich nicht an einer langsam erzählten Genremixtur stört, sollte einen Blick riskieren.
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Gesamtwertung |
Ab 18.09.2020 als DVD und Blu-ray im Handel:
Bildquelle: Coyote Lake © Capelight Pictures