Platz 59 bis 55 der besten Horrorfilme aller Zeiten!
Unsere nächsten fünf Plätze der besten Horrorfilme aller Zeiten zeigen wieder eine bunte Mischung dessen, was das Genre zu bieten hat: Von Michele Soavi über Alexandre Aja bis zu Stephen King. Vom Schrecken in der eigenen Wohnung bis zum Grauen im All: Hier ist Horror zuhause.
Platz 59: Ekel (1965)
Die ebenso schöne wie introvertierte Carole (Catherine Deneuve, Belle de Jour) leidet unter einer ausgeprägten Angst vor Männern, die teils hasserfüllte Züge annimmt. Die Gegenwart des Geliebten ihrer Schwester Hélène, mit der sie ein Londoner Appartement bewohnt, ist für die jungfräuliche Carole kaum zu ertragen und auch die Annäherungsversuche ihrer eigenen Verehrer erfüllen sie mit tiefer Abscheu. Als Hélène, ihre wichtigste Bezugsperson, für mehrere Tage verreist, zieht Carole sich vollständig in die Isolation der Wohnung zurück, wo ihre sexuellen Ängste sich zu alptraumhaften Wahnvorstellungen auswachsen.
Ekel bildet den Auftakt der „Mieter-Trilogie“, in der Roman Polański den banalen Alltag seiner Protagonisten aufbrechen lässt, um den darunter liegenden Horror freizulegen. Der Film zeichnet ein pessimistisches Bild der pulsierenden Metropole London, in der lediglich kühle Oberflächlichkeit regiert und die Menschen isoliert voneinander ihren Alltag fristen. Carole erträgt dieses Leben nicht; ihre Krankheit ist letztlich auch eine Art der Rebellion. Statt sich zu fügen, gibt die junge Frau sich ihren Wahnvorstellungen hin, die lustvollen Schrecken versprechen und von einer Todesfaszination künden, die nach und nach auch auf den Zuschauer übergeht. Die Kamera übernimmt zudem Caroles Blick, so dass die Unterscheidung zwischen Wahn und Wirklichkeit auch aus der Außenperspektive zunehmend erschwert wird.
Selten wurde ein psychischer Zusammenbruch eindrucksvoller in Szene gesetzt. Die schrittweise Verfremdung des Alltags lässt den latenten Schrecken bereits lange vor dem ersten Mord aufscheinen, die symbolische Bildsprache visualisiert das Innenleben der Protagonistin, ohne dass je der Auslöser für ihren Zusammenbruch thematisiert wird. Das versierte Spiel mit Licht und Schatten verleiht ihrer Wohnung ein unheimliches Eigenleben, während die surreale Atmosphäre den Zuschauer, gleich der Protagonistin, gefangen nimmt. Und nicht zuletzt ist es auch Deneuves brillantes Spiel, das die Figur der Carole zwischen femme fragile und femme fatale changieren lässt, welches die Intensität des Films begründet. Ekel ist ein Meisterwerk des psychologischen Horrors, der sich hier ebenso bildgewaltig wie detailverliebt entfaltet und den Betrachter in einem Taumel aus Faszination und Schrecken zurücklässt. [Catherin]
Platz 58: DellaMorte DellAmore (1994)
Friedhofswärter Francesco (Rupert Everett, Die Insel der besonderen Kinder) hat es wahrlich nicht leicht: Auf dem Gottesacker der italienischen Gemeinde Buffalora erwachen die Toten regelmäßig wieder zum Leben. Francesco und sein geistig eingeschränkter Gehilfe Gnaghi (François Hadji-Lazaro, Die Stadt der verlorenen Kinder) haben alle Hände voll zu tun, sie wieder in ihre Gräber zu befördern. Als sich beide unabhängig von einander unsterblich verlieben, beginnt ein grotesker Schlamassel, in dem nicht nur diverse Köpfe rollen, sondern die Grenzen zwischen Leben und Tod, Liebe und Hass und Schein und Sein zunehmend verschwimmen…
DellaMorte DellAmore ist der vierte Spielfilm des Michele Soavi, der davor vor allem mit Aquarius – Theater des Todes und The Church bereits auf sich aufmerksam machte. Obwohl selten im ersten Satz genannt, wenn es um europäische Genregrößen geht, können Soavis Werke als echte Italoklassiker gelten. Versiert inszeniert der Mailänder, der bei Joe D‘Amato und Dario Argento in die Lehre ging, mit DellaMorte DellAmore seinen wohl stärksten Film, der viel mehr ist, als nur die Horrorkomödie, die er auf den ersten Blick zu sein scheint.
Provoziert der Streifen zwar vor allem vorsätzliche Verwirrung und zynisches Lachen, umgibt ihn in jedem Moment eine tieftrüb-melancholische Stimmung, die seinen überaus überdrehten Plot abdämpft. Der schmale Grat zwischen Leben und Sterben wird vor der Kamera Soavis nicht nur als Aufhänger für Zombie-Action und Alptraumsequenzen genutzt; vielmehr manifestiert er sich in einem dämonischen Kaleidoskop, welches das menschliche Dasein zwischen Lustprinzip und Todestrieb in den abgründigsten Facetten abbildet. Und es – mindestens – für Soavis Protagonisten schlussendlich als den Witz demaskiert, der es grausamerweise ist. [Alexander]
Platz 57: The Hills Have Eyes – Hügel der blutigen Augen (2006)
Mit einem Roadtrip durch die USA wollen Ethel und „Big Bob“ gemeinsam mit ihren Kindern ihren 50. Hochzeitstag feiern. Als sie auf Rat eines Tankstellenwarts eine Abkürzung nehmen, nimmt das Unheil seinen Lauf. Der geplante Ausflug mündet in einer Falle, denn von nun an haben es blutrünstige Mutanten auf die Familie abgesehen…
Mit The Hills Have Eyes lieferte der französische Regisseur Alexandre Aja (High Tension) 2006 eine Neuverfilmung zu Wes Cravens Horrorklassiker aus dem Jahre 1977. In dreckig-blutiger Manier transportiert Aja die Gesellschaftskritik Cravens in die heutige Zeit und macht dabei keine Gefangenen. Binnen Sekunden eskaliert der idyllische Ausflug und verwandelt sich schlagartig in die Hölle auf Erden. The Hills Have Eyes ist nicht nur Terror-Kino par excellence, sondern ebenfalls eines der besten Remakes, die im Laufe der Zeit über die Kinoleinwände flimmerten. Trotz der Nähe zu Cravens Original, birgt Ajas Neuverfilmung genug Eigenständigkeit, die sich, neben der Verdeutlichung des gesellschaftskritischen Zeigefingers, vor allem in seiner offensiven Inszenierung widerspiegelt. The Hills Have Eyes besticht aufgrund seiner räudigen Inszenierung, die uns all das ins Gesicht hält, von dem wir wünschten, es niemals gesehen zu haben. Genau deshalb darf sich Ajas brutaler Roadtrip auch bei den besten Horrorfilmen aller Zeiten einreihen. [Jan]
Platz 56: Event Horizon (1997)
Im Jahr 2047 bricht die Mannschaft von Captain Miller (Laurence Fishburne, Apocalypse Now) zu einer geheimen Rettungsmission in der Nähe des Neptun auf, bei der das verschollene Raumschiff „Event Horizon“ und dessen Besatzung geborgen werden sollen. Wie sie vom mitgereisten Wissenschaftler Dr. Weir (Sam Neill, Die Mächte des Wahnsinns) erfahren, verfügt die „Event Horizon“ über die Fähigkeit, künstliche Schwarze Löcher zu erzeugen – von der sie offenbar Gebrauch gemacht hat. Das Bergungsteam entdeckt an Bord nur noch die Leichen der Besatzungsmitglieder, die sich gegenseitig getötet zu haben scheinen. Als Captain Miller und seine Crew versuchen, dem Geheimnis der „Event Horizon“ auf die Spur zu kommen, müssen sie schon bald selbst um ihren Verstand fürchten.
Physikalisch-astronomisches Fachwissen vermittelt Event Horizon wohl eher nicht, dafür holt er ein Maximum an Horror aus seinem Science-Fiction-Plot heraus. Obwohl der Film mit einigen blutigen Effekten aufwartet, gelingt es Regisseur Paul W. S. Anderson (Resident Evil) subtiles Grauen zu erzeugen. Das Raumschiff funktioniert wie ein intergalaktisches Spukhaus, dessen klaustrophobisch-kerkerhafte Struktur die Protagonisten langsam in den Wahnsinn treibt. Doch die Schrecken ihrer Psyche sind es, die sich manifestieren, während die kosmische Bedrohung, die hinter alledem steckt, stets unsichtbar bleibt. Die Monster der Vergangenheit suchen die Protagonisten heim, das sorgsam Verdrängte bahnt sich seinen Weg an die Oberfläche.
Der Vorwurf, Andersons Sci-Fi-Horror sei schlichtweg Alien ohne Alien oder Hellraiser in Space, geht darum am Film vorbei. Zwar erfreut Event Horizon den Zuschauer mit zahllosen Genre-Zitaten, dennoch erschafft er eine ganz eigene Atmosphäre der Angst, die den Weltraum zur Sphäre des Unheimlichen erklärt und mit dem Unbekannten im Menschen selbst, seinem Unbewussten, überlagert. Event Horizon spielt mit einem besonders delikaten Horror: Der Angst vor dem Fremden im Eigenen. [Catherin]
Platz 55: Misery (1990)
Paul Sheldon ist Bestseller-Autor. Misery, Heldin seiner romantischen Bücher, hat ihn dazu gemacht. Gerade hat er den letzten Band, in dem er sie sterben lässt, beendet und ist auf einer winterlich verschneiten Straße auf dem Heimweg. Er kommt vom Weg ab und sein Auto stürzt in die Tiefe. Glück im Unglück, so scheint es, dass ihn die zurückgezogen lebende Annie Wilkes findet und pflegt. Sie ist nicht nur eine ehemalige Krankenschwester, sondern auch sein größter Fan, wie sie sagt. Annie wirkt anfänglich sehr freundlich, wenn auch etwas eigenartig. Das ändert sich schlagartig, als Sheldon ihr sein fertiges Manuskript zu lesen gibt und Annie sich daraufhin als reinblütige Psychopathin entpuppt, die ihm den Tod ihrer fanatisch geliebten Protagonistin übel nimmt…
Misery ist vor allem das Duell von zwei Schauspielern. Kathy Bates (Dolores) in ihrer vielleicht stärksten Rolle als Annie Wilkes. Ihr Schauspiel ist im vorgegebenen Rahmen nuanciert und im wahrsten Sinne des Wortes furios – leidenschaftlich, hitzig, rasend. James Caan (Der Pate) spielt Paul Sheldon. Er bleibt zwar hinter Bates zurück, dennoch merkt man dem Mimen seine dreißigjährige schauspielerische Erfahrung und Routine an. Seine Verwunderung, Bestürzung und vor allem seine Angst wirken echt.
William Goldman versteht es, das sehr eingeschränkte Szenario mit seinem Drehbuch filmisch auf die Spitze zu treiben. Es gibt keine unnötige Szene in dem gesamten Film. In diesem Rahmen ist Misery meisterhaftes Horrorkino. Kathy Bates hat mit ihrer Rolle Filmgeschichte geschrieben, denn erst einmal zuvor gab es für die schauspielerische Leistung in einem Horrorfilm einen Oscar. Misery ist ihr Film und dank ihr sowohl eine der besten King-Verfilmungen, als auch einer der besten Horrorfilme aller Zeiten. [Stephan; gekürzt]
Was sagt ihr zu unseren Plätzen 59 bis 55? Habt ihr alle Plätze schon gesehen? Ganz nach eurem Geschmack oder fragt ihr euch, was uns bloß geritten hat? Lasst es uns wissen!
Am 29. Februar erscheinen die Plätze 54 bis 50. Ihr dürft gespannt sein!
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