Platz 29 bis 25 der besten Horrorfilme aller Zeiten!
Unsere nächsten fünf Plätze der besten Horrorfilme aller Zeiten zeigen wieder eine bunte Mischung dessen, was das Genre zu bieten hat: Von Found-Footage bis zu Serienkillern. Von Takashi Miike bis Kim Jee-woon: Hier ist Horror zuhause.
Platz 29: Blair Witch Project (1999)
Um einen Dokumentarfilm über die Legende der Blair-Hexe zu drehen, begeben sich die drei Filmstudenten Heather, Joshua und Michael, nur mit dem Nötigsten ausgerüstet, in die berüchtigten Wälder. Als plötzlich sonderbare Vorfälle auftreten, verwandelt sich der Ausflug in den blanken Horror…
Mit Blair Witch Project erschufen die beiden Regisseure Daniel Myrick und Eduardo Sánchez zwar nicht, wie fälschlicherweise oftmals angenommen, die Mutter aller Found-Footage-Filme, aber mit absoluter Sicherheit einen der prägendsten Vertreter des beliebten Subgenres. Mit überaus geringen Mitteln schafft es das Regie-Duo – auch aufgrund einer geschickten Marketingstrategie – ein Erlebnis zu kreieren, das die Grenzen zwischen vermeintlicher Realität und Fiktionalität verschwimmen lässt. Visuell überaus zurückhaltend setzt Blair Witch Project alles daran, den Horror in die Gedankengänge des Zuschauers zu projizieren, während die bildlichen Schauwerte auf ein Minimum reduziert werden. Die Intensität dieses Werkes, heute noch genau so wirkungsvoll wie in seinem Erscheinungsjahr, macht den Found-Footage-Horrorfilm auch nach all den Jahren zu einem absoluten Meilenstein, der sich nicht nur bei den besten Vertretern seines Subgenres einordnen darf, sondern zweifelsfrei auch zu den besten Horrorfilmen aller Zeiten gehört. Blair Witch Project ist der auf Zelluloid gebannte Beweis, dass Effektivität keine Frage des Budgets ist. [Jan]
Platz 28: Henry: Portrait of a Serial Killer (1986)
John McNaughton wurde beauftragt, für 110.000 Dollar einen Horrorfilm zu drehen. Auf der Suche nach Ideen, die sich kostengünstig umsetzen ließen, stieß er im TV auf eine Reportage über den Serienkiller Henry Lee Lucas, was dann auch die Grundlage für Henry: Portrait of a Serial Killer bildete.
Das Resultat ist ein äußerst dreckiger Einblick in das fiktionalisierte Leben von Lucas und seinem Komplizen Ottis Toole. Aufgrund der spärlichen Mittel ist der Film sehr dokumentarisch inszeniert. Wir werden ohne jegliche Exposition in das Leben von Henry (Michael Rooker), seinem Kumpel Ottis und dessen Schwester geworfen und dürfen mit dem Trio ein paar Tage verbringen. Henry bietet keine konventionelle Dramaturgie. Wir beobachten Henry bei der Arbeit, beim Essen, beim Aufräumen, beim Morden, beim Ausgehen, beim Zerstückeln, beim Kartenspielen. Diese Erzählweise, die Inszenierung und besonders auch Michael Rookers eindringliches Spiel erzeugen eine ungeheure Atmosphäre und Gänsehaut. McNaughtons Henry ist dabei die Gegenthese zum hochstilisierten Slasher-Killer à la Freddy Krueger oder Jason Voorhees. Hier wird nicht mehr von einem Kill zum nächsten gejubelt und sich an den famosen Effekten ergötzt, stattdessen wird der Serienkiller wieder in die dreckige Realität zurückgeholt. Henry ist kein supercooler Killer mit einem lockeren Spruch auf den Lippen. Bei Henry gibt es Mord ganz ohne Glanz und Gloria. Mord als dreckiges Handwerk.
Henry: Portrait of a Serial Killer ist eines der ganz großen Meisterwerke des Serienkillerfilms. Als Gegenthese zum Slasher und als Reflexion über die Rezeption von Mediengewalt kann der Film gar nicht genug gelobt werden. Aber auch davon abgesehen ist der Film ein gnadenloser, harter Schlag in die Magengrube. Authentischer, grausamer und dreckiger hat man Serienkiller selten gesehen. [Florian]
Platz 27: Audition (1999)
Sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau will der japanische Geschäftsmann Aoyama wieder heiraten. Sein bester Freund, seines Zeichens TV-Produzent, engagiert für ihn ein Casting für eine Filmproduktion, damit Aoyama auf diesem Weg neue Frauen kennenlernen kann. Die junge, schüchterne Asami erweckt schnell sein Interesse, die beiden gehen wiederholt miteinander aus und lernen sich besser kennen. Bei einem romantischen Wochenendausflug, den Aoyama eigentlich für einen Hochzeitsantrag nutzen wollte, verschwindet Asami auf einmal spurlos. Als sich der verwirrte Aoyama auf die Suche nach ihr macht, muss er schon bald schmerzvoll feststellen, dass er dem Rat seines Freundes, sie zu vergessen, besser befolgt hätte…
Audition ist kein Horrorfilm im üblichen Sinne. Vielmehr beginnt er als behutsames Liebes-Drama, dessen Horror-Pforten sich erst sehr spät öffnen: Er nimmt die Zuschauer vorsichtig an die Hand, entfaltet langsam aber mit Bedacht eine merkwürdige Geschichte voller Ungereimtheiten, die in schrecklichen Visionen münden und vermag es gerade deswegen, einen unheilschwangeren Sog zu erzeugen, der sich ab einem gewissen Zeitpunkt in blanken Terror entlädt. Wir erleben Aoyama als einen verlorenen Romantiker in einer Welt der Oberflächlichkeit und Einsamkeit, der eher noch verliebt ist in die Idee von wahrer Liebe. Als er glaubt, sie gefunden zu haben, wird er konsequenter Weise von seiner Zuneigung so sehr geblendet, dass er nicht mal den Abgrund sieht, auf den er trotz aller Vorwarnungen unweigerlich zusteuert. Die verträumte Musik und die vielsagende Bildsprache unterstreichen stets seine Gefangenschaft in der Vorstellung naiver Glückseligkeit, die ihn letztendlich ins Verderben reißen wird.
Audition gelingt es meisterhaft, das wahre Böse hinter seiner schüchternden Fassade bis zuletzt zu verstecken. Das gilt gleichermaßen für den Film selbst wie für Asami, deren Beweggründe bis zum grausamen Ende verborgen bleiben. Genau diese verträumte Naivität der Inszenierung ist es, was das diabolische Finale in seiner Schonungslosigkeit dann so verstörend und erschütternd macht. Audition ist ruhig, sehr ruhig. Wenn man sich von ihm an die Hand nehmen lässt, wird er einen aber gerade deswegen noch lange verfolgen. [Robert]
Platz 26: Augen der Angst (1960)
Mark (Karlheinz Böhm) arbeitet als Kameraassistent in einem Filmstudio, doch der zurückhaltende Mann führt ein Doppelleben als Serienmörder. Nachts dreht er eigene Filme, in denen er den ahnungslosen Protagonistinnen vor laufender Kamera ein Messer an die Kehle hält und ihren Tod auf Bild bannt. Als er sich in Nachbarin Helen verliebt, gerät die Gefühlswelt des ohnehin labilen Manns vollkommen durcheinander …
Augen der Angst sorgte zu seiner Entstehungszeit für einen weitreichenden Skandal, der die Weltkarriere von Regisseur Michael Powell schlagartig beendete. „Krankhaft, abwegig und peinlich geschmacklos“, brachte der Katholische Filmdienst die Meinung von Kritik wie Publikum auf den Punkt. Die Identifikation mit einem voyeuristischen Frauenmörder war ein Tabubruch, der in der Analogie zwischen dem Auge der Kamera und dem Auge des Zuschauers gipfelte. Die Kamera nimmt die Morde nicht nur auf, sie selbst wird zum Instrument des Todes und bannt dabei eine perverse Lust an der Zerstörung aufs Bild, von der sich auch das Publikum nicht freisprechen konnte. Diese latenten aggressiven Triebe holt Powell aus den schwülen Hinterzimmern heraus und hält sie den Zuschauern in Großaufnahme vor – die Reaktionen zeigen, dass er damit einen wunden Punkt im bürgerlichen Selbstverständnis getroffen hat.
Als klassische Außenseiterfigur verkörpert Mark all das, was keinen Platz in der Gesellschaft hat, aber dennoch unbewusst in ihr schlummert. In seiner obsessiven Jagd nach dem perfekten Bild, ist er aber auch eine tragische Künstlerfigur. Die Totalität des Bildes, die der Ästhetizist anstrebt, lässt sich nicht erreichen – sein Schicksal am Ende des Films ist bereits präfiguriert. Dabei zeigt Augen der Angst seinen Protagonisten auch als Opfer eines Kindheitstraumas, das weniger erklärt, als in seinen drastischen Auswirkungen gezeigt wird. Damit gleicht der raffiniert inszenierte Thriller in vielem Hitchcocks Psycho, der im selben Jahr erschien. Doch während Norman Bates zu Weltruhm gelangte, hat es Mark Lewis lange Zeit nicht aus den dunklen Hinterzimmern herausgeschafft. Inzwischen gilt Augen der Angst längst als Klassiker, der die besondere Verführungsmacht des Mediums Kino darstellt wie kaum ein zweiter Film. [Catherin]
Platz 25: I Saw the Devil (2010)
Zarter Schneefall prägt das Bild einer abgeschiedenen und verlassenen Landstraße. Lediglich ein gelber Schulbus fährt langsam und lauernd durch die ansonsten so ruhige, verschneite Winternacht. Der Busfahrer, Jang Kyung-chul, ist ein lange gesuchter Serienmörder, der junge Frauen entführt und kaltblütig ermordet. Sein Opfer in dieser Nacht ist die zierliche Joo-yeon, Tochter des Polizeipräsidenten und Frau des Geheimagenten Kim Soo-hyeon, der fortan von Trauer und unbändiger Wut zerfressen nach Rache sinnt. Dies ist der Startschuss für ein diabolisches Katz-und-Maus-Spiel, das sich zu einer der brutalsten Hetzjagden der Filmgeschichte entwickelt.
I Saw the Devil nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise in eine finstere und verrohte Welt, die sich voll und ganz dem Wahnsinn hingegeben zu haben scheint. Immer tiefer begibt sich der scheinbare Held Kim Soo-hyeon in dunkle Abgründe, die die Grenze zwischen Gut und Böse aufbrechen und sie letztendlich verschwinden lassen. Gewalt avanciert für ihn schnell zu einem unvermeidbaren Mittel zum Zweck und zur Befriedigung der eigenen Rachsucht. Diese niederen Triebe sind es, die ihn schnell erblinden lassen für das Leid, welches er durch sein Streben nach Vergeltung über andere bringt. In ihrem Wetteifern um den Sieg über den jeweils anderen reißen die beiden Teufel alle auch nur annähernd Beteiligten mit in ihr gemeinsames Fegefeuer.
Am Ende hinterlässt I Saw the Devil ein gigantisches Trümmerfeld, dessen Scherben von den Überlebenden niemals vollkommen aufgelesen werden können. Trotz all seiner Brachialgewalt ist I Saw the Devil dennoch cineastisch unglaublich glanzvoll geraten. Dank der handwerklich tadellosen Inszenierung wirkt der Rahmen, in dem sich die scheußlichen Gräueltaten abspielen, wie ein fast schon ästhetisches Höllenfeuer, in dem sich die beiden Teufel auf Gedeih und Verderb bekämpfen. Trotz (oder gerade wegen) der drastischen Bilder entsteht ein Sog, der einen bis zur letzten Sekunde und noch weit über den Abspann hinaus nicht mehr loslässt. Auch wenn I Saw the Devil strenggenommen eher im Thriller-Genre angesiedelt ist, so sind die tiefen menschlichen Abgründe, die düstere und kompromisslose Grundstimmung und die äußerste Brutalität dermaßen erschlagend, dass sich der Horror ganz von allein entfaltet. Denn wenn du lange genug in den Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. [Robert]
Was sagt ihr zu unseren Plätzen 29 bis 25? Habt ihr alle Plätze schon gesehen? Ganz nach eurem Geschmack oder fragt ihr euch, was uns bloß geritten hat? Lasst es uns wissen!
Am 23. Mai erscheinen die Plätze 24 bis 20. Ihr dürft gespannt sein!
Hier geht es zum Überblick über die gesamte bisher veröffentlichte Liste.