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Horrorfilme aus Indonesien – Empfehlungen aus der Redaktion

Florians Empfehlungen

Sundelbolong (1981)
R: Sisworo Gautama Putra

Ghost with Hole oder wie der Originaltitel lautet Sundelbolong, also Prostituierte mit Loch, gehört in die Hochphase des indonesischen Exploitation-Kinos und kann hier gleich mit zwei großen Genre-Stars aufwarten: in der Hauptrolle als Sundelbolong die Queen of Indonesian Horror herself, Suzzanna, und an ihrer Seite die indonesische Martial-Arts-Ikone Barry Prima.

Sundelbolong bietet im Kern eine klassische Rape-Revenge-Geschichte, kann für einen Exploitation-Streifen aber mit einer beachtlichen Psychologisierung seiner Hauptfigur glänzen und sorgt mit seiner eingeflochtenen indonesischen Mythologie für willkommene Abwechslung. So darf auch die Penanggalan, eine vampirähnliche Gestalt, die nur aus einem fliegenden Kopf und daran hängenden Innereien besteht, nicht fehlen, die man vor allem aus Mystics in Bali kennt – hier hat er nur einen kleinen Cameo und überlässt die Show ganz der Sundelbolong.

Suzzanna ist mit ihrer anmutigen und ehrfurchtgebietenden Präsenz auch schlicht perfekt für die Rolle und kann sowohl die sanfte Schönheit als auch den rachsüchtigen Geist perfekt verkörpern. Kudos gebühren hier auch Suzzannas Haus- und Hof-Make-up-Artist Didin Syamsudin, der die Queen of Indonesian Horror absolut beeindruckend in Szene setzt. Gerade das namensgebende Loch in Suzzannas Rücken ist mit zahlreichen Maden richtig eklig schön dargestellt. Es zeugt auch von Cojones diesen Moneyshot gleich schon im Vorspann zu bringen – und dafür dann auch drei Minuten einfach drauf zu halten. Das stimmt aber auf jeden Fall gut ein.

Barry Prima darf in einer schön durchchoreographierten Action-Sequenz seine Martial-Arts-Kenntnisse auspacken. Dieser hat im gleichen Jahr mit Regisseur Sisworo Gautama Putra das wundervolle Fantasy-Abenteuer Jaka, der Rebell gedreht, das euch an dieser Stelle auch sehr ans Herz gelegt sei.
All dies ist wundervoll unterlegt von einem Score von Gatot Sudarto, der mich in seinen besten Momenten sogar an Ennio Morricone oder Fabio Frizzi erinnerte.

Also wer schon immer mal in den indonesischen Genre-Film eintauchen wollte, findet hier den perfekten Einstieg.

Modus Anomali – Gefangen im Wahnsinn (2012)
R: Joko Anwar

Mit meiner zweiten Empfehlung verlassen wir das indonesische Exploitationkino der 70er und 80er und widmen uns dem erneuten Aufschwung des indonesischen Horrorkinos in den letzten 10 bis 15 Jahren. Dieser wurde maßgeblich von einem Mann beeinflusst: Joko Anwar.

Von Anwar ließe sich vieles empfehlen, und das werden wir auch noch tun, aber beginnen möchte ich mit dem psychologischen Thriller Modus Anomali – Gefangen im Wahnsinn. In diesem wacht ein Vater (Rio Dewanto, Gundala) verwirrt und lebendig begraben mitten im Wald auf. Er hat keine Ahnung, wer und wo er ist. Stück für Stück kommt er der Wahrheit näher, findet heraus, was mit seiner Familie während des gemeinsamen Urlaubs in einer abgelegenen Hütte passiert ist, während er von einem mysteriösen Killer gejagt wird.

Mit dieser recht einfachen, wenn auch überaus vielversprechenden Prämisse jagt Anwar sein Publikum durch den indonesischen Urwald, der hier derart präsent in Szene gesetzt wurde, dass er schon selbst zu einem Protagonisten wird. Dabei gelingt es Anwar hervorragend in der grünen Hölle keine Langeweile aufkommen zu lassen und variiert die Locations geschickt zum Beispiel mit verlassenen Hütten. Der Indonesier beweist zudem ein Auge für aufregende Einstellungen, obwohl er uns bei der überaus temporeichen Inszenierung wenig Zeit lässt, diese auch zu genießen. Was Modus Anomali – Gefangen im Wahnsinn schlussendlich aber zudem hervorhebt, ist das raffinierte Drehbuch, das ebenfalls von Anwar selbst stammt. Denn könnte die Prämisse der Geschichte schnell in schon zu oft gesehene Klischees abdriften, hat der Autor noch ein paar frische Ideen im Gepäck, die zumindest mich kalt erwischt haben.

Unbarmherzig, unverbraucht und daher unbedingt anschauen!

Zu sehen auf Amazon Prime*!

Impetigore (2019)
R: Joko Anwar

Maya (Tara Basro, Satan’s Slaves) wird während der Arbeit von einem unbekannten Mann mit einer Machete attackiert. Sie überlebt den Angriff, kehrt aber nicht mehr an die Mautstelle zurück, sondern eröffnet mit ihrer besten Freundin Dini (Marissa Anita, Folklore Mini-Serie) ein provisorisches Kleidungsgeschäft in einer Markthalle. In den nächsten Monaten kann Maya die Worte ihres Angreifers nicht vergessen. Er behauptete, aus demselben ländlichen Dorf zu stammen und wusste mehr über ihre Familie als sie selbst. Aus Neugier beginnt sie, die Besitztümer ihrer verstorbenen Tante zu durchsuchen und findet eine alte Fotografie ihrer Eltern – im Hintergrund ist ein großes Anwesen. Das wäre ein Hoffnungsschimmer in der finanziellen Aussichtslosigkeit der beiden Frauen. Also nehmen sie den nächsten Nachtbus in das abgelegene Dorf. Tatsächlich existiert das Haus ihrer Eltern noch. Aber schon bald erkennen die Freundinnen, dass etwas im Dorf nicht stimmt und je länger Maya und Dini bleiben, desto mehr Geheimnisse werden enthüllt. Maya muss erkennen, dass ihre Familiengeschichte düsterer ist, als sie es sich jemals vorstellen konnte.

Impetigore ist der zweite Film von Joko Anwar, den ich euch ans Herz legen möchte. Wie schon in Modus Anomali – Gefangen im Wahnsinn entführt uns Anwar auch dieses Mal wieder in ländliche Gefilde und bietet mit den zwei jungen Frauen, die sich einer feindseligen, isolierten Gemeinschaft gegenüber sehen, starke Folk-Horror-Elemente. Das abgelegene Setting im indonesischen Urwald ist auch definitiv einer der ganz großen Pluspunkte des Films. Das nebelverhangene, heruntergekommene Dorf mit den überwucherten Holzhäusern und seinen zwielichtigen Bewohner*innen sorgt schon für eine wundervoll bedrohliche Atmosphäre. Schnell wird klar, dass hier die Moderne, die Maya und Dini verkörpern, nichts verloren hat und auch deren Gesetze nicht gelten. Stattdessen regieren Aberglauben und alte Traditionen wie das Schattenpuppentheater „Wayang Kulit“, das Anwar geschickt in die Geschichte einbindet.

So arbeitet sich der Indonesier an der Kluft zwischen Land und Stadt, Tradition und Moderne ab und kreiert dabei einen düsteren wie überaus spannenden Folk-Horror-Beitrag.

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Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?