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Horrorfilme aus 2021, die ihr gesehen haben solltet (Teil 1/2)

Jana

Jana

– Empfehlungen –

Midnight (R: Kwon Oh-seung)

Oh-Seung Kwons Spielfilmdebüt findet nahezu in Echtzeit statt, und der Regisseur trifft eine mutige Entscheidung, die Identität des Mörders frühzeitig zu enthüllen, was ein einfaches, aber spannendes Konzept bietet. Er reduziert Midnight auf das Nötigste, legt den Fokus auf das Katz-und-Maus-Spiel von den Protagonist:innen, Kyung-Mi (Jin Ki-joo, Come and Hug Me) und Do-shik (Wi Ha-joon, Squid Game), und lässt dabei alles hinter sich, was der Geschichte im Weg stehen könnte.

Der Film ist schlank und schnelllebig – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Protagonist:innen werden durch ein Labyrinth der dunklen Gassen Seouls gejagt und immer wieder in die Enge getrieben. Fluchtwege führen unwillkürlich zu gewaltsamen Konfrontationen und Räume, die Sicherheit bieten sollen, werden beschädigt und lassen die Protagonist:innen am verletzlichsten zurück.

Zwischen der tonlosen Perspektive der gehörlosen Protagonistin und der überwältigenden, klanggetriebenen Welt aller anderen nutzt Komponist Hwang Sang-jun die Gehörlosigkeit, um einen Kontrast zu setzen. Während es ideal gewesen wäre, eine gehörlose Schauspielerin in der Hauptrolle zu besetzen, liefert Jin Ki-joo eine hervorragende Leistung ab und bringt eine Ernsthaftigkeit in die Rolle, die sie zu mehr als einem ständigen Opfer stilisiert.

The Medium (R: Bangjong Pisanthanakun)

In Zusammenarbeit mit dem südkoreanischen Drehbuchautor und Regisseur Na Hong-jin (The Wailing), der hier auch als Produzent fungiert, kreiert der thailändische Regisseur Banjong Pisanthanakun (Shutter) eine schockierende und düstere Vision über Spiritualität und Besessenheit im pseudo-dokumentarischen Stil. Dieser unterstützt die Illusion von Authentizität und Intimität gegenüber den Protagonist:innen, die die Zuschauer:innen auf deren Reise begleiten.

Pisanthanakun baut die Geschichte langsam auf, konzentriert sich insbesondere auf seine Figuren in einem Geflecht aus Verlust und Entfremdung sowie auf Religion und Spiritualität. Veränderungen beginnen langsam und nehmen dann an Tempo, Stärke und Gewalt zu. Dieser Ansatz ermöglicht mehr Zeit mit den Protagonist:innen und wie sich Besessenheit auf alle auswirkt. Die Trostlosigkeit wird durch die Abgeschiedenheit des ländlichen Dorfes und die Inkompetenz der örtlichen Polizei noch verstärkt.

Kameramann Naruphol Chokanapitak fängt die schrecklichen, verstörenden Aktivitäten der Besessenen wunderbar ein innerhalb einer schweißtreibenden Atmosphäre. Es ist das Mysterium der thailändischen Wälder und die Kraft der Natur, die durch visuell fesselnde Landschaftsaufnahmen übertragen wird – von weit entfernten Bäumen aufsteigender Dampf, getränkt mit geisterhaften Nebelschwaden, die über verlassene Reisfelder streifen.

Die zweite Hälfte entfesselt schließlich eine Flut von Gräueltaten, während das Filmteam jede unmenschliche Handlung auf Zelluloid bannt, während das Finale in Dunkelheit versinkt.

Beyond Evil (R: Shim Na-yeon)

In 16 Episoden entfaltet sich ein vielschichtiger Psychothriller, der die komplizierte Dynamik der Figuren in den Mittelpunkt stellt. Angesichts der einfachen Geschichte ist es beeindruckend, dass trotz der zahlreichen Wendungen keine Handlungslöcher zurückbleiben. Insbesondere die engagierte Besetzung und die Gesamtqualität der Dialoge ist eine große Stärke dieses Dramas. Die Schauspieler:innen vermitteln verborgenen Bedeutungen durch ihre Mimik und Gestik, ohne alles preiszugeben, was die Figur denkt. Insbesondere Shin Ha-kyun (Sympathy for Mr. Vengeance) saugt die Zuschauenden in die Welt seines Charakters und hält sie dort. Seine Charakterisierung von Dong-sik ist ein heikler Balanceakt zwischen nuanciert und geradezu wahnhaft. Die Dichte an Zusammenhängen und Bedeutungen sind hoch, sodass nicht nur jede Figur, sondern die ganze Welt des Dramas als etwas Lebendiges empfunden wird. Die Stadt Manyang ist nicht nur ein Ort des Geschehens, sondern ein autonomer Organismus, der nur nach den eigenen Gesetzen existiert.

Umrahmt wird die Geschichte von einem stimmungsvollen Soundtrack, subtiler Freude, wenn ein Rätsel gelöst wird, und einer Düsternis, die sich den Zuhörer:innen erst allmählich offenbart. Die Nostalgie der Songs passt perfekt zu der Kleinstadtkulisse und Vorstellung, dass die Zeit dort immer noch stillsteht.

– Größte Enttäuschung –

The 8th Night (R: Kim Tae-Hyung)

Mit einer Mischung aus Drama, Okkult-Horror und Kriminalgeschichte erzählt Regisseur Kim Tae-hyung seine Geschichte in subtiler Form, setzt vielmehr auf die fatalistische Stimmung, die den Film durchdringt, und weniger auf Blut und Grausamkeiten. Durch seine Konzentration auf die Figuren gelingt ihm einerseits ein interessantes Worldbuilding, andererseits bleiben die Hauptrollen blass. Zudem verliert sich Kim immer wieder in unnötigen Details, die das Tempo drosseln. So gibt es auch unnötige Handlungsstränge, die die Geschichte leider nicht voranbringen, sondern ausbremsen und für eine unnötig lange Laufzeit sorgen. The 8th Night besitzt viel Potenzial, das es aber schlussendlich nicht auszunutzen weiß und bei mir für Ernüchterung sorgte.


Andreas

– Empfehlungen –

The Djinn (R: David Charbonier, Justin Powell)

The Djinn bietet eine Sei-vorsichtig-was-du-dir-wünscht-Geschichte im 80er-Retro-Gewand, der in erster Linie durch die außergewöhnliche Leistung von Ezra Dewey (The Other Side of the Door) glänzen kann. Der 15-jährige Jungschauspieler mimt den stummen Hauptcharakter absolut souverän und versteht es meisterlich, seiner Figur allein durch Mimik Leben einzuhauchen. Zudem wird die herrlich unheilschwangere Atmosphäre des sehr spannenden Films noch durch den eingängigen Synth-Wave-Soundtrack unterstrichen.

So haben David Charbonier und Justin Powell mit The Djinn einen spannenden und gruseligen Film geschaffen, der von seiner einnehmenden Hauptrolle lebt.

The Power (R: Corinna Faith)

The Power führt uns in ein britisches Krankenhaus der 70er Jahre. Wegen Sparmaßnahmen wird abends der Strom weitestgehend abgeschaltet, wodurch die ohnehin schon gruselige Heilstätte in die unheilvoll flackernde Notbeleuchtung getaucht wird. Dadurch entsteht das ideale Setting, in dem sich eine Bedrohung aus der düsteren Vergangenheit des Ortes manifestiert und die dunklen Flure heimsucht. Regisseurin Corinna Faith zeigt dabei großes Geschick für den Aufbau von Spannung und versteht es hervorragend, den Zeitgeist einzufangen.

So entstand mit The Power ein gruseliger Horrorfilm, der neben fein austariertem Spannungsaufbau und hervorragender Schauspielleistungen auch mit einer überraschenden Auflösung aufwartet und eine wichtige Botschaft transportiert.

Malignant (R: James Wan)

Mit Malignant hat James Wan (Conjuring – Die Heimsuchung) einen wahren Horror-Knaller geschaffen. Der Film baut nicht nur eine sagenhaft unheimliche Atmosphäre auf, sondern lässt die Handlung auch in einem der spektakulärsten Twists seit langem münden. Dabei geht es recht blutig und actionreich zu, sodass der Film nach einem gemächlichen Anfang keine Atempause mehr lässt. Speziell Annabelle Wallis (Die Mumie) spielt ihre Rolle hervorragend und verleiht ihrer Figur die notwendige Tiefe und Authentizität. Malignant ist eine Tour de Force vom Horrormeister James Wan, der keine Wünsche offen lässt.

– Größte Enttäuschung –

The Deep House (R: Julien Maury, Alexandre Bustillo)

Auch wenn Julien Maury und Alexandre Bustillo den Genre-Hit Inside inszeniert haben, scheint der Zenit der beiden überschritten. The Deep House klingt zwar zunächst nach einer originellen Idee – ein Spukhaus unter Wasser – aber das Regie-Duo hat offensichtlich die Eigenheiten des Elements unterschätzt. Das Wasser und die Enge des Hauses sorgen dafür, dass man permanent verwirrt ist, wo sich die Protagonisten bzw. die Kamera gerade befindet. Das könnte durchaus auch ein Stilmittel sein, um Desorientierung zu schaffen, aber leider funktioniert das in keiner Weise. Auch beschränkt sich der Film auf Standard-Horrorelemente wie uninspirierte Jumpscares. So hätte man sich definitiv die Mühe mit den Unterwasser-Drehs sparen können, denn das macht den 08/15-Spukfilm in keiner Weise sehenswerter. Schade, hier wurde eine Chance vertan, etwas Neues und Originelles zu schaffen.


Teil 2 mit weiteren Empfehlungen und auch ein paar Enttäuschungen, die das Horrorjahr 2021 bereithielten findet ihr hier.

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Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?