The Beach House
Kritik

The Beach House (2019) – Review

The Beach House liefert Body Horror, Schleim und kosmisches Grauen – und knüpft dabei an die Erzählungen von Horror-Meister H.P. Lovecraft an. Wir haben uns für euch auf den Wahnsinn eingelassen.

Originaltitel: The Beach House
Land: USA
Laufzeit: 88 Minuten
Regie: Jeffrey A. Brown
Drehbuch: Jeffrey A. Brown
Cast: Liana Liberato, Noah Le Gros, Jake Weber u.a.
VÖ: Ab 22.10.2020 im Kino

Hintergründe & Inhalt

H.P. Lovecraft gehört zu den einflussreichsten Horrorautoren und sorgte gerade in den letzten Jahren für einen regelrechten Boom an Horrorkunst, die in seiner Tradition steht. Zumindest wenn man den Filmverleihen und auch so manchen Filmkritiker:innen glauben darf, denn mit kaum einem Begriff wurde inflationärer umgegangen als mit „Lovecraftian Horror“ und auch The Beach House bekam diesen Stempel aufgedrückt.

Das Spielfilmdebüt von Jeffrey A. Brown, der auch das Drehbuch beisteuerte, dreht sich um das junge Paar Emily (Liana Liberato) und Randall (Noah Le Gros, Depraved), das im Strandhaus von Randalls Familie ein paar schöne Stunden zu zweit verleben will. Da sie sich außerhalb der Saison dort aufhalten, ist die gesamte Nachbarschaft wie ausgestorben und sie haben das Feriendomizil für sich allein – bis sie am nächsten Morgen merken, dass sich noch ein weiteres Paar im Haus aufhält; offenbar alte Freunde der Familie, wie sich nach dem ersten Schreck herausstellt. Man beschließt das große Haus zusammen zu nutzen und verabredet sich zum gemeinsamen Abendessen. Doch im Verlaufe des Abends häufen sich mehr und mehr seltsame Vorfälle. Der Strand und die dortigen Pflanzen sind von einem sonderbaren Glühen erfasst, das Wasser aus der Leitung hat eine befremdlich zähe Konsistenz und mit dem dichten Nebel geht ein beißender Gestank einher…

Kritik

Wie in vielen Geschichten Lovecrafts steht auch in The Beach House eine Wissenschaftlerin im Zentrum des Geschehens. So verkörpert Emily das Spannungsfeld zwischen striktem Rationalismus, dem unverrückbaren Glauben an die positiven Effekte wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns und der Faszination für das vermeintlich Unerklärbare. Die angehende Astrobiologin interessiert sich dabei besonders dafür, wie Leben unter widrigsten Umständen entstehen kann. Es ist die Anziehungskraft des Unbekannten und Chaos, die sie umtreibt. Schon beim ersten Abendessen erklärt sie, wie zerbrechlich und bedeutungslos das Leben auf der Erde doch sei und wie in den Untiefen des Ozeans aus Chemie nur dadurch Biologie entstehen konnte, in dem von außen etwas Fremdes hinzugeführt wurde. Sich tentakelbewehrter Klischees widersetzend, beschwört Brown damit schon in seiner Exposition eine bedrohliche Atmosphäre des kosmischen Grauens. The Beach House deutet bereits in den anfänglichen Gesprächen und durch vielseitige Omen an, dass wir nicht mehr sind als der Spielball von Kräften, die außerhalb unseres erfahrbaren Horizontes liegen – ob nun mächtige Wesen oder einfach nur anarchisches Chaos bleibt vorerst offen. Brown setzt damit sehr geschickt den Grundton des Films und bereitet uns auf eine unbeschreibliche Bedrohung vor, der wir vermutlich hilflos ausgeliefert sein werden.

The Beach House

Diese Bedrohung schwingt lange nur unterschwellig mit, denn The Beach House nimmt sich im Gegensatz zu vielen bekannten Lovecraft-Verfilmungen wie From Beyond, Re-Animator oder Richard Stanleys Die Farbe aus dem All viel Zeit für seine Erzählung und lässt den Wahnsinn nur langsam durch die Membran unserer rationalen Weltsicht sickern. Zwei Drittel seiner Zeit ist The Beach House damit beschäftigt, die anfangs noch nebulöse Bedrohung zu verdichten. Der zähe Erzählfluss erzeugt einen regelrechten Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann.

Mit fortlaufender Spieldauer entgleitet der Film dann immer mehr den Gefilden der Realität und im letzten Drittel zieht auch das Tempo der Erzählung deutlich an. Zugleich wird es richtig schleimig und auch Body-Horror-Elemente kommen nicht zu kurz, so dass wir uns auf ein paar schöne und überaus eklige Spezialeffekte freuen dürfen, die sehr gut gemacht sind und mit viel Feingefühl zum Einsatz kommen. Dennoch ist The Beach House weit davon entfernt hektisch zu werden, sondern bleibt seiner Zähflüssigkeit treu – bis wir im Finale in die zweifelhafte Geborgenheit des Wahnsinns entlassen werden.

The Beach House

Fazit

Mit The Beach House ist Jeffrey A. Brown ein fesselnder Horrorfilm gelungen, der insbesondere mit seiner unaufgeregten Herangehensweise an Lovecraft glänzen kann. Die langsame Erzählweise und die bedächtige Entfaltung der Bedrohung schaffen eine einnehmende Atmosphäre. Damit geht jedoch eine gewisse Langatmigkeit einher, die es erst einmal auszuhalten gilt. Doch viel mehr noch als diese – und da wären wir wieder bei Lovecraft – gilt es das Chaos und Ambiguität der Geschichte auszuhalten, denn im kosmischen Grauen finden sich keine klaren Antworten.

 

Bewertung

Grauen Rating: 4 von 5
Spannung Rating: 3 von 5
Härte  Rating: 3 von 5
Unterhaltung  rating3_5
Anspruch  Rating: 2 von 5
Gesamtwertung Rating: 4 von 5

Bildquelle: The Beach House © Koch Films

Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

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