Kritik

The Cleansing – Die Säuberung (2019) – Review

Mittelalterlich geht es zu in Antony Smiths The Cleansing. Ausgangspunkt sind eine mysteriöse Krankheit und ein stummes Mädchen, das durch ungünstige Umstände in den Verdacht der Hexerei gerät. Wir haben unsere Pestmasken heraus gekramt und uns die Proben unter dem Mikroskop einmal genauer angeschaut.

Originaltitel: The Cleansing
Land: Großbritannien
Laufzeit: 94 Minuten
Regie: Antony Smith
Drehbuch: David Shillitoe
Cast: Rebecca Acock, Rhys Meredith u.a.
VÖ: Ab 04.06.2020 im Handel

Inhalt

In ihrem pestgebeutelten Dorf tief im Wald lebt die junge Alice (Rebecca Acock, The Watcher in the Woods). Als bekannt wird, dass sie heimlich ihre erkrankte Mutter pflegt, muss das Mädchen mitansehen wie diese vom Läuterer, einer rätselhaften und bedrohlichen Gestalt in Robe und Vogelmaske, kaltblütig getötet wird. Doch damit nicht genug. Wegen Alice Verstoß gegen die Regeln hält die Dorfgemeinschaft sie nun für die Hexe, die die Pest über alle gebracht hat. Doch während ihres Prozesses kann sie in den Wald entkommen, wo sie, entkräftet und von den Prüfungen geschunden, auf eine kleine Hütte stößt. Der hier lebende Eremit nimmt sie in seiner Einsiedelei auf. Doch wer verbirgt sich wirklich hinter dem freundlichen Antlitz?

Kritik

Das Mittelalter ist der ungewaschene, barbarische Zwilling unserer Zeit, den wir immer wieder gerne heraufbeschwören, um ein wenig über die düstere, unzivilisierte Seite des Menschen, ins Schauern zu geraten. Genau in diese klassische Melange aus Hexenwahn, Pestausbrüchen und religiösem Eifer führt uns Antony Smith mit The Cleansing.

Die Geschichte, die er erzählt, beginnt ohne besondere Überraschungen und bleibt auch die meiste Zeit des Films sehr geradlinig. Dabei ist er jedoch in vielen Aspekten offen genug, um Spannung erzeugen zu können. Wenn am Ende der Vorhang gelüftet wird, ist dies zwar nicht überraschend, aber auch nicht unbedingt vorhersehbar. Hier lässt sich also wenig aussetzen, allerdings genau so wenig hervorheben.

Die Charaktere sind allerdings eher flach gezeichnet und weichen kaum einmal von klassischen Stereotypen ab: das unschuldige Mädchen, die geifernde unpersönliche Menge, der gruselige Priester (Rhys Meredith, Apostle). Einzig die Figur des Läuterers bricht etwas aus, allerdings weniger weil sie mehr Tiefe hätte, sondern eher weil sie ob ihres Ursprungs und ihrer Funktion ausgesprochen diffus und unklar erscheint. Dies ist jedoch eher irritierend als fesselnd.

Handwerklich kommt The Cleansing ohne grobe Schnitzer davon. Einzig die Beleuchtung weist Schwächen auf. In einigen Außenaufnahmen bei Tageslicht beispielsweise überstrahlt die Sonne doch sehr die Gesichter, ohne dabei eine ätherische Aura vermitteln zu wollen. Die visuellen Effekte sehen hingegen sogar überwiegend überzeugend aus. Schnitt und Kamera erfüllen ihren Zweck, ohne Höhepunkte zu setzen. Gleiches gilt für die Darsteller. Alles im Rahmen aber nichts sticht hervor. Wo The Cleansing sich an Mittelmäßigkeit allerdings selbst überbietet, ist bei der Musik und dem Sounddesign. Alles klingt als sei es irgendwelchen Datenbanken entnommen und schon unzählige Male recycelt worden; dissonant schwirrende Streicher eingeschlossen.

Wirklich mehr Mühe hätte man sich auch bei der Umsetzung des mittelalterlichen Settings geben können. Gemeint ist hier nicht einmal der offensichtliche Mangel an historischer Authentizität, sondern viel mehr die karg und uninspiriert gestaltete Kulisse. In Innenräumen sieht man vor allem leere Wände, an denen in trauriger Einsamkeit nichtssagende Holzflechtereien den Eindruck der Bewohntheit vermitteln sollen. Nun braucht man natürlich in einer mittelalterlichen Bauernkate nicht, den Teppich von Bayeux zu verstecken. Aber Abhilfe hätten zum Beispiel schon alltägliche Gebrauchsgegenstände, von denen es auch im 14. Jahrhundert schon etliche gab, geschaffen. Gleiches gilt für die Kostüme, insbesondere des Läuterers. Als gruseliger Antagonist konzipiert, ist den verantwortlichen scheinbar nichts Interessanteres,weniger Ausgelutschtes eingefallen als das Kostüm eines Pestdoktors. Bei der restlichen Besetzung sind Schnitt und Farbgebung durchaus als „typisch mittelalterlich“ erkennbar, aber bar aller Details, die das Setting von beispielsweise The Witch so einnehmend und immersiv gemacht haben.

Fazit

Alles in allem handelt es sich bei The Cleansing um einen eher belanglosen Beitrag zum Horrorgenre. Zwischen Hexenwahn und Pestepidemie werden die nötigen Themen bedient und technisch angemessen umgesetzt, allerdings ohne eine Welt zu erschaffen, in die man wirklich eintauchen kann. Was bleibt ist anspruchslose Unterhaltung für Abende in der sozialen Isolation. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Bewertung

Grauen Rating: 2 von 5
Spannung Rating: 2 von 5
Härte  Rating: 2 von 5
Unterhaltung  Rating: 3 von 5
Anspruch  Rating: 1 von 5
Gesamtwertung Rating: 2 von 5

Ab 04.06.2019 im Handel:

The Cleansing

Bildquelle: The Cleansing © Tiberius Film

Horrorfilme… sind für mich das Erkennen, Überschreiten und Herausfordern von gesellschaftlichen Grenzen durch abgründige Ästhetik und damit Kunst in ihrer reinsten Form. Vor allen Dingen machen sie aber einfach unfassbar Spaß.

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