House of Wax
Kritik

Houses of Wax (1933 – 1953 – 2005)

Täuschend echt ragen die Figuren des House of Wax in das Blickfeld und erwecken große wie kleine historische Momente zum Leben. Doch Vorsicht ist geboten, wenn der Funken der Begeisterung auf ein überaus brennbares Material trifft und die Täuschung sich als echter heraus stellt, als einem lieb ist.

Die Faszination wichtige historische Ereignisse nachzustellen ist so alt wie die Menschheit. Ihre personifizierte Variante als Figur aus Wachs geht zurück bis zur Französischen Revolution und dem Nachformen wächsener Totenmasken. Bereits 70 Jahre bevor Paris Hilton in House of Wax um ihr Leben bangen musste, fand das Spektakel rund um Wachsfiguren seinen Eingang in den Film. Schon beim im Jahr 1933 erschienenen Das Geheimnis des Wachsfigurenkabinetts standen Mordfälle und Wachs im Mittelpunkt. Dieselbe Handlung wurde 1953 mit Vincent Price in der Hauptrolle noch einmal wiederbelebt. Gut 50 Jahre später blieb davon nicht mehr viel übrig, außer dem titelgebenden House of Wax. Wir machen einen kleinen Ausflug durch die Geschichte.

Das Geheimnis des Wachsfigurenkabinetts (1933)

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Vorlage:
Cast:

The Mystery of the Wax Museum
USA
77 Minuten
Michael Curtiz
Don Mullaly, Carl Erickson
Kurzgeschichte „The Wax Works“ von Charles S. Belden
Lionel Atwill, Fay Wray, Glenda Farrell u.a.

Hintergründe & Inhalt

Ein begnadeter Künstler von Skulpturen aus Wachs wird von seinem Investor dazu gedrängt, schnelle Rendite abzuwerfen. Trotz eines vielversprechenden Angebots, dessen Abwicklung sich um einige Monate verzögert, ist der Geduldsfaden kurz und die schnellste Lösung das Geld der Brandschutzversicherung. Die Ausstellung mit all ihren Kunstwerken ist schnell entzündet. Beim kläglichen Versuch, seine geliebten Schmuckstücke zu retten, ringt der Künstler mit seinem Widersacher und verliert. Monate später kommt eine junge Frau plötzlich zu Tode. Ihre Mitbewohnerin, eine junge, gewiefte Journalistin, wird damit beauftragt, endlich spannende Berichte für ihre Zeitung zu beschaffen. Ihre Chance scheint gekommen, als die Leiche der Freundin auf mysteriöse Weise aus der Pathologie verschwindet. Immer weiter folgt die Journalistin den Spuren, deren Fäden bei dem neuen Wachsfigurenkabinett zusammen laufen.

Das Geheimnis des Wachsfigurenkabinetts basiert auf der unveröffentlichten Kurzgeschichte „The Wax Works“ von Charles S. Belden, aus der auch ein gleichnamiges Theaterstück hervor ging. Gespickt mit großen Namen aus der goldenen Ära Hollywoods (Regisseur Michael Curtiz, Casablanca; Lionel Atwill; Fay Wray, King Kong; Glenda Farrell und Frank McHugh) ist der Film nicht nur ein wichtiges Stück Filmgeschichte, sondern selbst von Mythen umgeben. Er gilt als einer der ersten und gleichzeitig letzten Horrorfilme, die im Zwei-Farben-Technicolor, einem frühen Farbfilm-Verfahren, entstanden sind. Trotz großem Zuspruch seitens der Kinogäste, wurde die Technik eingestampft. Es hieß, dass Technicolor und Warner Bros. sich über Vertragsregelungen verwarfen. Zudem galt die zweifarbige Kopie von The Mystery of the Wax Museum zwischen 1936 und 1978 als verschollen. Erst nach dem Tod von Jack L. Warner wurde ein Exemplar in seiner Privatsammlung gefunden. Aufgrund schlechter Lagerbedingungen und Fehler bei der Restaurierung hat das Material jedoch gelitten.
Wer wie ich von den schmelzenden Wachsfiguren angetan war, dem sei gesagt, dass die Dreharbeiten mit Wachs ein überaus reales Risiko am Set darstellten. Die neue Drehtechnik in Farbe verlangte zusätzliche Scheinwerfer, deren Strahlungshitze die Wachsfiguren zum Schmelzen brachte. Kurzerhand mussten die Schauspieler*innen in Doppelrollen schlüpfen und als Stand-Ins für ihre eigenen Wachsfiguren herhalten. Täuschend echt hieß in dem Fall eher echt als täuschend.

Kritik

Auch nach gut 85 Jahren ist Das Geheimnis des Wachsfigurenkabinetts immer noch sehr sehenswert. Gerade in Anbetracht der nachfolgenden Filme ist die Charakterzeichnung, insbesondere der Frauenrollen, außerordentlich gut gelungen. Das Zusammenspiel wirkt in sich schlüssig und punktgenau gespielt. Dies ist zu einem großen Teil auch der starken Besetzung geschuldet. Vor allem Glenda Farrell als kesse Journalistin stiehlt ihren Kolleg*innen ziemlich die Show. Daneben weiß auch das Set Design zu überzeugen und scheint stark vom deutschen Expressionismus im Stile von Das Cabinett des Dr. Caligari inspiriert zu sein.

Das Kabinett des Professor Bondi (1953)

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Vorlage:
Cast:

House of Wax
USA
88 Minuten
Andre de Toth
Crane Wilbur
Theaterstück „The Wax Works“ von Charles S. Belden
Vincent Price, Frank Lovejoy, Phyllis Kirk u.a.

Hintergründe & Inhalt

Das Remake der 50er Jahre, das sich statt auf die Kurzgeschichte auf Beldens Theaterstück stützt, greift die Story aus den 30er Jahren auf. Zurückversetzt ins Jahr 1902 rücken die einzelnen Charaktere vermehrt in den Fokus, bekommen Namen und eine gemeinsame Hintergrundgeschichte. Leider tut die durch den Hays Code bedingte Prüderie der Story keinen Gefallen. Gerade im direkten Vergleich wirken die Charaktere steif und formlos, die Handlung stockt unnötigerweise, weil die Hauptfigur ständig darauf warten muss, vor ihrer eigenen halbherzigen Neugierde gerettet zu werden.

Zudem entstand House of Wax in einer Zeit, in der Fernsehgeräte massentauglich wurden und die Einnahmen aus Kinofilmen stark einbrachen. Den Menschen ein neuartiges Erleben im Kino zu bieten – zum Beispiel mittels 3D – war ein Versuch, dem entgegen zu wirken.
House of Wax ist dabei nicht der erste 3D-Film, doch er darf sich rühmen, der erste 3D-Film mit Stereo-Tonspur zu sein, der von einem großen Studio finanziert wurde. Ironischerweise konnte hierfür ausgerechnet Andre DeToth gewonnen werden, der diesem technischen Schnickschnack selbst nichts abgewinnen konnte, da er auf einem Auge vollkommen blind war.

Kritik

Trotz seiner Schwächen bleibt Das Kabinett des Professor Bondi ein sehr anschauliches Werk. Vincent Price versteht es, seine Rolle und den Raum zu füllen und ist damit sicher der größte Pluspunkt des Remakes. Selbst ohne die berühmte 3D-Technik lässt sich die Weite der bühnenartigen Kulisse erahnen und es ist nicht schwer sich vorzustellen, selbst durch die Schauräume zu mäandern und wichtige historische Momente nachzuempfinden. Selbst außerhalb des Wachsmuseums wurden einige tolle Szenen eingefangen, wie zum Beispiel eine nächtliche Verfolgungsjagd durch die nebeldurchdrungenen Straßen New Yorks zur Jahrhundertwende. Im Gegensatz zum Original bietet dieses Remake viele anschauliche Details, in denen man sich gerne verliert. Wie das Original bleibt auch diese Adaption nach all ihren Jahren äußerst sehenswert und zeigt den wundervollen Vincent Price in einer seiner besten Rollen.

House of Wax (2005)

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

House of Wax
Australien, USA
108  Minuten
Jaume Collet-Serra
Chad Hayes, Carey W. Hayes
Chad Murray, Paris Hilton, Elisha Cuthbert, Jared Padalecki u.a.

Hintergründe & Inhalt

House of Wax aus dem Jahr 2005 hat mit den vorhergehenden Filmen bestenfalls den Namen und die Grundidee gemein, beschreitet bezüglich der Story aber einen komplett anderen Weg. Aus dem Mystery-Horror wurde ein 08/15-Teenie-Slasher mit schöner Wachskulisse. Sechs Freunde sind unterwegs zum größten Footballspiel des Jahres. Aufgrund eines kaputten Keilriemens strandet die Truppe jedoch mitten im Nirgendwo. Ein freundlicher Hillbilly bringt eines der Pärchen zur nächstgelegenen Stadt, damit sie sich bei der ansässigen Werkstatt ein Ersatzteil besorgen können. Es ist niemand auf den Straßen zu sehen, die Luft wird vom traurigen Klang einer Totenmesse erfüllt und da ragt es inmitten des malerischen Tals hinauf: das House of Wax, wortwörtlich. Statt eines Kabinetts zum Nachstellen historischer Momente oder berühmter Persönlichkeiten, ist dieses Haus vollkommen aus Wachs erbaut, von der Türklinke bis zur Teekanne. Beeindruckend reich an Details und doch liegt eine ungewöhnlich tiefe Stille über dem Ort.

Kritik

Paris Hilton war eines der großen Zugpferde für dieses Remake. Abgesehen von der Frage, wann die von ihr gespielte Figur das Zeitliche segnet und der voluminösen, beeindruckenden Kulisse hält eine hier nicht besonders viel am Ball. Die Sympathiepunkte sind von Anfang an klar verteilt, so gut wie jedes denkbare Klischee wird ausgereizt und die Story rund um die Verbundenheit von Geschwistern und Missbildungen wirkt ziemlich aufgesetzt und platt. Von Horror oder Gruseln ist leider nicht viel übrig geblieben. Wie soll Horror funktionieren, wenn man sich die ganze Zeit wünscht, dass der „Künstler“ sich den einen oder anderen unsympathischen Charakter doch bitte bald mal vorknöpft? Wenn die Verbundenheit zu den Hauptcharakteren fehlt, funktioniert der gesamte Aufbau des Genres nicht, die vermeintlichen Gegensätze verschmelzen wie Kerzenwachs zu einem unförmigen Klumpen.

Um den härteren Gepflogenheiten seiner Zeit gerecht zu werden, wird auf die Tradition der Skulpteure gepfiffen. Die Liebe zum Detail alltäglicher Gegenstände im House of Wax trifft hier auf künstlerische Faulheit. Wo es in den Filmen von 1933 und 1953 noch darum geht, die komplizierte menschliche Anatomie bestmöglichst wiederzugeben, wird hier nicht einmal der Versuch unternommen, etwas eigenes zu kreieren. Die Opfer werden schlichtweg paralysiert, hergerichtet und bei lebendigem Leibe gewachst. Vollkommen bewegungsunfähig (von den Augen abgesehen, zumindest denen der frischeren Figuren) sterben sie langsam vor sich hin. Die Ausmaße der Kunst sind dafür überdimensional. Dies zählt definitiv zu einem der Pluspunkte des Films. Die Beschaulichkeit eines Kabinetts weicht hier einer ganzen Stadt, womit der Film durchaus etwas Grusel erzeugen kann. Auch beim Finale heißt es dann Klotzen statt Kleckern, was durchaus nett anzusehen ist.

Fazit

Ein direkter Vergleich der drei Filme wird durch den großen Bruch der Story des aktuellsten erschwert. Während die ersten beiden sich noch eng an der Vorlage der Kurzgeschichte orientieren und an ihnen die Entwicklung des Films sichtbar wird, ist die Version von 2005 zwar ein typischer Vertreter seiner Zeit, aber sicher kein Highlight. Es ist sehr schade, dass heutzutage The Mystery oft he Wax Museum nur noch stark überarbeitet zu finden ist, denn die Story und ihre Umsetzung haben mich hier am meisten überzeugt.
Alles in allem können gerade die ersten beiden Filme punkten und haben sich einen Platz im Herzen des Horrorgenres und der Filmgeschichte redlich verdient.

Horrorfilme… sind die Spannung und das Spiel mit menschlichen Abgründen, ein Spiegel der Gesellschaft, Zeugnis namentlicher Grauslichkeiten und Erkundung grauslicher Namenslosigkeiten. Mal tief und schwer und dann gern auch mal ein bisschen Zombie-Musical oder Blutbad dazwischen. Denn Horror und Lachflash schließen sich nicht zwingend aus.

...und was meinst du?