The Closet (2020) – Review
Im Mystery-Horror The Closet begibt sich ein verzweifelter Vater auf die Suche nach seiner verschwundenen Tochter und kommt dabei einem Geheimnis auf die Spur, das die Grenze zwischen Realität und übersinnlicher Welt aufzulösen droht.
Originaltitel: | Closet |
Land: | Südkorea |
Laufzeit: | 98 Minuten |
Regie: | Kim Kwang-bin |
Drehbuch: | Kim Kwang-bin |
Cast: | Heo Yool, Ha Jung-woo, Kim Na-gil, u.a. |
VÖ: | Ab 07. August digital verfügbar, ab 14. August als DVD und Blu-ray erhältlich |
Inhalt
Ein tragischer Autounfall reißt Sang-won (Ha Jung-woo, The Chaser) aus der familiären Idylle – seine Ehefrau Seung-hee (Shin Hyun-bin, Confidential Assignment) stirbt und hinterlässt eine traumatisierte Tochter. Die alltägliche Konfrontation mit dem Verlust belastet die Beziehung der beiden immens, sodass Sang-won und Tochter Yi-na (Heo Yool) der Großstadt den Rücken kehren und in ein malerisches Haus auf dem Land ziehen. Allerdings tritt keine Besserung ein, denn nicht nur alltägliche Probleme erschweren das Familienleben, auch ein Schrank im Kinderzimmer scheint der Grund für seltsame Vorgänge im Haus und für Yi-nas Stimmungsschwankungen zu sein. Sang-won glaubt zunächst an einen imaginären Freund, wird aber misstrauisch, als sich seine Tochter immer feindseliger verhält und sich abkapselt. Als er schließlich von einer Geschäftsreise wieder zurückkehrt, ist Yi-na verschwunden. Verzweifelt wendet er sich an Polizei und Fernsehen, aber ohne Erfolg. Nach einem Monat steht plötzlich der Exorzist Kyung-hoon (Kim Nam-gil, Pandora) vor seiner Tür und behauptet, das Mädchen sei noch am Leben und er könne sie zurückbringen. Nach anfänglicher Skepsis lässt sich Sang-won auf Kyung-hoons unkonventionelle Methoden ein und es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn Sang-won muss sich nicht nur einer jenseitigen Macht stellen, sondern auch seinen Ängsten.
Kritik
Auf den ersten Blick könnte man meinen, Regisseur Kim Kwang-bin wandere auf den Spuren von A Tale of Two Sisters oder The Grudge – auf den zweiten Blick ist The Closet ein solide erzählter Film mit einigen innovativen Einschüben, aber ohne große Höhepunkte. Beeindruckend ist insbesondere die Found-Footage-Sequenz, die den Film eröffnet und in der eine Schamanin einen traditionellen Exorzismus durchführt, bei dem sie von einer unsichtbaren Präsenz grausam ermordet wird. Gerade Exorzismen erfreuen sich in den letzten Jahren in südkoreanischen Filmen und Dramen großer Beliebtheit und dienen oft als Verbindung von traditionellen Riten mit dem christlichen Glauben. Die Handlung folgt anschließend aber vor allem den klassischen Genre-Formeln und bietet stereotype Elemente wie das unheimliche Haus mit geräuschvoller Kulisse, die imaginären Freund*innen, bedrohliche Träume, Geister und Exorzismen.
Die Grundlage für The Closet ist die Sprachlosigkeit zwischen Kindern und Eltern in der heutigen, südkoreanischen Gesellschaft, in der das Berufsleben so anspruchsvoll ist, dass wenig Raum für familiäre Interaktion bleibt. Die übernatürlichen Ereignisse fügen sich in das Narrativ und verleihen Yi-nas Schmerz und Frustration über ihren Vater ein stärkeres Gewicht. Aber nicht nur Yi-na wird zum Eckpfeiler des übernatürlichen Einbruchs, auch Sang-wons Schuldgefühle bestärken die Ereignisse, da er über seiner Karriere als Architekt die Erziehung seiner Tochter vernachlässigt. Je größer dieses schlechte Gewissen und die Vernachlässigung werden, desto stärker werden auch die geisterhaften Erfahrungen. In The Closet wird er für sein Verhalten verdammt seine zeitweilige Gleichgültigkeit auf eine Stufe gestellt mit Eltern, die ihre Kinder auch physisch misshandeln. Das Grauen speist sich aus verheerenden Enthüllungen, die sich zu einer Mahnung aufbauen, die deutlich macht, dass nicht nur Handlungen Konsequenzen haben, sondern auch Untätigkeit.
Dabei bietet der Schrank in Yi-nas Zimmer dem Mädchen einen Zufluchtsort in dem großen, einsamen Haus, das sich in das hervorragende Produktionsdesign von The Closet einfügt. Es sind die gut gemachten Effekte, durch die sich die Grenzen zwischen realer und übernatürlicher Welt auflösen. Das letzte Drittel des Films wird durch eine Reise in die Geisterwelt dominiert, eine alptraumhafte Kulisse voller lebhafter Farben und getränkt von einer beängstigenden Atmosphäre. Insbesondere durch die Verwendung von verschiedenen Lichtelementen und der Farbpalette wird aus der vertrauen Welt des Kinderzimmers ein beunruhigendes Niemandsland.
Unterstützt wird Sang-won ab der Hälfte des Films von einem Exorzisten und der Film kippt für einige Minuten in eine Geisterjäger-Geschichte. Eine ungünstige tonale Verschiebung, die die Zuschauer aus der Geschichte zieht. Ha Jung-woo und Kim Na-gil sind beide Veteranen des koreanischen Films und ihre Erfahrung zeigt sich in den emotionalen Darbietungen, die aber leider keinen gemeinsamen Nenner finden. Die verschiedenen Charaktere der Schauspieler ergänzen sich nicht gut, denn im Gegensatz zu Kyung-hoon bleibt Sang-won ernsthaft und stoisch in seiner Rolle. Ha kann sich nicht angemessen zwischen den dramatischen und humorvollen Szenen bewegen, was wiederum zu einer gewissen Unausgeglichenheit führt, die Heo Yool wohl besser hätte auffangen können, hätte man ihr eine größere Rolle im mittleren Teil zugetraut.
Fazit
The Closet ist ein solider Einstiegsfilm in das südkoreanische Horrorgenre. Ein sich langsam entwickelnder Thriller, der sich ab der zweiten Hälfte zu einemübernatürlichen Horrorfilm entwickelt. Schrecken und Schockmomente sind wohldosiert, auch wenn der Film oftmals eine flüssige Erzählung und Charakterentwicklung vernachlässigt, um sich den visuellen Ideen hinzugeben. Kim erfindet das Rad nicht neu, bietet aber anderthalb Stunden gute Unterhaltung.
Bewertung |
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Unterhaltung | |
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Gesamtwertung |
ab 14.08.2020 im Handel
Bildquelle: The Closet © capelight pictures