The Girl with All the Gifts (2016) – Review
oder: Pandora + Pilze + Zombies
Originaltitel: |
The Girl with All the Gifts Großbritannien 111 min Colm McCarthy Mike Carey |
Inhalt
10 Jahre nach der „Zombie“-Apokalypse finden wir uns in einem abgeriegelten Militärstützpunkt der RAF wieder. Hier lernen wir unsere 11-jährige Protagonistin Melanie kennen, die zusammen mit anderen Kindern gefangen gehalten wird, während ein Team von Wissenschaftlerinnen versucht ein Gegenmittel gegen die Infizierten zu finden. Bis der Stützpunkt eines Tages von Infizierten überrannt wird…
Hintergründe
Der Film basiert auf Mike Careys gleichnamigen Kurzgeschichte. Carey ist sonst hauptsächlich als Autor für Comics beschäftigt und arbeitet für DC, Marvel und weitere Verlage. Für den Film adaptierte er seine eigene Vorlage zu einem Drehbuch und schreib gleichzeitig die Romanversion der Kurzgeschichte.
Als postapokalyptisches London durfte teilweise die ukrainische Stadt Pripyat herhalten, welche seit der Reaktorkatastrophe von 1986 in Tschernobyl unbewohnt ist und somit die perfekte Location darstellte.
Kritik
Mit The Girl with All the Gifts ist dem schottischen Regisseur Colm McCarthy ein außergewöhnlicher Vertreter des Zombie-/Infizierten-Genres gelungen.
Ich bin ein riesiger Zombiefan und das gilt sowohl für die langsamen Zombiemassen, als auch für die rasenden Infizierten. Wohlgemerkt in erster Linie dem modernen Zombie à la Romero, auch wenn ich die alten Voodoo-Zombies nicht verschmähe.
McCarthy schließt mit seinem Film an die zwei wichtigsten Vertreter des Genres an: George A. Romeros erste Dead-Trilogie (1968, 1978, 1985) und Danny Boyles 28 Days Later (2002). Schon das Setting zu Beginn erinnert stark an Romeros Day of the Dead (1985) und auch der Evolutionsgedanke, der der Dead-Reihe inhärent ist, wird hier in mehreren spannenden Facetten neu aufgegriffen. Zudem wird auch die Vermenschlichung und Individualisierung von Zombies weiter entwickelt. War Zombie Bub schon Sympathieträger in Day of the Dead, so treibt es The Girl with All the Gifts sogar noch weiter als Land of the Dead und stellt einen „Zombie“ in den Mittelpunkt der Geschichte. Kein absolut neuer Zugang, aber bisher eher in ZomCom-Gefilden zu Hause.
Andererseits setzt McCarthy auch lieber auf Infizierte. Nach eigenen Aussagen des Regisseurs könnte der Film durchaus ein Sequel zu 28 Weeks Later sein – und so fühlt er sich durchaus auch an einigen Stellen an. Folgend möchte ich noch etwas näher auf die Infizierten eingehen, dies ist allerdings ohne Spoiler nicht möglich:
Neben der, leider verspoilerten, wissenschaftlichen Perspektive bedient The Girl with All the Gifts auch die Mythologische. Der Titel ist schon eine Anspielung auf Pandora, was aus dem Griechischen übersetzt so viel bedeutet wie „die Allbeschenkte“, da sie von den Gottheiten mit vielen Geschenken und Gaben ausgestattet wurde. Die Geschichte von Melanie ist stark an den Mythos von Pandora angelegt. Aber ich will jetzt nicht zu viel über die Büchse der Pandora, all die Plagen und die Hoffnung verraten. Es ist aber auf jeden Fall spannend sich vor der Sichtung noch einmal die Geschichte vor Augen zu führen, um dann zu sehen wie diese hier ausgelegt wird.
Ein weiterer großer Pluspunkt ist das Setting. Das verfallene London sieht einfach umwerfend aus. Assoziationen mit 28 Days Later drängen sich natürlich wieder einmal auf. Aber auch I Am Legend, The Last One of Us, Children of Men und auch die Doku-Serie Zukunft ohne Menschen sind nicht weit. Colm McCarthy betont in Interviews auch gerne wie sehr er davon fasziniert ist, wenn sich die Natur Gebiete quasi wieder zurückerobert. Ein großes Vorbild seinen Aussagen nach war auch Gareth Edwards‘ Monsters. Man merkt, dass hier sehr viel Zeit und Liebe in die Auswahl und Gestaltung der Locations geflossen ist und das Ergebnis ist beeindruckend.
Ein tolles Setting nützt natürlich nichts, wenn es egal ist, wer durch dieses stolpert, aber auch hier kann ich nur schwärmen. Mit Glenn Close, Gemma Arterton und Paddy Considine sind tolle Schauspielerinnen am Start, aber funktionieren kann der Film natürlich nur mit einer guten Besetzung der 11-jährigen Melanie. Das Casting von über 500 Mädchen hat sich allerdings bezahlt gemacht, denn Sennia Nanua spielt die herausfordernde Rolle mit Bravour.
Auch wenn ich The Girl with All the Gifts noch länger in den Himmel loben könnte, will ich langsam mal zu einem Ende kommen, bevor das alles ohnehin niemand mehr liest. Colm McCarthys Debut schafft die Gratwanderung zwischen Horror, Drama und Humor fast perfekt. Im letzten Drittel überwiegt für mich der Humor-Anteil etwas zu sehr, aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Ich wage zu behaupten, dass The Girl with All the Gifts der beste Genrebeitrag seit 28 Days Later darstellt, denn er beherrscht die Genre-Klaviatur nicht nur perfekt, er schafft es auch ihr neue Facetten abzugewinnen. Eines meiner absoluten Highlights der letzten Jahre, den ihr euch nicht entgehen lassen solltet.
Bewertung |
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Spannung | |
Atmosphäre | |
Gewalt | |
Ekel | |
Story |
Bildquelle: The Girl with All the Gifts © Altitude Film Entertainment
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