Kritik

The Devil’s Rejects (2005) – Review

The Devil’s Rejects ist eine einzige filmische Geschmacklosigkeit und ein Affront gegen die Moral. Aber das ist längst nicht alles, was wir an Rob Zombies abgedrehtem Roadmovie lieben.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

The Devil’s Rejects
USA
109 Minuten
Rob Zombie
Rob Zombie
Sid Haig, Sheri Moon Zombie, Bill Moseley u.a.

Inhalt

Einige Monate nach den blutigen Ereignissen aus Haus der 1000 Leichen stürmt die Polizei die Farm der Familie Firefly. Mit von der Partie ist Sheriff Wydell (William Forsythe, Halloween), der ganz persönliche Gründe für seine Vendetta gegen die Fireflys hat und sich bei seinem Rachefeldzug nicht unbedingt ans Gesetz hält. Doch den Geschwistern Otis (Bill Moseley, Texas Chainsaw Massacre 2) und Baby (Sheri Moon Zombie, Halloween II) gelingt die Flucht. Gemeinsam mit Familienoberhaupt Captain Spaulding (Sid Haig, Bone Tomahawk) ziehen sie auf der Suche nach einer sicheren Bleibe durch das Land und hinterlassen eine Spur der Verwüstung.

Kritik

Rob Zombie hat seinen Stil definitiv gefunden und The Devil’s Rejects trägt unverkennbar die Handschrift des Regie-Rowdys. Böse Zungen würden nun behaupten, diese Handschrift bestünde vor allem in der mannigfaltigen Variation des Wortes „Fuck“, einer überstrapazierten Hillbilly-Ästhetik und dem Abfilmen von Sheri Moon Zombies entblößtem Knackpo. Wo andere Filmemacher Berührungsängste mit dem Trivialen haben, zelebriert Rob Zombie es geradezu. Zugleich merkt man seinen Filmen aber auch eine tiefe Liebe zum Genrekino und vor allem eine profunde Kenntnis desselben an. Damit ist nicht das Zitieren filmischer Vorbilder gemeint, obgleich Rob Zombie sich – und uns – den ein oder anderen Fanservice gönnt.

The Devil’s Rejects ist eine Hommage an die Kultfilme des Terrorkinos, von Tobe Hoopers Blutgericht in Texas bis hin zu Wes Cravens Hügel der blutigen Augen, aus dem Zombie gleich mal Genre-Ikone Michael Berryman übernommen hat. Schon die ausgeblichene Optik des Super-16mm-Filmmaterials wirkt seltsam fremd in einem Film aus dem 21. Jahrhundert. Sie unterstützt die unvermittelte Rohheit der Bilder, die The Devil’s Rejects mit seinen Vorbildern gemein hat. Wo in Hoopers Kettensägenmassaker jedoch das meiste noch der Fantasie überlassen blieb, ist Zombie weniger zurückhaltend und setzt – genau wie Alexandre Aja, der kurz darauf das Remake zu Hügel der blutigen Augen drehte – auf drastische Gewaltdarstellungen. Das Blut fließt, die Schädel zerplatzen und die Gedärme spritzen in Großaufnahme oder wie Otis es formuliert: „Ich bin der Teufel und was ich tue ist des Teufels Werk.“

The Devil’s Rejects nimmt uns mit an einen Ort, wo Kannibalismus und Nekrophilie noch als exzentrische Vorlieben goutiert werden, das Familienalbum mit nostalgischen Erinnerungsfotos grausam verstümmelter Leichen gespickt ist und man es mit Verwandtschaftsverhältnissen im Zweifelsfall nicht so genau nimmt. Die Südstaaten: vom Gros der amerikanischen Gesellschaft ebenso argwöhnisch beäugt wie vom europäischen Horrorfilm-Fan, der genügend Backwood-Slasher konsumiert hat, um zu wissen, was er von den Hinterwäldlern zu erwarten hat. Rob Zombie spielt dieses Redneck-Klischee einerseits vollkommen aus – da wird ebenso routiniert übers Hühnerficken gesprochen wie andernorts übers Wetter – und bricht doch damit.

Denn die Familie Firefly hat einen geradezu unerhörten Outlaw-Charme. Die Fortsetzung verabschiedet sich vom Genre des Backwood-Slashers und verpflanzt die kultigen Charaktere aus dem ersten Teil stattdessen in eine Mischung aus alten Western und Roadmovies im Stil von The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz oder Bonnie und Clyde. Unterlegt wird dieser Trip in die Vergangenheit von einem eingängigen Soundtrack, der wie ein wieder aufgetauchtes Mixtape aus den 70er Jahren klingt und von bekannten Southern-Rock-Bands wie Lynyrd Skynyrd und den Allman Brothers dominiert wird. Dazu haben Rob Zombies Antihelden stets einen flotten Spruch auf den Lippen: Wie sein Vorgänger, strotzt auch The Devil’s Rejects vor bitterbösem Humor – doch wenn man lacht, dann nur auf Kosten der Opfer.

Im Gegensatz zum klassischen Terrorkino sind die mordenden Hinterwäldler hier nämlich nicht mehr die Antagonisten, sondern die primären Identifikationsfiguren. Wie aber bringt man die Zuschauer dazu, dass sie am Ende mit den perversen Sadisten mitfiebern? The Devil’s Rejects erzeugt diesen Ambivalenzkonflikt erstaunlich einfach. Während der Gesetzeshüter Sheriff Wydell sich bei seiner Auslegung von Gerechtigkeit mit Vorliebe von alttestamentarischen Rachevorstellungen leiten lässt, funktioniert der moralische Kompass der Fireflys zwar auch nicht gerade einwandfrei – doch sie verkörpern Freiheit, Rebellion und Selbstbestimmung. Ihnen gegenüber stehen eben jener bigotte Sheriff und die Opfer, deren gesichtslose Spießigkeit den Zuschauer geradezu angähnt. Da fällt die Wahl nicht schwer. Und ohne dass The Devil’s Rejects die Taten seiner Protagonisten gutheißen würde, wird eines mehr als deutlich: Rob Zombie liebt seine Figuren. Und man kann es ihm nicht mal verübeln.

Fazit

Rob Zombies Entwicklung als Filmemacher ist beachtlich: Zwischen Haus der 1000 Leichen und The Devil’s Rejects liegen gerade einmal zwei Jahre und dennoch Welten. Das Sequel ist eine Verbeugung vorm Genrekino – sei es Western, Roadmovie oder Horrorklassiker – und dennoch mehr als nur ein Spiel mit filmischen Referenzen.

Bewertung

Grauen Rating: 3 von 5
Spannung Rating: 3 von 5
Härte  Rating: 5 von 5
Unterhaltung  Rating: 5 von 5
Anspruch  Rating: 3 von 5
Gesamtwertung Rating: 5 von 5

Bildquelle: The Devil’s Rejects © Tiberius Film

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

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