Kritik

Halloween (1978) – Review

Ist es im Jahr 2019 wirklich nötig sich noch einmal an John Carpenters Slasher-Klassiker Halloween abzuarbeiten? Ein seit Jahrzehnten zementierter Kultstatus mit zig Adaptionen, Remakes und Sequels, was soll es da heute noch zu sagen geben? Die Antwort ist klar: so einiges. Schließlich hat der Film nichts von seiner Bedeutung eingebüßt, was nicht zuletzt die zu diesem Zeitpunkt noch kein Jahr alte Adaption des Stoffes von 2018 beweist.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Halloween
USA
91 Minuten
John Carpenter
John Carpenter, Debra Hill
Donald Pleasence, Jamie Lee Curtis, Tony Moran u.a.

Inhalt

1963: Im ruhigen Städtchen Haddonfield, Illinois, kommt es in der Halloweennacht zu einem schrecklichen Zwischenfall. Der sechsjährige Michael Myers (Will Sandin) ermordet seine 17-Jährige Schwester Judith brutal. Er wird daraufhin im Smith’s Grove Warren County Sanatorium untergebracht und verschwindet für die nächsten 15 Jahre in der Versenkung.

1978: Für die Schulfreundinnen Laurie (Jamie Lee Curtis, The Fog – Nebel des Grauens), Annie (Nancy Keyes, Assault – Anschlag bei Nacht) und Lynda (P. J. Soles, Carrie) sind die Ereignisse jener Nacht vor 15 Jahren längst in Vergessenheit geraten. Während Annie und Lynda die Nacht der Geister und Dämonen mit ihren Freunden planen, verdient die eher introvertierte Laurie sich ein paar Dollar mit Babysitting dazu. Was die Freundinnen nicht wissen: Michael entkommt am Abend vor Halloween aus der Geschlossenen. Sein Therapeut Dr. Sam Loomis (Donald Pleasence, Die Fürsten der Dunkelheit) heftet sich an seine Spur. Denn eines ist klar: Der Weg führt nur in eine Richtung, zurück nach Haddonfield…

Kritik

Mit Halloween schaffte es John Carpenter bereits früh in seiner Karriere, sich ein unvergessliches Denkmal zu setzen. Bei einem Budget von gerade einmal 325.000 US-Dollar spielte der Film in den USA 47 Millionen ein und gehört damit zu den erfolgreichsten Independentfilmen aller Zeiten. Der Erfolg des Films dürfte mehrere Ursachen haben.

Zunächst einmal schafft es Carpenter zielsicher das richtige Verhältnis von Spannung und Erleichterung zu finden. Der Film lässt sich Zeit, ohne dabei auch nur eine Sekunde für Gimmickspielereien zu verschwenden. Carpenter nutzt die Zeit viel mehr um eine drückende, bedrohliche Atmosphäre zu kreieren, die in scharfem Kontrast zum beschaulichen Leben der amerikanischen Vorstadtprovinz steht.

Extrem zuträglich sind hier sowohl Soundtrack als auch Sounddesign. Die Titelmelodie, die sowieso und vollkommen zurecht einen eigenen Kultstatus erworben hat, fräst sich mit der ersten Sekunde in die Gehörgänge und jedes mal wenn sie wieder einsetzt, wächst die Vorahnung der schrecklichen Ding, die in den Schatten lauern. Zusätzlich schafft es das gekonnte Spiel mit Stille, die immer wieder für Millisekunden von fast schon industriellen Sounds gebrochen wird, das Bild, das sich ähnlich einer Gewitterwolke ab der ersten Sekunde zu formieren beginnt, akustisch zu untermalen.

Laurie Strode und Michael Myers in Halloween

So verwundert es absolut nicht, dass die Morde weniger grausam und blutig, als viel mehr mit einer emotionalen Kälte ausgeführt werden, die einem das Blut gefrieren lässt. Es sind auch weniger die Morde selbst, die das Grauen verursachen, sondern die Arbeit auf das Verbrechen hin. Der Wechsel von Spannung und Entspannung, Geräusch und Stille, Sehen und Verbergen. Halloween bewegt sich durchgängig entlang dieser Grenzen, sodass diese mit der Zeit immer mehr verwischen. Und wenn der erste Mord geschieht, ist man geradezu erleichtert, dass es endlich begonnen hat. Doch auch hier bricht sich kein blutiger Tornado Bahn, in dem alles zu versinken droht, vielmehr wird das Spiel wiederholt, nur die Latenzzeiten verringern sich.

Und schließlich darf auch der Bösewicht Michael Myers selbst nicht unerwähnt bleiben. Mit seinem reduzierten Erscheinungsbild, bestehend aus Maske (ursprünglich eine modifizierte Captain-Kirk-Maske), grauem Overall und Küchenmesser, ist Myers zu einer Ikone des Horrors geworden und steht in einer Reihe mit Figuren wie Freddy Krueger, Pinhead und Jason Voorhees. Doch im Vergleich zu insbesondere den ersten beiden, bietet Michael keinen „comic relief“, keine markigen Punchlines, die die Spannung aufbrechen können. Sein schweres Atmen ist das einzige Geräusch, das er von sich gibt. Myers lebt von seinem Schweigen. Von seiner Gesichtslosigkeit und seiner Rätselhaftigkeit. Abgesehen von der Anfangssequenz im Jahr 1963 und der Beschreibung durch seinen Psychiater, erfahren wir nichts über ihn. Er bietet keine Identifikationspunkte, keinen Raum für Sympathie.

Michael Myers in Halloween

Während Gestalten wie Krueger und Pinhead noch eine gewisse Coolness besitzen und man zumindest geneigt ist, Mitleid mit der Geschichte des jungen Voorhees zu haben, befindet sich hinter der bleichen, regungslosen Maske von Michael nur Leere. Das reine Böse, hinter den Augen des Teufels, wie Loomis an einer Stelle im Film treffend sagt. Die Stärke von Carpenters Kultbösewicht liegt genau hier: Er hat keine Geschichte, keine Identität und mit Sicherheit keine rationalen Gründe für das, was er tut. Er wird zur Projektionsfläche für alles Unverständliche, für die Unabwägbarkeiten des Lebens. Er ist die Inkarnation der existentialistischen Ängste, der irrationalen Gewalt, die wir aus unserem bürgerlichen Dasein zu verbannen versuchen, die aber immer in den dunklen Winkeln der Welt lauert, um über uns herzufallen.

Fazit

Auch heute hat Halloween nichts von seiner Strahlkraft verloren. Seine Stärke liegt insbesondere in der Schaffung einer bedrohlichen Atmosphäre ständiger Spannung und dem stetig heraufziehenden Unheil. Diese Atmosphäre verschwindet niemals ganz, selbst in den Momenten der Entspannung bleibt immer ein ungutes Gefühl zurück. Dies wird in hohem Maße unterstützt durch den Soundtrack und nicht zuletzt die Figur von Michael Myers, die den Zuschauer mit ihrer gesichts- und stimmlosen Präsenz geradezu einlädt, verborgene Ängste und Unsicherheiten auf sie zu projizieren. Dies mag nun nicht die innovativste Form von Horror sein und auch die Geschichte selbst ist im Grunde schlicht gehalten. Doch die exzellente Umsetzung von Carpenter spricht für sich und ist auch heute noch nervenaufreibend spannend. Halloween ist daher zu recht eine der Schablonen des Slasher-Genres. Falls es noch immer Menschen gibt, die das nicht wahrhaben wollen, sei ihnen an dieser Stelle gesagt: Das nächste Halloween kommt bestimmt und Legenden sterben nicht. Michael Myers ist der lebende Beweis.

Bewertung

Grauen Rating: 4 von 5
Spannung Rating: 5 von 5
Härte Rating: 3 von 5
Unterhaltung Rating: 4 von 5
Anspruch Rating: 2 von 5
Gesamtwertung Rating: 4 von 5

Bildquelle: Halloween © Concorde Home Entertainment

Horrorfilme… sind für mich das Erkennen, Überschreiten und Herausfordern von gesellschaftlichen Grenzen durch abgründige Ästhetik und damit Kunst in ihrer reinsten Form. Vor allen Dingen machen sie aber einfach unfassbar Spaß.

...und was meinst du?