Die Kunst des toten Mannes (2019) – Review
In der Netflix-Produktion Die Kunst des toten Mannes versucht sich Regisseur und Drehbuchautor Dan Gilroy an einer Mischung aus Thriller und Kunst-Satire mit großem Fokus auf die dunkle Seite der Welt des Handels mit moderner Kunst. Wie gut ihm dieser spannende Versuch gelingt, erfahrt ihr hier.
Originaltitel: |
Velvet Buzzsaw USA 112 Minuten Dan Gilroy Dan Gilroy Jake Gyllenhaal, Toni Collette, Rene Russo u.a. |
Einer jungen, aufstrebenden Agentin, einem visionäreren Kritiker und einer unbarmherzigen Galeristin fallen Gemälde eines erst kurz verstorbenen, unbekannten Künstlers in die Hände.
Auf alle, die diese betrachten, haben die Bilder eine hypnotisierende Wirkung. Doch diese entwickelt sich für alle Beteiligten schnell zur Gefahr.
Die Kunst des toten Mannes wirft uns unmittelbar in eine große Vernissage in Miami. Auf dieser lernen wir nach und nach alle Hauptcharaktere kennen und auch bereits einige ihrer Eigenarten.
Wirken zu Beginn noch alle Akteure in gewisser Weise sympathisch, so lassen sie in der ersten Hälfte alle nacheinander ihre Masken fallen und offenbaren sich dem Zuschauer als profitorientierte und karrieregeile Kommerzsklaven. Hier wird die erwähnte Kritik am globalen Kunstmarkt deutlich, auf dem künstlerisches Talent dem Kommerz untergeordnet wird und aufstrebende Künstler nur ein Mittel zum Zweck sind, um die eigenen Taschen der Agenten und Kritiker zu füllen.
Soweit zum Kerngedanken des Films. Die gegebenen Einblicke in die Kunstwelt und in die schmutzigen Seiten dieser wirken an einigen Stellen jedoch ziemlich hektisch und unkoordiniert. Dies könnte ein beabsichtigtes Stilelement sein, um die Schnelllebigkeit des Kunstmarktes darzustellen und wie inflationär „Neues“ auf diesem ist. Falls dem so ist, verfehlt es allerdings sein Ziel und ruft beim Zuschauer eher Verwirrung hervor als ein Verständnis für zwielichtige Machenschaften zu schaffen. Trotzdem sind die arglistigen Machtspielchen hinter den Kulissen noch ausreichend mit Spannung versehen, sodass der Zuschauer vorerst noch gut bei Stange gehalten wird. Denn interessant sind diese Einblicke mit den satirischen Überspitzungen allemal.
Circa ab der Hälfte driftet Die Kunst des toten Mannes dann in den Thriller-/Horror-Bereich ab. Leider kann diese Seite des Films dem Grundsetting nicht ganz gerecht werden. Wahrscheinlich wusste Regisseur und Drehbuchautor Dan Gilroy (Nightcrawler) nicht so recht, in welche Richtung seine durchaus interessante Geschichte denn nun letztendlich verlaufen soll.
Bedrohliche impressionistische Maltechniken und sich bewegende und verändernde Bilder sollen wohl den Mystery-Anteil erhöhen, schaffen es bis auf eine gewisse Unruhe aber nicht, den gewünschten Grusel zu erzeugen. Hier ist das Drehbuch an einigen Stellen einfach zu undurchdacht. An Ideenreichtum mangelt es ihm zwar bei Weitem nicht, allerdings wirken die meisten Einfälle unausgegoren und fügen sich nicht so recht zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen.
Die Horrorelemente sind leider ebenso bestenfalls billiger Budenzauber. In dieser Form hat man das Gezeigte schon hunderte Male gesehen und lockt somit selbst die gutmütigsten Genre-Fans nicht mehr hinter dem Ofen hervor. An der handwerklichen Inszenierung der Todes-Szenen scheitert Die Kunst des toten Mannes definitiv nicht. Eine unerwartet heftige Splatterszene beispielsweise ist zwar sehr effektiv aber dabei leider ebenso vorhersehbar wie sie deftig ist. Da die übrigen jedoch immer nach demselben bekannten Schema ablaufen, wirken diese spätestens nach dem zweiten Tod sehr ermüdend: Eine Nachtszenerie, in der eine Figur allein in einem dunklen Raum zurückbleibt. Übernatürliche Erscheinungen. Stille. Ein Jumpscare. Erneute Stille und tot.
Hier hätte es dem Film wahrscheinlich besser getan, noch mehr an der Mystery-Schraube zu drehen, anstatt krampfhaft klassische Gruselelemente unterbringen zu wollen. Wenn der Fokus des restlichen Films nämlich so stark auf der Kunstwelt-Satire liegt, dann wirken diese doch eher wie ein Mittel zum Zweck, um hieraus irgendwie einen Thriller-/Horrorfilm machen zu wollen.
Ein ganz großer Pluspunkt, der Die Kunst des toten Mannes dann doch noch positiv hervorstechen lässt, ist die Leistung des Schauspieler-Ensembles. Ein wie immer phänomenaler Jake Gyllenhaal (Donnie Darko) brilliert in seiner Darstellung des bisexuellen, hochnäsigen und schrulligen Kunst-Kritikers, für den bald schon deutlich mehr auf dem Spiel steht als nur seine Karriere. Dass dieser Mann noch keinen Oscar sein Eigen nennen darf, grenzt schon fast an Blasphemie. Mit seinem hervorragend überspitzten Schauspiel sticht er sogar Toni Collette (Hereditary) aus, die natürlich trotzdem, ebenso wie ihre Kollegin Rene Russo (Nightcrawler), überdurchschnittlich gut spielt. Und trotzdem schafft es das Drehbuch leider nicht, seine Figuren mit ausreichend Sympathie auszustatten. Die meisten Tode lassen eher kalt, statt zu berühren.
Alles in allem ist Die Kunst des toten Mannes ein interessanter Film, der neben einem wie immer herausragenden Jake Gyllenhaal hauptsächlich mit seiner Prämisse und der Grundidee punkten kann. Deutliche Schwächen in Storytelling und Spannungsaufbau lassen ihn allerdings zur halbgaren Durchschnittskost verkommen, die es sich hauptsächlich wegen ihrer Darsteller lohnt zu verzehren, ansonsten aber getrost vernachlässigt werden kann.
Bewertung |
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Spannung | |
Atmosphäre | |
Gewalt | |
Ekel | |
Story |
Bildquelle: Die Kunst des toten Mannes © Netflix