Interview mit Dieter Laser (u.a. The Human Centipede)
Dieter Laser, den wohl viele Freunde des Horrorgenres besser als Kultfigur „Dr. Heiter“ kennen, hat eine lange, erfolgreiche Karriere hinter sich. Wir führten ein Interview mit dem deutschen Schauspieler und Ikone der Human-Centipede-Filme, der auf eine Menge internationale Erfolge zurückblicken kann.
Hallo Herr Laser! Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns ein paar Fragen zu beantworten.
Sehr gerne!
Als große Fans Ihrer Schauspielkunst, macht es uns äußerst glücklich, dass wir Sie für dieses Interview gewinnen konnten.
Ich freu mich auch.
Zu allererst; wie geht es Ihnen?
Danke! Es geht mir sehr gut.
Sie haben eine beeindruckende Karriere vorzuweisen. Unter anderem drehten Sie mit Größen wie Donald Sutherland, Burt Lancaster und John Malkovich. Mit welchem dieser großen Stars konnten Sie am besten zusammenarbeiten?
Mit dem brillanten Donald Sutherland war ich nur im selben Film Baltic Storm. Wir hatten leider keine gemeinsamen Szenen. Um so intensiver war die herrliche Zusammenarbeit mit John Malkovich im Film The Ogre. Ich habe John bei den Proben bewundert, wie er kleinste Zufälle sofort in seine Rolle einbaute, und er gab mir die Ehre beim Einleuchten unserer Szenen auf sein Lichtdouble zu verzichten und alles gemeinsam einzurichten.
Mit Burt Lancaster und Julie Christie in Fathers and Sons war die Zusammenarbeit genauso traumhaft. Burt war ein Vorbild an Fleiß, Disziplin und Konzentration. Wenn er nach einer Szene sagte: „Dieter, we had a good atmosphere!“ war der Tag gerettet und Julie Christie musst du nur in die Augen schauen und jede Szene läuft scheinbar wie von selbst, weil für Julie einzig und allein Emotionen zählen.
Auf welche Filmrolle sind Sie rückblickend besonders stolz?
Auf keine. Ich blicke nie zurück. Ich freue mich bei Premieren, wenn ich kaum glauben kann, dass ich das bin, der da oben rumhüpft. Ansonsten zählen nur Gegenwart und Zukunft und die bereits gespielten Rollen gehören den Fans.
Mit welchem Ihrer Schauspielkollegen haben Sie die besten Erfahrungen gemacht?
Für mich gibt es nur zwei Kategorien von Schauspielern. Die einen haben nur Scheiße im Kopf: Wie sehe ich aus, wie bin ich beleuchtet, wo ist meine Schokoladenseite, wie kann ich meinen Partner ins Schleudern bringen, wie kann ich die Aufmerksamkeit des Publikums von ihm ablenken, um besser dazustehen als er oder sie etc. etc. Dazu gibt es tausend raffinierte Tricks aber auch tausend raffinierte Gegenmittel. Doch wenn du diese Gegenmittel benutzen willst, hast du natürlich plötzlich selber die gleiche Scheiße im Kopf und bist am Arsch, denn man kann das sehen und riechen.
Die zweite Kategorie sind Schauspieler “reinen Herzens“ wie ich das ganz simpel nenne. Denen geht es um Inhalte, um den ganzen Film, um die Story: Was ist die Botschaft, was will ich auf welche Art erzählen, wen und was muss ich auf welche Weise unterstützen, um das beste Gesamtergebnis zu erreichen. Stellvertretend für viele dieser Kollegen nenne ich nur drei Namen: John Malkovich, Jürgen Prochnow, Klaus Löwitsch.
Sie haben im Laufe Ihrer Karriere unter einigen namhaften Regisseuren wie zum Beispiel Volker Schlöndorff, Rainer Erler und Wolfgang Petersen gespielt. Welcher davon hat Ihnen am meisten abgefordert?
In Bezug auf Timing und Präzision hat Wolfgang Petersen am meisten abgefordert und ich musste mir einen gewissen Freiraum zum “Spielen“ erst mal erarbeiten. Auf der anderen Seite hat er mich wie kein zweiter von vornherein in alle Pläne eingeweiht – bis hin zu einzelnen Schnittfolgen.
Aufgrund Ihrer Rollen in den Human Centipede Filmen sind Sie im Horrorgenre zu einer Kultfigur geworden. Wie ging es Ihnen als Sie zum ersten Mal von Tom Six‘ Idee des Films hörten und wie reagierten Ihre Schauspielkollegen auf diese Werke?
Tom hat mir beim Kennenlernen den gesamten Film in Echtzeit erzählt und ich war begeistert, weil ich nur den durchgeknallten Wissenschaftler Dr. Heiter aber nicht den Verdauungstrakt des Centipede vor Augen hatte. Als das Drehbuch eintraf habe ich dann massiven Schiss vor deutschen Kollegen, Regisseuren, Produzenten, Fernsehsendern und Kritikern bekommen. Ich habe keine Ahnung wie meine deutschen Schauspielkollegen letztendlich auf die Centipede-Werke reagiert haben und es kümmert mich inzwischen auch recht wenig. Das große Lob von Kollegen und Kritikern in England und in Amerika (Best Actor at the Austin Fantastic Fest) reicht mir vollkommen.
Gerade in der Horrorcommunity werden Sie stark auf The Human Centipede reduziert, ohne ihre lange und vielfältige Filmographie zu beachten. Ärgert Sie das manchmal?
Das ärgert mich überhaupt nicht. Ich freue mich sehr, wenn Leute unbeeinflusst und ohne jede Vorkenntnisse auf den Schauspieler Laser abfahren.
Wie haben Sie sich auf die Rolle des Dr. Heiter vorbereitet?
Laut Drehbuch war Dr. Heiter ein ehemaliger Spezialist für die Trennung siamesischer Zwillinge. Das brachte mich auf die Idee aus ihm einen zeitlosen Nazi zu basteln. Eine Comic-Figur in Anlehnung an den Todesengel Dr. Josef Mengele, der unter anderem auch mit Zwillingen experimentiert hat. Ein SS-Gott in weiß, der andere Menschen wie Ungeziefer behandelt und der am Ende selber nur noch wie ein menschlicher Tausendfüßler über seine blutverschmierten, ehemals weißen Kacheln kriechen kann. Mit diesem Konzept war der Schiss vor der Rolle Dr. Joseph Heiter gegessen und der schöne Fachausdruck analfixiert hat durch den Film eine ganz neue, spezielle Bedeutung für das Verhalten alter und neuer Nazis gewonnen.
Wie viel steckt von Ihnen und wie viel von Tom Six in der Rolle von Dr. Heiter?
Tom hat mir enorm viel Freiheit gegeben! Ich habe noch nie so viel improvisiert, weil ich völlig angstfrei arbeiten konnte. Ansonsten ist alles genauestens miteinander abgesprochen und wir rechnen niemals gegeneinander auf, wie viel von wem im Endergebnis steckt – das ist ein Gemeinschaftsprodukt.
Ihrem Auftritt bei Pantoffel-TV konnte man entnehmen, dass es bei einer deutschsprachigen Veröffentlichung zu Human Centipede 3 zu lang anhaltenden Schwierigkeiten, ausgelöst, durch den scheinbar unseriösen Rechteinhaber kam. Nun plötzlich tauchte vor kurzem dennoch eine Version auf, die Sie aber nicht selbst synchronisierten.
Das ist richtig. Obwohl ich in meinem Vertrag mit Six-Entertainment das Recht auf die Eigene Stimme habe, wurde diese Version ohne mein Wissen, also illegal hergestellt.
Ohne diese deutschsprachige Fassung gesehen zu haben, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass diese ohne Ihre eigene Synchronisation funktioniert. Haben Sie die deutsche Version gesehen?
Ja! Ich finde sie grauenvoll. Sie ist absoluter Schrott und funktioniert nicht die Bohne.
Ich hatte bei der UK-Fassung den Eindruck, dass gerade Ihre verbalen Ausdrucksformen enorm wichtig für Ihr Overacting sind.
Das stimmt! Die Übersetzung ist eine stinke-langweilige Verharmlosung aller Übertreibungen der Comic-Figur Bill Boss und enthält massive inhaltliche Fehler!
Eine Neusynchronisation lehnten Sie ja, wie man auf Ihrer Facebook-Seite lesen konnte, ab.
Ja! Weil man mir nur anbieten konnte, die Rolle Bill Boss mit der eigenen Stimme auszutauschen. Der Rest ist aber so grottenschlecht, dass ich nichts damit zu tun haben möchte.
Eine Frage, die natürlich jedem Horrorfan auf der Seele brennt: Darf man auf eine weitere Zusammenarbeit mit Tom Six hoffen?
Wir versichern uns gegenseitig immer wieder, dass wir ein Dream Team sind und dringend zusammen weitermachen wollen und müssen! Alles weitere liegt bei Tom.
Vielleicht sogar ein weiterer Teil der „Human Centipede“-Reihe?
Never say never again!
Sind Sie grundsätzlich ein Fan des Horrorgenres? Wenn ja, was sind ihre Lieblingsfilme?
Ich bin leider überhaupt kein Fan. Ich bin ein Fan von Das Schweigen der Lämmer – zu mehr reicht es bei mir nicht.
Unter welchem Regisseur würden Sie gerne mal arbeiten?
Ich arbeite mit jedem Regisseur gerne, der mich in Ruhe meine Arbeit machen lässt.
„November“ hat bereits einige Preise gewonnen und ausgezeichnete Kritiken wichtiger Fachleute geerntet. Wie sind Sie zu der Rolle gekommen?
Das war ursprünglich als estländisch-deutsche Koproduktion gedacht. Und die deutsche Produktionsfirma hat mir die Rolle The Baron angeboten, die ich zunächst ablehnte, weil sie mir einfach zu klein war. Nach einer Nacht drüber schlafen, hab’ ich gedacht: „Du musst das machen! Das Drehbuch ist einfach zu gut!“ – und habe zugesagt.
Nicht so die deutschen Fördergremien! Das Drehbuch wurde natürlich abgelehnt und mit einem ganzen Jahr Verspätung kam es schließlich zu einer neuen estländisch-niederländisch-polnischen Koproduktion. Die neuen Produzenten hielten aber an meiner Besetzung fest.
Wie waren die Dreharbeiten und auf was können wir uns freuen?
Die Dreharbeiten waren in bitterster estländischer Kälte ganz wunderbar. Und ich glaube der Film ist so wunderbar wie das Drehbuch.
Gesehen habe ich ihn leider noch nicht und hoffe sehr, dass Der Baron den schlimmsten Feind des Schauspielers, den Schneidetisch gut überlebt hat.
Sie haben im Laufe Ihrer Karriere umfassende Theatererfahrungen gemacht. Was bevorzugen Sie? Theater- oder Filmrollen? Was empfinden Sie als fordernder?
Beides sind gleichwertige Geschenke, die sich gegenseitig ergänzen! Es kommt einzig und allein auf’s “Herzblut“ an.
Was sind Ihre nächsten Projekte? Können Sie uns schon etwas verraten?
Ich hab’ zwei gefährlich hochgelobte Drehbücher auf der Pfanne. Ich träume davon wenigstens eines realisieren zu können.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Gerne!
Wir wünschen Ihnen alles erdenklich Gute für die Zukunft und hoffen noch viel von Ihnen zu sehen!
Das hoffe ich auch!
Titelbild: Dieter Laser von