Kritik

Leatherface (2017) – Review

Das Regie-Duo Bustillo und Maury entführt uns in die frühen Jahre des Kettensägenschwingers und erzählt uns die dunkle Geschichte des kleinen Jed Sawyers.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:

Leatherface
USA
90 Minuten
Alexandre Bustillo, Julien Maury
Seth M. Sherwood

Als der kleine Jed Sawyer seinen Geburtstag feiert, bekommt er von seiner Familie eine Kettensäge geschenkt. Woran könnte man diese auch besser austesten, als an einem vermeidlichen Schweinedieb, der aber beteuert unschuldig zu sein. Jed zuckt zurück und bringt es nicht übers Herz. Als es Wochen später zu einem folgenschweren Vorfall in der Scheune der Sawyers kommt, beschließt der wütende Polizist Hal Hartman, Verna Sawyer ihre Kinder zu entreißen und in eine psychologische Einrichtung zu stecken…

Einmal Vorgeschichte, hauchdünn, bitte

Ob und wann die im Horrorgenre geliebte Kultfigur Leatherface seine Entmystifizierung erlebt, war eigentlich nur eine Frage der Zeit. Nach Marcus Nispel (Michael Bay’s Texas Chainsaw Massacre), Jonathan Liebesman (Texas Chainsaw Massacre – The Beginning) und John Luessenhop (Texas Chainsaw 3D) durften sich nun die Horror-Masterminds Alexandre Bustillo und Julien Maury, die vielen schon durch ihr brachiales Terror-Werk Inside ein Begriff sein werden, an Tobe Hoopers und Kim Henkels Antiheld versuchen. Die Vorgeschichte soll es sein. Chronologisch noch vor Texas Chainsaw Massacre – The Beginning angesiedelt, gräbt Leatherface in den tiefen Anfängen des jungen Jed Sawyers. Als das Regisseur-Duo vor Release von ihrer Begeisterung über die Vorgeschichte sprachen, erwarteten viele einen tiefen Einblick in die psychische Entwicklung eines kleinen Jungen, der sich zum blutrünstigen Monster entwickelt. Streicht das aus euren Köpfen, bevor ihr den Film in euer Heimkinosystem schmeißt. Die Vorgeschichte ist weder kreativ, noch tiefgründig und endet schnell in einer Sackgasse, ehe die eigentliche Thematik in den Hintergrund rückt. Ja, man hatte schon fast das Gefühl, als würde man händeringend nach einer Geschichte suchen, die den psychologischen Kippschalter des Jungen erklärt, der dafür sorgte, dass er sich plötzlich in ein mordendes Ungeheuer verwandelt. Beginnt Leatherface noch mit interessanten Psycho-Ansätzen, so wechselt er seinen Schwerpunkt doch überraschend schnell und entpuppt sich als knallharter Roadmovie.

Stört das? Nein, nicht im geringsten. Denn anstatt sich wieder in eine bekannte Szenarie à la „Jugendgruppe gerät in die Fänge der Sawyers und versucht aus dem Anwesen zu fliehen“ zu stürzen, besticht Leatherface mit einem Handlungsstrang, der völlig wider jeglichen Erwartungen liegt. Zur Mitte des Filmes verliert man hier leider etwas den Faden, ehe man es gegen Ende allerdings schafft, seinen atmosphärischen Höhepunkt zu kreieren. Das ist etwas enttäuschend, wenn auch nicht weiter tragisch, denn langweilig wird es auch in der etwas verworrenen Phase dieses Werks nicht.

Leatherface

Gewalt, Gewalt und noch mehr Gewalt

Ja, Leatherface teilt aus; und zwar ohne Unterlass. Dass die FSK dem Werk der beiden Franzosen einen Strich durch die Rechnung machte und wiedermal großzügig die Schere ansetzte, sollte sofort nach der ersten Sichtung keinen mehr wundern. Wer den französischen Terror-Film Inside bereits gesehen hat, der sollte wissen, dass Bustillo und Maury nicht gerade zimperlich mit Gewaltdarstellungen umgehen und so liefert uns das Werk durch die Bank weg jede Menge bluttriefendes Gekröse. Hier kennt man kein Pardon. Leatherface macht keine Gefangenen, lässt uns keine Zeit für Gefühle und schlägt jedes mal offensiv zu, ohne eine Atempause zu gewähren. Dass die Gewalt somit immer weiter in den Vordergrund zu rücken scheint, zeichnet sich schnell als Handschrift des Duos ab und lässt uns in Erinnerungen bisheriger Auskopplungen schwelgen. Sowohl Michael Bays Remake, als auch Jonathan Liebesmans Kettensägen-Auskopplungen schlugen bereits in eine solche Kerbe und so machte man auch bei Leatherface keinen Hehl daraus, diesen Weg fortführen zu wollen. Die Kameraarbeit ist absolut fantastisch und überzeugt, vor allem in den Gore-Sequenzen, mit grandiosen Einstellungen. Selbst Freunde des Exploitation-Kinos werden kurzzeitig auf ihre Kosten kommen, worauf ich an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen möchte.

Leatherface

Was war jetzt eigentlich mit diesem Jungen?

Hofften wir auf die Entstehungsgeschichte eines mit der Kettensäge umherstreifenden Monsters, kommt gegen Mitte des Films die große Ernüchterung. Dort verliert man seinen eigentlichen Antiheld etwas aus den Augen, während die Nebencharaktere federführend nach vorne rücken. Das ist natürlich genau so schade, wie unsinnig, denn letztlich wird ab einem gewissen Punkt nicht weiter am avisierten Kernstück gearbeitet. Dort schwenkt der Verlauf und konzentriert sich plötzlich auf ein ganz anderes Ziel. Eigentlich schade, denn eine tiefergehende Durchleuchtung hätte ich mir dennoch gewünscht. Aber all das stellt kein schwerwiegendes Problem dar, denn aufgrund seines knackigen Erzählstils, lässt uns Leatherface nicht in Langeweile verkommen. Sollte man bereits die Vorgängerwerke der beiden Franzosen unter die Lupe genommen haben, so dürfte einem bereits im Vorfeld klar gewesen sein, dass sie eher Meister der visuellen Darstellung, als des komplexen Storyverlaufs sind.

Unter dem Strich machte mir Leatherface einen heiden Spaß. Die Story ist zwar weder tiefgründig noch sonderlich innovativ, dennoch so erfrischend und ansprechend in Szene gesetzt, dass ich jede Sekunde genießen konnte. Der Film ist roh, spannend und äußerst brutal. So kann ich Leatherface seinen Unterhaltungswert in keiner Weise absprechen. Wer ebenfalls die Schanuze voll von sich ständig wiederholenden Szenarien hat und die Sawyers auch mal abseits der altbekannten Kulisse erleben möchte, der wird hier voll auf seine Kosten kommen. Die-Hard-Fans des Kettensägenschwingers sollten allerdings gewarnt sein, denn mit Leatherface kommt ein Film daher, der aufgrund seines neuartigen Verlaufes, durchaus einige seiner Verehrer vor den Kopf zu stoßen weiß.

Für alle anderen – „The Saw is Family!“

Bewertung

Spannung Rating: 3 von 5
Atmosphäre Rating: 3 von 5
Gewalt  rating4_5
Ekel  Rating: 1 von 5
Story  Rating: 2 von 5

Bildquelle: Leatherface © Eurovideo

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Als großer Fan des Horror-Kinos, insbesondere der alten Schule, diskutiere ich immer gerne mit meinen Mitmenschen über das, was mir ein Film mitgibt. Ich freue mich darauf, mich mit euch über die unendlichen Weiten des Horror-Genres auszutauschen! :)

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