Interview mit Kasper Juhl (Monstrosity, Madness of Many, A God Without a Universe)
Liebe Hobbyschlachter und Nachwuchskiller,
wir haben uns vor kurzem in einem Double-Feature zwei Filmen des dänischen Underground-Regisseurs Kasper Juhl angenommen und zwar Madness of Many und A God Without a Universe. Um die Sache abzurunden haben wir bei Kasper für ein Interview angeklopft, wofür er sich glücklicherweise Zeit genommen hat.
Hi Kasper! Danke, dass du dir Zeit genommen hast ein paar Fragen zu beantworten. Nachdem wir uns in einem Double Feature deinen zwei Filmen A God Without a Universe und Madness of Many angenommen hatten und von beiden sehr beeindruckt waren, hat es uns besonders gefreut, dass du dem Interview zugestimmt hast.
Mit Vergnügen!
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Kompromisslos, transgressiv, spirituell und nicht wertend. Ich bin sehr von einer dokumentarischen Herangehensweise inspiriert und all meine Werke handeln von tiefgehenden, psychologischen, spirituellen Fragen über das Leben. Ich bin sehr interessiert daran Filme über Menschen zu machen, die anders sind.
Welche Regisseure bewunderst du am meisten und warum?
Werner Herzog, Lars Von Trier, Ingmar Bergman, Stanley Kubrick, Andrei Tarkovsky… Regisseure, die eindringliche, schöne und provokative Kunst machen. Filme, die mich emotional berühren.
Du bist Teil der Metalband Abscission. Wie groß ist der Einfluss der Band auf deine Filme und umgekehrt und wie wichtig ist dir Musik in Filmen?
Filme und Musik haben viel gemeinsam. Es geht hauptsächlich um Timing und das Aufeinander abstimmen. Ich sehe alle meine Filme wie ein musikalisches Arrangement. Als großer Fan aller Arten von Musik nimmt diese immer eine riesige Rolle in meinen Filmen ein – von einzelnen Liedern bis hin zur Geräuschkulisse. Die Musik und die Geräusche in meinen Filmen sind genauso wichtig wie die Bilder, wenn nicht sogar wichtiger.
Meine erste Assoziation mit dänischem Kino ist Dogma 95 und deren Gründer Lars von Trier und Thomas Vinterberg. Besonders LvT ist für seine kontroversen Filme bekannt. Hast du eine besondere Verbindung zu deren Filmen oder zum dänischen Kino allgemein?
Ich bin sehr inspiriert von diesem “Guerilla”-Filmemachen. Filme wie Vinterbergs Das Fest (1998) oder Triers Idioten (1998) hatten einen riesigen Einfluss auf meinen Zugang zum Filmemachen. Ich liebe es Standards wie man Filme macht zu durchbrechen. Für mich fühlen sich die Dogma-Filme wesentlich realer an, als alle anderen Filme, weil sie reduziert, roh und vollkommen in den Händen des Regisseurs sind. Sie fühlen sich eher an wie ein flüchtiger Blick ins reale Leben.
Als ich Madness of Many sah, erinnerten mich einige Szenen an Lucifer Valentine, natürlich besonders das Gekotze. Die Low-Key-Aufnahmen wirken wie „Deutscher Expressionismus trifft auf Hellraiser“. Was waren die wichtigsten Einflüsse auf den Film und auf dich allgemein?
Als ich Slaughtered Vomit Dolls (Anm.: von Lucifer Valentine) sah, veränderte das irgendwie mein Leben. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch nie etwas so extremes gesehen und hätte nie geglaubt, dass solche Filme überhaupt existieren. Er inspirierte mich dazu meinen eigenen Vomit-Gore-Film zu machen, aber auf meine eigene Art. Daraus entstand die Idee zu Madness of Many. Einige Szenen darin sind ein Tribut an Lucifer Valentines Filme. Der wichtigste Antrieb für Madness of Many war jedoch einen Film zu machen, der im Detail den Sinn des Lebens und Leidens beschreibt. Es war mein persönliches Ziel all meine Gedanken über unsere Existenz in diesem Film zu vereinen. Ganz allgemein inspiriert mich meine Umwelt, meine Gedanken, Träume oder Menschen generell.
Madness of Many erzählt eine sehr düstere und heftige Geschichte, aber nimmt sich dem Schmerz und Leiden auch in positiver Weise an. Man könnte zum Schluss fast von einem Happy End sprechen. Irgendwie wie eine Art optimistischer Nihilismus. Was war dein philosophischer Zugang zu dem Film?
Mein Ziel war zu beschreiben, dass der Tod eine Illusion ist und dass Menschlichkeit nicht anerzogen werden kann – sondern aus schmerzhaften Erfahrungen entsteht. Zu erzählen, dass alles einen Sinn hat. Dass wir das Leiden in unserem Leben brauchen. Es dreht sich im Leben alles um Gegensätze.
Madness of Many ist weit weg davon konventionelles Kino zu sein. Es gibt keine klare Struktur. Ich war permanent orientierungslos und versuchte herauszufinden was gerade los ist – besonders mit den wechselnden Schauspielerinnen. Warum hast du dich für diese nicht-lineare, surreale Art des Erzählens entschieden?
Für mich geht es in einem Film nicht um die Geschichte, sondern um Gefühle. Ein Film muss wie ein Gemälde sein. Für mich ist es die schönste Kunstform, da man hier fähig ist eine „hohe Intellektualität“ in einem Kunstwerk erfahrbar zu machen. In Madness of Many ist es Sache des Publikums die Einzelteile zu verbinden und das Puzzle zu vervollständigen.
Die Schauspielleistungen in A God Without a Universe waren brillant, besonders von Anne Sofie Adelsparre und Johannes Nymark. Wie hast du sie gefunden? Habt ihr euch schon vorher gekannt?
Mit Adelsparre habe ich schon zuvor bei meinem Film Monstrosity gearbeitet, wo sie ein Opfer von Kevin und Nord spielte. Nach dem Dreh einigten wir uns darauf einen weiteren Film zusammen machen zu wollen, was schlussendlich A God Without a Universe wurde, den ich während meiner Zeit im European Film College in Dänemark schrieb. Nymark kannte ich nicht, aber ich dachte mir, es wäre perfekt ihn an Bord zu haben, da er zu der Zeit für Disney Musicals bekannt war. Wie gesagt, es dreht sich alles um Gegensätze. Ich versuche daher Leute konträr zu ihrem realen Leben zu besetzen. Nymark war sehr interessiert daran ein Teil des Films zu sein und so hat sich das ergeben.
Filme mit kontroversen Themen wie bei dir sind große Herausforderungen für die Schauspielerinnen. Würdest du sagen, dass es allgemein schwer ist Schauspielerinnen für so intensive Filme zu finden?
Das interessanteste für mich beim Filme drehen ist die Arbeit mit den Schauspielerinnen. Das ist der Prozess, den ich am meisten genieße. Ich würde nicht sagen, dass es schwer ist diese zu finden. Jedes Mal wenn wir nach Schauspielerinnen für ein extremes Projekt suchen, bekommen wir viele Nachrichten und Briefe. Wirklich sehr viele! Solang die Schauspielerinnen dir vertrauen können und du dich professionell verhältst, ist das kein Problem.
Während Madness of Many sicher zu den experimentelleren Horrorfilmen zählt, war A God Without a Universe ein kontroverses Drama. Dein neuer Film heißt Your Flesh, Your Curse. Wie hat sich deine bisherige Arbeit auf dein neues Projekt ausgewirkt?
Your Flesh, Your Curse wird tatsächlich eine Fortsetzung von Madness of Many sein, auch wenn er als eigenständiger Film gesehen werden kann. Your Flesh, Your Curse wird dem Publikum, welches meine Filme kennt, zeigen, wie sehr ich mich seit Madness of Many weiterentwickelt habe. Es ist eher ein psychologischer Horrorfilm mit einigen extremen Gore-Szenen.
Was ist dein Lieblings-Kitsch-Film?
Alle Action-Filme von Schwarzenegger vor seinem “Comeback”.
Was sind deine Pläne für die Zukunft? Wirst du beim Horrorgenre bleiben oder reizen dich auch andere Genres?
Ich sehe mich nicht an ein spezifisches Genre gebunden. Mein nächster Film nach Your Flehs, Your Curse wird ein abstraktes Avantgarde-Doku-Drama mit dem Titel Forever mit Rose Milling und Mie Gren in den Hauptrollen. Es wird mein bisher persönlichster Film werden und zudem mein siebter Spielfilm seit 2012 sein.
Vielen, lieben Dank!
Gerne!
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Bildquelle: © Hellbound Productions