
A Cure for Wellness (2016) – Review
oder: visuell crème brûlée, narrativ Puffreis
Originaltitel: |
A Cure for Wellness Deutschland, USA 146 Minuten Gore Verbinski Justin Haythe |
Die Heilung in den Schweizer Alpen
Wenn manchen meiner Leser und Leserinnen einige Settings irgendwie vertraut vorkommen, so ist es gut möglich, dass ihr sie wirklich kennt. Denn der vom Studio Babelsberg mitproduzierte Film wurde überwiegend in Deutschland gedreht. Die Außenaufnahmen stammen von der Burg Hohenzollern, das Zwickauer Johannisbad und das Sanatorium Beelitz-Heilstätten durften für Innenaufnahmen herhalten. Zudem gibt es auch noch eine kurze Aufnahme vom Bahnhof in Oberhof, dessen Bürgermeister den Horror-Dreh wohl untersagt hätte, wenn es möglich gewesen wäre – der Arme.
Mir wäre es lieber gewesen, wenn unsere Stadt mit einem romantischen Film in die Schlagzeilen käme.
Bei der US-amerikanisch-deutschen Produktion übernahm Gore Verbinski die Regie, welchen Horrorfreunde wohl vom US-Remake The Ring und alle anderen von Pirates of the Caribbean kennen.
Im Gegensatz zu den genannten, basiert A Cure for Wellness weder auf einer künstlerischen Vorlage noch auf einem Vergnügungspark, sondern ist originäres Material von Justin Haythe und Gore Verbinski. Dabei folgen wir einem jungen, ambitionierten Banker an der Wall Street, verkörpert von Dane DeHaan, in die Schweizer Alpen, wo er seinen Chef aus einem Sanatorium zurück nach New York bringen soll. Selbstverständlich gestaltet sich das schwieriger als gedacht und die abgelegene Anlage birgt so manch düsteres Geheimnis.
Atemberaubende Optik
Verbinski hat in seinen bisherigen Werken schon bewiesen, dass er durchaus ein gutes Auge für Ästhetik hat und so sind auch hier die Aufnahmen zu Beginn von der Fahrt mit Zug beziehungsweise Auto und dann vor allem von der Burg Hohenzollern schlichtweg atemberaubend. Gerade die Burg in Baden-Württemberg umgeben von einem CGI-Bergmassiv ist wahnsinnig beeindruckend eingefangen. Die Innenaufnahmen des Sanatoriums können sich aber ebenfalls sehen lassen. Anerkennung gilt hier vor allem auch Set-Designerin Eve Stewart und Kameramann Bojan Bazelli.
Den gelungenen Kamerafahrten durch das auffallend stilsicher ausgestattete Setting untermalt vom subtilen Score von Benjamin Wallfisch ist auch die bedrohliche Atmosphäre des Films zu verdanken.
Der Einsatz der Musik sorgt allerdings nicht immer nur für Gänsehaut, sondern manchmal auch für heiteres Gelächter, wie zum Beispiel wenn die Protagonistinnen die Dorfkneipe betreten und uns „Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein“ entgegen dröhnt. Im ersten Moment war ich sogar etwas irritiert Oomph anstatt Rammstein zu hören. Dazu darf sich dann auch Spliff von der österreichischen Band Bilderbuch gesellen. Jukeboxen in der Schweizer Einöde haben offensichtlich sowas.
Ein Kabelsalat von einem Drehbuch
Optisch kann man A Cure for Wellness wirklich nichts vorwerfen. Wenn man allerdings hinter die wunderschöne Fassade schreitet, beginnt der freie Fall ins Leere.
Das Drehbuch weiß offensichtlich nicht wohin mit sich selbst. Werden zuerst Bilder von The Shining in uns wachgerufen mit einer Prise One Flew Over the Cuckoo’s Nest und Shutter Island sowie etwas Zauberberg-Aroma, so schmeißt der finale Akt dies alles über den Haufen, um sich ganz seinem opulenten Fremdscham-Gothic-Horror zu unterwerfen. Dieses todernste Finale irgendwie zwischen dem Phantom der Oper und Cormans Poe-Zyklus wirft leider auch das davor gesehene ziemlich über den Haufen. Zweieinhalb Stunden sinnfreies Rätselraten und das ist das frustrierende Ergebnis. Leider schließt sich dem auch die Inszenierung an, der Horror dieses Familiendramas fällt unter den Tisch, dafür geht es auf zum großen Creature-Feature. Man fühlt sich zeitweise an den ebenfalls substanzlosen Crimson Peak erinnert.
Dazwischen wird ständig irgendwas angedeutet und schlussendlich liegen gelassen. Das Drehbuch will hier einfach zu viel. Versucht dutzende Geschichten zu erzählen, schlägt zu viele Volten und verheddert sich schlussendlich in all den ausgelegten Handlungsfäden heillos. Die Macher verwirrt und das Publikum soll am Ende wohl so überwältigt sein, dass es ohnehin nicht mehr darüber nachdenkt, was jetzt eigentlich passiert ist. Es wäre auch sehr ratsam es wirklich nicht zu tun. Da können das Setting und die Kamerafahrten durch das grandiose Setting noch so wunderschön sein, bei diesem komplett misslungenen Drehbuch fällt es mir schwer noch irgendwas davon zu genießen.
Wirklich schade da auch die Besetzung überaus gelungen ist. Dane DeHaan, Mia Goth und Jason Isaacs versuchen ihre Rollen mit möglichst viel Leben zu erfüllen. Leider ist die Story an nichts anderem interessiert als ein paar Klischees. Dane DeHaan kriegt noch nicht einmal eine ordentliche Exposition geboten und bei zweieinhalb Stunden Spielzeit, ist es schon sehr fragwürdig, wieso man seine Protagonisten nicht etwas besser unterfuttert. Mia Goth muss sich mit der Jungfrau in Nöten abfinden.
Ein schön anzuschauender Reinfall
Schlussendlich ist A Cure for Wellness ein schön anzuschauender Reinfall, der den hohen Erwartungen, die vor allem der erste Trailer weckte nicht gerecht werden kann. Anstatt einem Psycho-Horror-Fiebertraum gibt es leider nur ein wirres Drehbuch, das knapp zwei Stunden verwirrt im Kreis rennt und sich dann daran erinnert, dass es Hammer-/Corman-Gothic-Horror sein wollte – aber leider ein sehr peinlicher.
Bewertung |
|
Spannung | ![]() |
Atmosphäre | ![]() |
Gewalt | ![]() |
Ekel | ![]() |
Story | ![]() |
Bildquelle: A Cure for Wellness © Twentieth Century Fox of Germany GmbH
Film und Soundtrack kaufen:
[amazon_link asins=’B06XCKPH5H,B01N2T6MLL,B01MRBZWL0′ template=’ProductAd‘ store=’100yeaofter-21′ marketplace=’DE‘ link_id=’17782fd2-3d80-11e7-b425-5783e7cfde22′]