Pig (2021) – Review
Mit Pig liefert Regisseur Michael Sarnoski ein beeindruckendes Spielfilmdebüt ab, das sich mit einem tiefgründigen Nicolas Cage schmückt, der schon lange vergessen geglaubt schien.
Originaltitel: | Pig |
Land: | Großbritannien/USA |
Laufzeit: | 92 Minuten |
Regie: | Michael Sarnoski |
Drehbuch: | Vanessa Block, Michael Sarnoski |
Cast: | Nicolas Cage, Alex Wolff u.a. |
VÖ: | Seit 19. November im Handel |
Inhalt
Rob (Nicolas Cage, Mandy) lebt nach dem tragischen Tod seiner Frau gemeinsam mit seinem kleinen Trüffelschwein Apple zurückgezogen in den Wäldern Oregons. Der Verkauf von Trüffeln liefert ihm alles, was er zum Leben braucht. Kontakt pflegt der mysteriöse Mann ausschließlich zu Amir, dem er Woche für Woche die Luxuspilze veräußert. Als er eines Nachts überfallen und sein Schwein entführt wird, bricht für den in sich gekehrten Mann eine Welt zusammen. Gemeinsam mit Amir macht sich Rob auf die Suche nach seiner geliebten Spürnase, die ihn in die elitäre Restaurantszene Portlands führt, der er vor langer Zeit den Rücken kehrte und wo er sich nun seiner Vergangenheit stellen muss, um Apple zu retten. Dass er alles dafür tun würde, sein Schwein wieder zu erlangen, scheint niemand so recht verstehen zu können – auch Amir nicht. Doch Rob verbindet deutlich mehr mit Apple als nur die Trüffelsuche.
Kritik
Nicolas Cage ist vor allem für seine eskalierende Mimik bekannt, die er zuletzt auch im Horrorgenre erfolgreich ausleben durfte. Dass der Oscar-Preisträger daneben ein hervorragender Charakterdarsteller sein kann, bewies er zuletzt mit Joe – Die Rache ist sein von Halloween-Regisseur David Gordon Green. Pig schlägt in eine ganz ähnliche Kerbe und zeigt uns einen Cage, der fernab seines üblichen Schauspielstils nach wie vor zu einer außergewöhnlich tiefgründigen Leistung imstande ist.
„Wie John Wick, nur mit einem Schwein“ – so oder ähnlich titelten diverse Magazine, die den Kern von Sarnoskis Spiefilmdebüt damit gar nicht weiter hätten verfehlen können. Pig entpuppt sich nämlich, im Gegensatz zur schießwütigen Keanu-Reeves-Reihe, als feinfühlige Charakterstudie, eingebettet in eine düstere, mystische und gelegentlich gar deprimierende Atmosphäre. Cage visualisiert den Kampf des Protagonisten mit seiner Vergangenheit durch ein zurückhaltendes und trotzdem emotional höchst intensives Spiel. Sarnoskis Film liegt es daher fern möglichst geradlinig und spannungsgeladen durch die Geschichte zu hetzen, vielmehr wirkt Pig wie eine Therapiesitzung, die den Hauptcharakter auf seinem Weg der Trauerbewältigung begleitet.
Gleich zu Beginn, als Rob und sein tierischer Begleiter durch die Wälder streifen, während vereinzelt die Sonnenstrahlen durch das Geäst blitzen, gelingt es Pig, die Zuschauer:innen mit seiner famosen Bildsprache einzufangen. Die Welt ist grau, dunkel und stellenweise beinahe schwermütig inszeniert, doch trotzdem scheint Rob, den wir zunächst als friedliche, in sich gekehrte Person kennen lernen, zufrieden. Auch wenn immer wieder durchschimmert, dass Cages Charakter mit Trauer ringt und sein Schwein eine Art Trauerbegleiter zu sein scheint.
Pig gelingt es eindrucksvoll, Robs psychische Dilemma, den Tod seiner Gattin möglicherweise nie wirklich verarbeitet zu haben, zu visualisieren. Rob, dessen Beziehung zu seinem Schwein als Blitzableiter für den Verlust seiner Frau zu fungieren scheint, durchleidet die verschiedenen Phasen der Trauerbewältigung. Sarnoski legt viel Wert darauf, seinen Charakteren den Raum zu geben, sich auszubreiten. Das gilt nicht nur für Cage, denn auch Alex Wolff (Hereditary) überzeugt als Amir, der Rob auf seiner Suche treu zur Seite steht. Die Story mag hier und da, hauptsächlich aufgrund ihres doch eher unspektakulären Verlaufs, etwas dröge wirken, dafür zeichnet sie sich aber mit einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit den Figuren und einer ergreifenden Emotionalisierung des Hauptcharakters aus.
Fazit
Selten hat man Cage so subtil, in sich gekehrt und trotzdem so ausdrucksstark erlebt wie in Sarnoskis herausragendem Erstlingswerk. Pig überzeugt mit einer famosen Bildsprache, einem überzeugenden Cast und seiner bedächtigen, teils schwermütigen Art. Diejenigen, die nach der unglücklichen Marketingstrategie einen explosiven Rachethriller erwarten, sollten gewarnt sein. Pig lässt den Aspekt der Rache nämlich gänzlich außen vor und liefert ausschließlich tiefgründiges, mitreißendes Drama. Und das reicht auch völlig aus.
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Seit 19. November im Handel:
Bildquelle: Pig © 2021 LEONINE Studios