Memoir of a Murderer (2017) – Review

Wenn der Verstand stirbt: Won Shin-yuns Crime-Thriller Memoir of a Murderer zeichnet in eindrucksvollen Bildern den Kampf eines Mannes gegen das Vergessen.
Originaltitel: | Salinjaui gieokbeob |
Land: | Südkorea |
Laufzeit: | 118 (Kinofassung)/ 128 Minuten (Director´s Cut) |
Regie: | Won Shin-yun |
Drehbuch: | Hwang Jo-yun, Won Shin-yun |
Cast: | Sol Kyung-gu, Kim Nam-gil, Oh Dal-su u.a. |
VÖ: | ab 04.06.2021 im Handel |
Inhalt
Auf den ersten Blick wirkt Kim Byeong-soo (Sol Kyung-Gu, Peppermint Candy) wie ein durchschnittlicher Koreaner in seinen Fünfzigern: Er ist freundlich, hilfsbereit und eher unauffällig. Aber der ruhige Tierarzt hütet ein dunkles Geheimnis, denn er ist ein Serienmörder. Vielmehr war er einer, denn ein schwerer Verkehrsunfall beendete seine grausame Karriere und führte zu einer unaufhörlich fortschreitenden, vaskulären Demenz. Um seinem Schicksal entgegenzuwirken, führt er Tagebuch, besucht einen Poesie-Kurs und dokumentiert auf Drängen seiner Tochter Eun-hee (Kim Seol-hyun, Gangnam Blues) seine Tage mithilfe eines Tonbandgerätes. Eines Tages wird die Provinz durch die Morde an jungen Frauen erschüttert und nach einer ungewöhnlichen Begegnung fällt Byeong-soos Verdacht sogleich auf den Polizisten Tae-joo (Kim Nam-gil, The Closet). Als dieser sich als Eun-hees neuer Freund entpuppt, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Hintergrund & Kritik
Memoir of a Murderer basiert auf dem gleichnamigen Bestseller des südkoreanischen Schriftstellers Kim Yeoung-ha, der sich bereits 2004 mit dem Drehbuch zum erfolgreichen Drama A Moment to Remember eingängig mit der Alzheimer-Erkrankung beschäftigte. Doch statt einer bittersüßen Liebesgeschichte präsentiert Kim diesmal einen alternden Serienmörder, dessen Realität durch seine degenerative Erkrankung kompromittiert wird. Regisseur Won Shin-yun (The Suspect) verpackt das Porträt eines Kriminellen in ein unterhaltsames Katz-und-Maus-Spiel, bei dem sich die Katze oft nicht mehr erinnern kann, welche Rolle sie eigentlich spielen soll.
Won startet am Ende der Geschichte, um von dort aus anhand der Erinnerungen des Protagonisten zu erzählen, dessen Voice-Over während des gesamten Films zu hören ist. Ddie Vergangenheit ist darum manchmal fragmentiert, manchmal imaginiert, sodass die Zuschauenden nie wissen, ob das, was sie sehen, die Wirklichkeit abbildet oder nur die Vorstellungen eines sterbenden Geistes ist. Die Demenz macht Byeong-soo anfällig und er selbst kann die Möglichkeit nicht ausschließen, dass seine eigenen Verdächtigungen einer Mischung aus Selbstprojektion und einer natürlichen väterlichen Vorsicht entspringen. Seine Welt ist in ständigem Wechsel zwischen Realitäten, die auf unvollkommenen Erinnerungen beruhen und schließlich ist die Unfähigkeit sich zu erinnern nicht dasselbe, wie zu vergessen. Won kreiert mit seinem unzuverlässigen Erzähler, kontinuierlichen Zeitsprüngen und subtilen Veränderungen einen großen Teil der Spannung der Geschichte und lässt die Zuschauenden an der gleichen Verwirrung teilhaben, die der Protagonist erleidet.
Mit der richtigen Portion Schwermut, aber ohne die Krankheit der Lächerlichkeit preiszugeben, liefert Sol Kyung-gu eine überzeugende Leistung als zunehmend paranoider, von Schuldgefühlen geplagter Mann, der binnen eines Augenzwinkerns vom liebevollen Vater zum unheimlichen Serienmörder mutieren kann. Aber welches Etikett man seiner Rolle auch immer zuschreiben mag, die Sympathie für Byeon-soo bleibt, auch wenn das Drehbuch seine vermeintlich schändlichen Seiten enthüllt.
Während der Protagonist in seinen Motivationen, Überzeugungen und Eigenschaften greifbar erscheint, ist Kim Nam-gils Figur nur die Schablone eines Antagonisten – es ist plausibel, dass er entweder ein brutaler Mörder sein könnte oder einfach nur ein netter Kerl mit einer unglücklichen Polizistenfrisur. Er ist buchstäblich der Mann ohne Eigenschaften. Auch wenn er mit anderen großen Serienmörder:innen des Genres nicht mithalten kann, fungiert er kontrastreich zu Byeon-soo, so als wären sie auch optisch zwei Seiten derselben Medaille.
Fazit
Memoir of a Murderer ist straff, intelligent und unerschrocken düster – ein fesselnder Thriller mit vielen Wendungen, atemberaubenden Bildern und einem komplexen Puzzle, das vom ersten bis zum letzten Moment zu fesseln weiß. Won kann die Wirkung der Demenz-Erkrankung für sich nutzen, ohne dabei die Ernsthaftigkeit der Thematik zu untergraben. Und auf für Fans des südkoreanischen Kinos gibt es einige subtile Referenzen auf vergangene Highlights, die den Charme des Films zusätzlich stärken.
Bewertung |
|
Grauen | ![]() |
Spannung | ![]() |
Härte | ![]() |
Unterhaltung | ![]() |
Anspruch | ![]() |
Gesamtwertung | ![]() |
ab 04.06.2021 im Handel:
![]() |
![]() |
Bildquelle: Memoir of a Murderer © Busch Media Group
- Project Wolf Hunting (2022) – Review - 28. Februar 2023
- Alles für den geliebten Führer! – Kimchi & Kadaver - 19. Februar 2023
- Unboxing: The Witch: Subversion (2018) & The Witch: The Other One (2022) – Mediabook – Alpha Film (2023) - 28. Januar 2023