Attack
Kritik

The Attack (2018) – Review

Im actiongeladenen Polit-Thriller The Attack müssen ein nordkoreanischer Arzt und ein südkoreanischer Söldner widerwillig zusammenarbeiten, um einen drohenden Weltkrieg zu verhindern.

Originaltitel: PMC: Deo Beong-keo
Land: Südkorea
Laufzeit: 124 Minuten
Regie: Kim Byung-woo
Drehbuch: Kim Byung-woo
Cast: Jennifer Ehle, Ha Jung-woo, Lee Sun-kyun u.a.
VÖ: ab 22.04.2021 im Handel

Inhalt

In einer nahen Zukunft sind die politischen Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA angespannter als je zuvor, denn trotz Sanktionen denkt der oberste Führer, auch King genannt, nicht daran, sein Atomwaffenprogramm einzustellen. Das wiederum gefährdet die Wiederwahl des amtierenden US-Präsidenten McGregor (Robert Curtis Brown, Ashfall), dessen Umfragewerte immer weiter in den Keller sinken. Um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, plant die CIA ein waghalsiges Manöver: Eine Gruppe von internationalen Söldnern unter der Leitung eines gewissen Ahab (Ja Jung-woo, The Closet) soll einem nordkoreanischen General bei der Flucht in einen geheimen Bunker tief unter der entmilitarisierten Zone helfen. Als Gegenleistung will er strenggeheime Informationen über Nordkoreas Machthaber preisgeben. Zunächst läuft alles nach Plan, doch bald dämmert Ahab, dass dort im Bunker kein General sitzt, sondern der oberste Führer höchstpersönlich. Als dann auch noch unbekannte Soldaten den Schutzraum stürmen und King angeschossen wird, verbündet sich Ahab widerwillig mit einem nordkoreanischen Arzt (Lee Sun-kyun, Parasite), um einen Dritten Weltkrieg abzuwenden.

Kritik

Seit einigen Jahren lässt sich eine Trendwende im südkoreanischen Kino hinsichtlich der Bearbeitung des Korea-Konflikts beobachten. Nun steht nicht mehr der „Kalte Krieg“ zwischen Nord und Süd im Mittelpunkt, sondern die Chance auf eine friedliche Koexistenz. Die Regisseur:innen nutzen das Medium Film als  Möglichkeit, um sich vorzustellen, wie es sein könnte, wenn beide Seiten trotz ihrer ideologischen Differenzen ein Bündnis ohne Streitigkeiten bilden würden. Ähnlich wie Yang Woo-suk mit Steel Rain und Steel Rain 2: Summit erweitert Kim Byung-Woo (The Terror Live) diese Prämisse um die aktuellen Ängste und Sorgen auf der koreanischen Halbinsel, die sich zwischen den verhärteten Fronten eines erstarkten Chinas und einer impulsiven, meist unzuverlässigen US-Regierung befindet. The Attack baut damit gleich zu Beginn insbesondere auf die inzwischen etablierte Perspektive südkoreanischer Medien auf, die Vereinigten Staaten kritisch zu beäugen, und vermischt diese mit subtiler Kritik an der US-amerikanischen Sozialpolitik, insbesondere in Bezug auf Veteran:innen und illegale Emigrant:innen.

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Seinen politischen Kommentar verpackt Kim unterdessen in ein Actionfilm-Szenario à la The Berlin File mit einer für westliche Sehgewohnheiten ungewöhnlichen Story und zahlreichen bekannten Genre-Tropen: Schießereien, Explosionen, Verfolgungs- und Fluchtszenen, Verräter:innen, übermächtige Gegener:innen und natürlich ein Held, der angesichts herber Verluste schließlich doch noch die Welt rettet. Hinzu kommen Söldner unterschiedlicher Nationalitäten, die trotz flacher Charakterzeichnung und Austauschbarkeit eine erstaunlich überzeugende Gruppendynamik aufweisen. Insgesamt überrascht The Attack mit einer soliden internationalen Besetzung, auch wenn sich Kims fast vollständig auf Ha Jung-woo konzentriert. Sehr zum Leidwesen von Lee Sun-kyun, der in seiner Rolle massiv unterfordert scheint. Die anfänglichen Streitigkeiten und spätere Zusammenarbeit der beiden mit anzusehen, macht Spaß, aber es ist eindeutig Ha, der den Film auf seinen Schultern trägt. Seine Figur des Teamleaders Ahab ist auf den ersten Blick kein typischer Actionheld: Als Söldner ist er weniger seinem moralischen Kompass als vielmehr seinen Auftraggebenden verpflichtet. Ahab wird nicht von Rache verzehrt, sondern von Schuld und Perspektivlosigkeit. Die Abkehr vom typischen Archetypus eines rachsüchtigen Kapitäns setzt neues Potenzial frei, das leider nur oberflächlich genutzt wird.

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Und damit beginnen die Probleme des Films, denn Ahab ist nur der Anfang vieler verschenkter Möglichkeiten. Neben häufig auftretenden Logiklöchern in Szenarien des Actionkinos hapert es auch bei der Inszenierung. Besonders während des Mittelteils kommt die Geschichte schnell ins Stolpern und schleppt sich regelrecht in die Zusammenarbeit von südkoreanischem Söldner und nordkoreanischen Arzt, obwohl die minimale Kulisse des Bunkers durchaus überzeugen kann. Aber Kim trifft einige fragwürdige Entscheidungen, indem er beispielsweise viele Szenen in Videoanrufe und -übertragungen verpackt. Was in anderen Filmen funktioniert, verfehlt hier seinen Zweck und zerstört mitunter das Gefühl der Unmittelbarkeit. Diesen Verlust scheint Kim an anderer Stelle mit übertriebener Kameraarbeit wieder ausbessern zu wollen. Das Bild ist oft wackelig, in seltsamen Winkeln verzerrt und rundum instabil. Leider verursacht das aber eher Schwindel als intensiven bzw. lebhaften Emotionen. Darunter leidet auch das Tempo erheblich, was sich vor allem im Finale bemerkbar macht, das sicherlich auch eine halbe Stunde früher hätte stattfinden können.

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Schlussendlich scheint Kim nicht zu wissen, welche Art von Film er eigentlich drehen wollte und kann die verschiedenen Facetten von Actionfilm und Polit-Thriller nicht befriedigend miteinander verbinden, sodass er letztendlich keinen von beiden gerecht werden kann.

Fazit

In seiner zweiten Regiearbeit abseits des Independent-Films kann Kim Byung-woo trotz interessanten Ideen und engagierter Besetzung nicht an die Qualität von The Terror Live heranreichen. Überhaupt ist The Attack aufgrund seiner offensichtlichen Mängel einschließlich einer banalen, oberflächlichen Inszenierung, der zunehmend mühsamen Action-Sequenzen und der augenscheinlich verschenkten Möglichkeiten, allenfalls ein durchschnittlicher Beitrag zum südkoreanischen Actionkino.

Bewertung

Grauen Rating: 1 von 5
Spannung Rating: 2 von 5
Härte Rating: 2 von 5
Unterhaltung  rating3_5
Anspruch  rating0_5
Gesamtwertung Rating: 2 von 5

ab 22.04.2021 im Handel

Attack Attack

Bildquelle: The Attack © Koch Films

Horrorfilme… sind für mich eine Möglichkeit, Angstsituationen zu erleben, ohne die Kontrolle zu verlieren. Es ist eine positive Art der Angst, da sich ein Glücksgefühl einstellt, sobald man die Situation durchgestanden hat. Es ist nicht real – könnte es aber sein. Das ist furtchteinflößend und gleichzeitig faszinierend.

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