Heilstätten (2018) – Review
Deutscher Found-Footage-Horror mit einer Hand voll Youtuber in einer Challenge rund um einen der bekanntesten Lost Places Deutschlands: Beelitz Heilstätten.
Originaltitel: |
Heilstätten Deutschland 89 Minuten Michael David Pate Michael David Pate, Ecki Ziedrich Nilam Farooq, Farina Flebbe, Sonja Gerhardt u.a. |
Lost Place: Beelitz-Heilstätten
Der deutsche Found-Footage-Horror Heilstätten dreht sich um einen der bekanntesten Lost Places des Landes. Bei Lost Places handelt es sich um vergessene Orte, meistens verlassene, heruntergekommene Gebäude aus jüngerer Vergangenheit, die für die Öffentlichkeit grundsätzlich nicht zugänglich sind. Für viele geht von diesen verfallenen Orten eine gewisse Faszination aus, wodurch sich aus den Lost Places ein Hobby entwickelt hat und Menschen in ganz Deutschland oder der ganzen Welt auf eine urbane Entdeckungsreise gehen.
Beelitz-Heilstätten, etwas außerhalb von Berlin liegend, war eine Lungenheilstätte, die 1898 errichtet und bis 1930 immer wieder erweitert wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg war das Krankenhaus rund 50 Jahre im Eigentum der sowjetischen Streitkräfte, bevor dieses an neue Eigentümer überging und immer mal wieder Sanierungsarbeiten dem Verfall entgegen wirkten. Ein Teil des 200-Hektar-Areals ist inzwischen saniert und wird auch wieder normal benutzt.
Beelitz ist jedoch nicht nur aufgrund der Architektur und des Verfalls ein beliebtes Ziel für Lost-Place-Touristen und Filmkulissen (A Cure for Wellness), sondern erlangte auch durch eine Reihe von Verbrechen und Unfällen zweifelhafte Berühmtheit. So brachte 1991 der Serienmörder Wolfgang Schmidt dort die Ehefrau und das dreimonatige Baby eines sowjetischen Arztes um und 2008 wurde ein Fotomodell von einem Fotografen vor den Heilstätten ermordet. 2011 erhängte sich in einem der Gebäude ein Obdachloser. Dazu kommen einige Unfälle durch Stürze.
Die Challenge: 24 Stunden in Beelitz
Die Erkundungstouren durch Lost Places werden oft mitgefilmt und landen später auf Youtube oder ähnlichen Plattformen. Genau dies ist auch der Ausgangspunkt für Michael David Pates Heilstätten, der jedoch mangels Drehgenehmigung nicht in Beelitz, sondern in der Heilstätte Grabowsee gedreht wurde.
In Heilstätten macht sich eine Gruppe junger Youtuber auf den Lost Place zu erkunden und den Gerüchten rund um paranormale Aktivitäten auf den Grund zu gehen. Was als spaßige Challenge beginnt, wird jedoch schnell ernst…
Schwächen und Stärken
Was mir bei Heilstätten zuallererst ins Auge stach, kommt dem Film zu Gute und ist zeitgleich auch eine riesige Schwäche: die Authentizität der Youtuber. Das ist einerseits toll, andererseits sind es eben genau jene furchtbaren, hyperaktiven Prank- und Beauty-Youtuber, die ich nur ganz schwer aushalte. Somit standen mir knapp 90 Minuten mit einem Haufen unsympathischer Idioten bevor und ich konnte nur noch auf einen möglichst hohen Body-Count hoffen.
Dabei ist die Idee mit der Challenge und den Youtubern klug gewählt und auf jeden Fall am Puls der Zeit. Wer auf Youtube nach Heilstätten sucht, wird einige solcher Videos finden, wie zum Beispiel „Schattenwelten – Die Horror-Klinik – Beelitz Heilstätten Potsdam“ oder „NACHTS in einer verlassenen Heilstätte und DAS ist passiert… (KEIN FAKE! LIVE FOOTAGE)“. Die wundervolle Clickbait-Überschrift hat auch noch ein perfektes Clickbait-Thumbnail mit rotem Pfeil und dem Text „GEIST GEFILMT???“. Wie gesagt: nervig, aber zumindest authentisch.
Die Aktualität betrifft jedoch nicht nur die Nervensägen, sondern auch die Lost Places, die sich seit geraumer Zeit großer Beliebtheit erfreuen und immer mehr Menschen dazu bewegen verfallene Gebäude zu erforschen.
Dies fand ich von der allgemeinen Grundidee schon einmal sehr ansprechend und die Challenge der Youtuber erlaubte es auch der Found-Footage-Inszenierung einen glaubhaften Grund für die Aufzeichnung zu liefern. Zudem bietet Heilstätten in der Auflösung auch noch einmal eine gute Begründung für kleinere Unstimmigkeiten. Somit könnte der Film durchaus auch für Found-Footage-Puristen interessant sein.
Damit wären wir für die ersten zwei Akte aber auch schon fast am Ende mit den positiven Punkten. Denn was uns Pate (Kartoffelsalat) und Co-Autor Ecki Ziedrich hier servieren, ist nur schwer genießbar. Dies liegt hauptsächlich an den unerträglichen Charakteren mit ihrem grenzdebilen „Jugend“-Slang, die mir nicht einmal einen Stecknadelkopf an Identifikationsfläche bieten. Mit einem riesigen Batzen an Empathielosigkeit hoffte ich nur, dass das Geschrei doch bald ein gewaltsames Ende finden würde oder allen zusammen doch einfach der Akku ausgehen möge. Heilstätten legt hier die Messlatte für die unsympathischsten Charaktere aller Zeiten wirklich verdammt hoch.
Das Setting hingegen ist ein Traum. Die Heilstätte Grabowsee, als Ersatzlocation für Beelitz, sieht absolut phantastisch aus und breitet insbesondere während der Einführung seine modrigen Flügel über die Szenerie aus. Leider weiß Pate mit dem Setting oft nicht so recht umzugehen und wir müssen uns mit den üblichen Genre-Versatzstücken begnügen, die den faszinierenden Verfall nicht zur Geltung kommen lassen. Es wird mit Wackelkamera durch dunkle Gänge gerannt, dazu kommen ein paar Aufnahmen mit Night-Vision sowie sinnlose Spielereien mit Wärmebild und garniert wird das alles natürlich von den gewohnten Jump Scares. Selbst ein paar nette Ideen, wie mit den Motten, verpuffen im Nichts, da sie in keiner Weise mit der Geschichte verbunden werden. Unterfüttert wird alles nur mit den üblichen Anleihen an die Psychiatrie-Nazi-Euthanasie-Vergangenheit, bei der hier nicht einmal versucht wird, irgendwas Neues zu kreieren.
Und das größte Problem dabei: Heilstätten ist zu keiner Zeit angsteinflößend oder auch nur irgendwie gruselig.
Zum Abschluss hat Pate noch einmal einen anständigen Twist in petto, der leider zu wenig Eier hat um aufs Ganze zu gehen. Hier wäre wirklich der richtige Zeitpunkt gewesen, um dem Wahnsinn freien Lauf zu lassen. Die Ansätze sind da, aber schlussendlich fehlt dann eben auch hier wieder die letzte Konsequenz, um einen ernstzunehmenden Horrorfilm zu inszenieren. Das Ganze wird dann noch auf eine Meta-Ebene gehoben, die glücklicherweise nicht sonderlich moralinhaltig ist und einfach nur Spaß machen soll. An dieser Stelle zumindest noch ein paar Pluspunkte von meiner Seite.
Fazit
Trotz tollem Setting und schönem Twist ist Heilstätten leider weit davon entfernt ein guter Film zu sein. Dies liegt zum einen daran, dass Pate sich offenbar davor scheute wirklich einen gnadenlosen Horrorfilm zu machen und zum anderen an den unerträglichen Charakteren. Trotz allem muss ich sagen, dass der Film nicht ganz so katastrophal ist, wie ich befürchtet hatte. Found-Footage-Komplettisten dürfen einen Blick wagen, alle anderen werden nicht viel verpassen.
Bewertung |
|
Spannung | |
Atmosphäre | |
Gewalt | |
Ekel | |
Story |
Bildquelle: Heilstätten © 20th Century Fox