
Saw: Spiral (2021) – Review
Neben Wrong Turn und dem jüngst in den Kinos gestarteten Candyman steht mit Saw: Spiral nun die dritte Neuauflage einer großen Horror-Reihe in den Startlöchern. Nach einer Idee von Hauptdarsteller Chris Rock verspricht der neunte Ableger der erfolgreichen Reihe vieles anders zu machen. Wir haben für euch geschaut, was das Reboot zu bieten hat, wenn es wieder heißt: „Ich will ein Spiel spielen“.
Originaltitel: | Spiral: From the Book of Saw |
Land: | USA |
Laufzeit: | 93 Minuten |
Regie: | Darren Lynn Bousman |
Drehbuch: | Josh Stollberg, Pete Goldfinger |
Cast: | Chris Rock, Samuel L. Jackson u.a. |
VÖ: | Ab 16.09.2021 im Kino |
Inhalt
Bei einer Parade wird ein Polizist in einen Hinterhalt gelockt und von einer Person mit Schweinsmaske überwältigt. In einer perfiden Falle in einem U-Bahn-Tunnel gefangen, wird er das erste Opfer einer Mordserie an Polizisten werden. Detective Zeke Banks (Chris Rock) nimmt sich dem Fall an, bekommt von seinem Captain allerdings einen Frischling (Max Minghella, The Handmaid’s Tale) als Partner zugeteilt. Schnell wird ihnen klar, dass es sich um einen Trittbrettfahrer des Mörders John Kramer, auch bekannt unter dem Namen Jigsaw, handeln muss. Und es gibt noch eine Auffälligkeit: Alle Opfer haben sich in ihrer beruflichen Vergangenheit der Korruption schuldig gemacht…
Kritik
Als bekannt gegeben wurde, dass Lionsgate an einem neunten Film der Saw-Reihe arbeitet, hat man sich mit Versprechungen, das Franchise in eine vollkommen neue, aufregende Richtung zu lenken, nicht zurückgehalten. Besonders Chris Rock, dessen Initiative die Produktion von Saw: Spiral überhaupt erst zu verdanken ist, wurde nicht müde zu betonen, wie frisch der Wind sei, den er in die festgefahrene Folter-Reihe bringen würde. Dass solch ein Unterfangen auch gehörig schiefgehen kann, hat zuletzt Wrong Turn – The Foundation bewiesen, der sich so sehr von seinen Vorgängern abgegrenzt hat, dass man abgesehen vom Namen im Grunde keine Zugehörigkeit zur Reihe mehr erkennen konnte. Doch schon mit dem ersten Trailer zu Saw: Spiral wurde angedeutet, dass er sich auf die Ursprünge der Reihe zurückbesinnen und düstere Polizeiermittlungen im Stil von Sieben kultivieren würde. Und diese Erwartungen sollten erfüllt werden.
Tonal setzt Saw: Spiral direkt beim ersten Teil von 2004 an, ist jedoch nicht mehr ganz so bierernst wie dieser. In sozialen Netzwerken wurden schon früh Proteste laut, als es hieß, dass Chris Rock auch humoristische Elemente mit in den Film bringen wolle. Solche gibt es zwar durchaus, doch sind sie nicht alberne Nebensächlichkeiten, sondern zeugen von einem beißenden Zynismus, der den Film durchzieht. Alle Charaktere sind von ihrer Vergangenheit gebeutelte Figuren, was ein Übermaß an rücksichtsloser Rohheit zutage fördert.
Durch das Einbetten der Handlung in eine erdrückende Hitzewelle werden die Ermittlungen zu einem brodelnden Hexenkessel, bei dem jedes Wort und jede Geste das Fass zum Überlaufen bringen könnte. Verrat und hinterlistige Sabotagen innerhalb des Polizeireviers zehren an den Nerven, während die Mordserie gegenseitige Anschuldigungen von Korruption unter den Polizisten hochkochen lässt. Diese explosive Ansammlung überhitzter Gemüter wird mit dem Aufreißen alter Wunden vermischt: Durch Rückblenden erfahren wir von früheren Fällen der Korruption, die unschuldige Menschen das Leben gekostet haben – und genau diese scheint der neue Killer nun vergelten zu wollen.
Dadurch konfrontiert uns Saw: Spiral mit einem moralischen Dilemma: Ist es vertretbar, wenn jemand aus vermeintlich „guten“ Gründen Leute ermordet, die wiederum selbst Unschuldige getötet haben? Diese Überlegung ist natürlich kein Novum, bildete sie doch beispielsweise den alleinigen Motor der Serie Dexter. Aber auch sie fungiert als Rückkehr zu den eigenen Wurzeln, denn mit der Ambivalenz der Taten von Jigsaw und seinen Nachahmern wurde auch im Saw-Franchise selbst gespielt: Frevel- und sündhaftes Verhalten waren oft die Gründe für die Auswahl der Opfer. Indem nun aus Korruption entstandene Morde vergolten werden, werden die Daumenschrauben beim Publikum noch einmal fester gezogen, wenn es um eine klare Positionierung zu den Taten geht.
Die radikale Form, mit der wir gezwungen werden, uns der Frage nach Recht und Unrecht zu stellen regt zudem auch Denkanstöße über das Rechtssystem in den USA an. In Zeiten, in denen in bestimmten US-Bundesstaaten ernsthaft in Betracht gezogen wird, als Vollstreckung der Todesstrafe die Gaskammern wieder einzuführen, lässt sich Saw: Spiral daher problemlos auch als kritischer ethischer Kommentar auf eben solche Entwicklungen und das Praktizieren der Todesstrafe allgemein lesen.
Mit eben diesem moralischen Konflikt wird auch der Protagonist im Finale konfrontiert. Der Showdown von Saw: Spiral funktioniert deswegen so gut, weil Chris Rock seine Figur zuvor als emotional überhitztes Pulverfass angelegt hat, das jeden Moment hochgehen könnte. Wie viel Ungerechtigkeit kann ein Mann ertragen, bis er aus vermeintlich „guten“ Ambitionen heraus selbst „böse“ wird? Bis zuletzt bleibt er unberechenbar, wenn er in der Auflösung dem Jigsaw-Nachahmer gegenübersteht. Dass diese Auflösung recht vorhersehbar ist, da Saw: Spiral die Fährten sehr eindeutig auslegt, ist dabei verschmerzbar. Das Drehbuch gibt der Handlung nämlich ein so straffes Tempo vor, dass trotzdem niemals Langeweile aufkommt. Ein Umstand, der natürlich nicht zuletzt auch auf die perfide Kreativität bei der Gestaltung der Fallen zurückzuführen ist.
Fazit
Wenngleich Saw: Spiral nicht an James Wans fulminanten Startschuss der Reihe von 2004 anknüpfen kann, so kommt er ihm innerhalb des Franchises doch qualitativ am nächsten. Durch seine inhaltliche Fokussierung auf den Ermittlungs-Plot kehrt man zu den Ursprüngen zurück, ohne bei der Härte der Fallen Abstriche zu machen. Der explosive Grundtenor und der beißende Zynismus der Figuren sorgen für konstante Spannung, die es sogar schafft, die Vorhersehbarkeit der finalen Auflösung zu überspielen. Saw: Spiral erfindet das Rad nicht vollkommen neu, lenkt das zuvor bereits zweimal totgeglaubte Franchise aber in eine Richtung, bei der man durchaus gespannt sein darf, was für Ideen als nächstes aus dem Hut gezaubert werden, wenn es wieder heißt „Ich möchte ein Spiel spielen“.
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Bildquelle: Saw: Spiral © STUDIOCANAL