Bring Me Home (2019) – Review
In Kim Seung-woos Debütfilm Bring Me Home begibt sich eine Mutter auf die Suche nach ihrem vermissten Sohn und sieht sich mit zahlreichen Rückschlägen konfrontiert. In Deutschland lief der Film im Rahmen des Fantasy Filmfests.
Originaltitel: | Nareul Chajajwo |
Land: | Südkorea |
Laufzeit: | 108 Minuten |
Regie: | Kim Seung-woo |
Drehbuch: | Kim Seung-woo |
Cast: | Lee Yeong-ae, Park Hae-joon, Yoo Jae-myung u.a. |
Hintergründe & Inhalt
Seit sechs Jahren sucht die Krankenschwester Jung-yeon (Lee Young-ae, Lady Vengeance) gemeinsam mit ihrem Ehemann Myeong-guk (Park Hae-joon, Believer), ein ehemaliger Lehrer, nach ihrem vermissten Sohn Yoon-soo. Jeden Tag verteilen sie Flyer, sprechen mit vermeintlichen Augenzeugen und folgen noch so kleinen Hinweisen. Erst nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes erhält Jung-yeon einen entscheidenden Tipp: Yoon-soo soll sich unter dem Namen Min-soo in einem Fischerort der Insel Daebudo aufhalten. Bei ihrer Ankunft schlägt Jung-yeon eine distanzierte Stimmung entgegen und die Bewohner bestreiten die Existenz des Jungen. Insbesondere der zwielichtige Kommissar Hong (Yoo Jae-myung, Monster) möchte die Mutter so schnell wie möglich wieder loswerden. Aber Jung-yeon gibt nicht auf und kommt schließlich hinter die düsteren Geheimnisse der eingeschworenen Gemeinschaft.
Kritik
Kim Seung-woo entwirft in seinem Spielfilmdebüt eine düstere und schwermütige Vision der südkoreanischen Gesellschaft im Rahmen eines emotionalen Familiendramas, das in einen Rachethriller umschlägt, sobald die Hoffnung der Mutter erlischt. Dabei bedient sich Kim zwar einer konventionellen Geschichte und der im Genre üblichen Erzählstruktur, aber eine große Stärke ist die eindringliche Inszenierung. Behutsam wird die Spannung aufgebaut und durch ruhige Zwischenspiele in Form von melancholischen Erinnerungen unterbrochen, die das konstante Tempo jedoch nicht ausbremsen. Der Regisseur gibt gerade so viele Informationen an die Zuschauer, dass diese eine allgemeine Vorstellung von den Ereignissen bekommen und sich auf die Odyssee der Eltern konzentrieren können, die in der zweiten Hälfte ihren Höhepunkt erreicht. Die angestauten Emotionen entladen sich in einer kompromisslosen Abwärtsspirale aus Wut, Schmerz und Gewalt.
In der ersten Hälfte liegt der Fokus auf der emotionalen Herausforderung des Ehepaars, die trotz ihres Verlusts versuchen, so etwas wie Normalität aufrecht zu erhalten. Die Beziehung der Eltern ist ruhig und melancholisch, aber auch liebevoll kreiert – es gibt keinen Streit, nur immer wieder zehrende Momente, wenn ein Hinweis im Nichts versiegt. Der Schmerz wird ohne Pathos inszeniert, vielmehr ist er nachvollziehbar, sodass sich die Zuschauer insbesondere mit Jung-yeon identifizieren können. Lee Yeong-ae ist gleichzeitig auch die tragende Darstellerin des Films und bietet als gequälte, erschöpfte Mutter ein breites emotionales Spektrum zwischen stoischer Entschlossenheit, Wut und bedingungsloser Liebe zu ihrem Kind. Sie ist ganz auf sich allein gestellt, als sie schutzlos einem unerbittlichen Feind gegenüber steht, der nichts zu verlieren hat. Besonders im Angesicht von Angst und Gewalt konstruiert Kim seine Figur nicht übertrieben und über ihre körperlichen Fähigkeiten hinaus.
Im Kontrast dazu stehen die antagonistischen Inselbewohner, die anders als zur schuldbewussten Mutter als Repräsentation menschlicher Abgründe fungieren, denn jeder von ihnen hat seine eigenen niederen Motive. Keine der Figuren zeichnet sich durch großartige Tiefe aus, aber weder Gleichgültigkeit noch Selbstsucht bedürfen ausschweifender Erklärungen, denn sie sind allgegenwärtig. Der kühle Realismus macht die Verbrechen nur erschreckender. Bring Me Home erinnert zu diesem Zeitpunkt stark an Bedevilled von Jang Cheol-soo, der sich ebenfalls mit zerstörerischen Gesellschaftsstrukturen gegenüber marginalisierten Gruppen beschäftigt. Narrative wie Kindesmissbrauch, Ausbeutung, Polizeikorruption und manipulativer Familienhierarchien werden in eine unterschwellige Sozialkritik gebettet.
Fazit
Bring Me Home ist schwere Kost bis zum Ende. Trotz konventioneller Erzählung ist Kim Seung-woos Debüt ein entschlossener Thriller über menschlicher Abgründe und innerer Zerrissenheit. Insbesondere die originelle Inszenierung und starke Hauptdarstellerin sorgen nicht nur für Spannung, sondern auch emotionale Teilhabe.
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Bildquelle: Bring Me Home © Busch Media Group