Horror Asien 2010er
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Horrorfilme aus Asien in den 2010ern – Empfehlungen aus der Redaktion

Florians Empfehlungen

Bedevilled (2010, Südkorea)

Hae-won wird von ihrem Chef in Zwangsurlaub geschickt, nachdem sie bei der Arbeit in einer Bank in Seoul die Nerven verlor. Um etwas Abstand vom stressigen Leben in der südkoreanischen Metropole zu bekommen, beschließt sie die Umstände zu nutzen, um der kleinen, einwohnerarmen Insel Mudo, einen Besuch abzustatten, auf der sie aufgewachsen ist.
Dort angekommen wird sie auch sogleich von ihrer alten Freundin aus Kindheitstagen, Kim Bok-nam (Seo Yeong-hie, The Chaser), herzlichst willkommen geheißen. Hae-won wird jedoch schnell klar, dass Bok-nams Leben auf Mudo die reinste Hölle ist. Sie wird pausenlos gedemütigt und misshandelt. Von den älteren Frauen auf der Insel als kostenlose Arbeitskraft ausgenutzt und von den Männern vergewaltigt, ist es allein die Liebe zu ihrer Tochter, die sie das durchstehen lässt. Doch als Bok-nam merkt, dass sich ihr Mann auch an ihrer Tochter vergreift, beschließt sie zu fliehen und hofft auf Hae-wons Hilfe.

Jang Cheol-soos Rache-Thriller lässt sich viel Zeit mit der Darstellung der kleinen Inselgemeinschaft und dem Spürbarmachen von Bok-nams Qualen – und hier sorgt vor allem die erste Filmhälfte in ihrer expliziten Grausamkeit für zugeschnürte Kehlen. Während die Figurenzeichnung der InselbewohnerInnen nur zweckdienlich ist, blüht der Film vor allem in der nuancierten Darstellung der ambivalenten und komplexen Beziehung zwischen Bok-nam und Hae-won auf, die dann auch allzu grobe moralische Schwarz-Weiß-Zeichnungen hinter sich lässt. Die Story rund um die zwei ungleichen Freundinnen ist auch überaus fesselnd und twistreich erzählt, sodass die Spannungsschraube immer weiter angezogen wird.

Mit einer zudem souveränen Inszenierung und starken Schauspielleistungen, vor allem von Seo Yeong-hie, gelingt Jang damit ein famoser Rache-Thriller, der in seiner Intensität seinesgleichen sucht.

Under the Shadow (2016, Iran/Jordanien/Katar/Großbritannien)

Under the Shadow dreht sich um eine junge Familie im Teheran der 80er Jahre. Sie leidet nicht nur unter dem ersten Golfkrieg zwischen dem Iran und dem Irak, sondern auch unter der Unterdrückung durch die neue islamistische Regierung. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, häufen sich plötzlich mysteriöse Ereignisse.

Mit Under the Shadow präsentiert uns der Regisseur Babak Anvari (Wounds), der selbst zu Zeiten des ersten Golfkriegs in Teheran aufwuchs, sein Spielfilm-Debüt. Dadurch nimmt der Film durchaus autobiographische Züge an und der Iraner ist sehr darauf bedacht ein authentisches Zeitbild zu zeichnen – und vor allem die Unterdrückung von Frauen, die besonders unter dem Terrorregime der Islamischen Republik litten, sowie die Schrecken des Krieges erfahrbar zu machen. Bedächtig breitet Anvari in diesem Kontext ein einfühlsames Familiendrama aus, das er gekonnt mit Horrorelementen verwebt.

Gerade dieses Setting wird von Anvari virtuos für den Spannungsaufbau genutzt. Bricht das Böse im Horrorfilm gemeinhin in eine heile Welt ein, so konfrontiert uns der Iraner in Under the Shadow von Anfang an mit einer Gesellschaft, die sich schon an den alltäglichen Schrecken gewöhnt hat. Der fast tägliche Bombenalarm schafft es, auch unabhängig von den mysteriösen Geschehnissen, ein Klima der Bedrohung zu erzeugen. Sehr geschickt entfaltet sich darin eine übernatürliche Gefahr, deren potentieller Realitätsgehalt immer wieder hinterfragt werden muss.

Anvari ist mit Under the Shadow ein unglaublich beeindruckendes, intimes Debüt über seine Heimat gelungen, dem ihr unbedingt eine Chance geben solltet.

Geständnisse (2010, Japan)

In Tetsuya Nakashimas (The World of Kanako) clever konstruiertem Thriller Geständnisse übt eine Lehrerin Vergeltung für den Mord an ihrer Tochter. Mit einem ebenso ausgeklügelten wie perfiden Plan rächt sie sich an den beiden verantwortlichen Schülern.

Nakashimas Werke sind vielfach von einer Überzeichnung der Realität geprägt, die gerade in früheren Filmen wie Kamikaze Girls oder Memories of Matsuko mit ihrer geradezu comichaften-knallbunten Farbpalette schon einen surrealen Touch hatten. Auch in seinem Rachethriller Geständnisse bleibt der Japaner seinem expressiven Stil treu, schraubt das Farbspektrum jedoch deutlich runter und arbeitet vermehrt mit satten, aber dunklen Blau- und Grün-Tönen, die dem Film einen melancholisch-gedämpften Grundton verleihen.

Die bezaubernden audiovisuellen Gemälde, die Nakashima zeichnet, werden dabei von der düsteren Geschichte konterkariert, die in ineinander verwobenen Episoden erzählt wird. Jede Episode ist als Geständnis einer der ProtagonistInnen aus deren Perspektive erzählt, was nicht nur der Figurenzeichnung zu Gute kommt, sondern der Geschichte auch peu à peu mehr Substanz verleiht und uns immer weiter hinabführt in die hässlichen Abgründen menschlichen Seins.

Mit Geständnisse ist Tetsuya Nakashima ein umwerfender und bedrückender Genre-Mix irgendwo zwischen beißender Satire, tristem Drama, fesselndem Rachethriller und märchenhaftem Horrorfilm gelungen, den ihr euch nicht entgehen lassen solltet.

One Cut of the Dead (2017, Japan)

One Cut of the Dead dürfte nach dem ganzen Hype wohl keiner Empfehlung mehr bedürfen, doch solange es noch Menschen da draußen gibt, die diesen wundervollen Zombie-Film nicht kennen, werde ich nicht mit müde, ihn zu lobpreisen. Denn der Zombie-Komödie von Shin’ichirô Ueda ist gelungen, was ich kaum mehr für möglich hielt: Sie bringt doch noch einmal neue Ideen ins vollkommen überstrapazierte Zombie-Genre.

Dabei klingt eine grobe Inhaltsangabe erstmal nicht danach, als könnte der Film Innovationspreise abräumen: Bei den Dreharbeiten zu einem Low-Budget-Zombiefilm wird Regisseur Takayuki Higurashi von einer echten Zombie-Apokalypse überrascht.
Dieser 37 Minuten dauernde Film, der in einer einzigen Einstellung gedreht wurde, ist jedoch nur das Fundament für eine smart konstruierte Komödie. Mehr soll an dieser Stelle auch gar nicht über den Inhalt verraten werden.

Ueda beweist mit One Cut of the Dead sehr eindrücklich, dass es kein großes Budget braucht, um einen grandiosen Film zu drehen. Mit läppischen 27.000 US-Dollar und dafür umso mehr Herzblut entstand hier ein beachtliches Regie-Debüt, das nicht nur mit seiner cleveren Konzeption glänzen kann. Es ist vor allem auch das Auge für Details und die mit Lust am Schauspiel zum Leben erweckten Charaktere, die den Film zu einem köstlich-amüsanten Vergnügen machen.

Damit ist One Cut of the Dead nicht nur einer der besten Zombiefilme, sondern zählt auch zu den besten Komödien der letzten Jahre.

Tumbbad (2018, Indien/Schweden)

Indien ist noch vor den USA das weltweit führende Land in Bezug auf Filmproduktionen, doch im Ausland wird das indische Kino oftmals nur mit großen Tanzszenen in Verbindung gebracht. Dass der indische Film und auch Bollywood viel mehr ist als das, beweist der Historien-Horrorfilm Tumbbad.

Der Film von Rahi Anil Barve und Anand Gandhi spielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Indien noch unter britischer Kolonialherrschaft stand und erzählt die Geschichte einer Familie über drei Generationen, in deren Mittelpunkt Vinayak (Sohum Shah) steht. Er wächst in der ländlichen Gegend von Tumbbad auf, wo das Gerücht umgeht, das im Herrenhaus des Herrschers, dessen unehelicher Sohn Vinayak ist, das Geheimnis für Reichtum begraben liegt. Doch nachdem sein Bruder stirbt, flieht seine Mutter mit ihm aus Angst aus dem Dorf. 15 Jahre später kehrt Vinayak nach Tumbbad zurück, um das Geheimnis zu lüften – doch er trifft auch auf einen uralten Fluch, der seine Familie ins Verderben stürzen soll…

Rahi Anil Barve und Anand Gandhi erzählen eine fesselnde Geschichte, die tief verankert ist in der indischen Geschichte und Kultur. Es tut dem Filmvergnügen jedoch keinerlei Abbruch, wenn man weder mit Hinduismus noch mit der britischen Besetzung Indiens viel anzufangen weiß. Für den Film wurde ohnehin eine eigene, clevere Mythologie rund um den fiktiven Gott Hastar entwickelt, die ausführlich erklärt wird.
Im Kern ist Tumbbad eine epische und universell verständliche Geschichte rund um Gier und dessen Folgen, in Szene gesetzt in absolut beeindruckenden Bildern, die den Vergleich mit ähnlichen internationalen Produktionen keinesfalls scheuen muss. Beeindruckend und gruselig zugleich ist Tumbbad eine Empfehlung für alle, die auf mythologisch angehauchten Period Horror stehen und ihren Horizont bezüglich Bollywood schon immer mal erweitern wollten.


Das waren auch schon die Empfehlungen von unserer Seite. Was sind eure liebsten Asia-Horrorfilme aus den 2010ern?

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Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

...und was meinst du?