The Green Inferno (2013) – Review
Mit The Green Inferno erschuf Regisseur Eli Roth seine persönliche Liebeserklärung an das Kannibalen-Kino der 70er und 80er Jahre und interpretiert das umstrittene Thema auf Hollywood-Art.
Originaltitel: |
The Green Inferno USA, Chile, Kanada, Spanien 100 Minuten Eli Roth Eli Roth, Guillermo Amoedo Lorenza Izzo, Ariel Levy u.a. |
Inhalt
Nach einem Flugzeugabsturz muss sich eine Gruppe studentischer Öko-Aktivisten durch die Tiefen des peruanischen Dschungels kämpfen. Als sie von einem einheimischen Stamm betäubt und in dessen Lager verschleppt werden, merken sie schnell, dass dieser sie nicht so schnell wieder laufen lassen wird.
Kritik
Fällt der Name The Green Inferno, kommt es in der Regel zu hitzigen Diskussionen in der Horror-Community. Während die Die-Hard-Fans des italienischen Kannibalen-Kinos ihre Probleme mit Eli Roths auf Hochglanz poliertem Menschenfresser-Film haben, trifft der Streifen bei vielen jüngeren Horrorfans auf deutlich mehr Gegenliebe. Doch was ist The Green Inferno jetzt? Der gescheiterte Versuch, dem alten Kannibalen-Streifen neues Leben einzuhauchen, oder die gelungene Neuinterpretation eines totgeglaubten Subgenres? Nüchtern betrachtet schafft es Eli Roths visuelles Schlachthaus eigentlich ganz gut, das altbackene Thema ins Hier und Jetzt zu transportieren und muss den Vergleich mit Werken wie Umberto Lenzis Cannibal Ferox oder Eaten Alive! nicht scheuen.
Dass Eli Roth nicht für inhaltliche Dichte steht, sollte mittlerweile allgemein bekannt sein. Weder Cabin Fever noch seine Torture-Porn-Ausflüge Hostel 1 und 2 konnten mit tiefsinniger Story auf sich aufmerksam machen. Ähnlich verhält es sich bei The Green Inferno: Obwohl der Film mit einer durchaus spannenden Rahmenhandlung aufwarten kann, hätte die wenig tiefgreifende Story letztlich auch auf die Fläche eines Klebezettels gepasst. Die gesellschaftskritische Botschaft ist zwar deutlich zu erkennen, funktioniert aber nur oberflächlich. Dennoch gibt sich Roth Mühe, die Geschichte und die Charaktere unterhaltsam einzuführen. Knapp 40-50 Minuten ziehen ins Land, ehe es so richtig zur Sache geht. Schlimm ist das nicht, denn währenddessen werden wir mit allerhand wunderschönen Naturaufnahmen unterhalten. Perfekt in Szene gesetzt, weiß der Regisseur, wie er seine Zuschauer mit beeindruckender Bildgewalt bei der Stange hält. Werden wir dann endlich mit dem Empfangskomitee der Kannibalen und ihrer sadistischen Ader konfrontiert, schöpft Roth wieder aus dem Vollen. Ähnlich wie auch schon in seinem Genre-Türöffner Hostel, weiß er auch in The Green Inferno, wie er exzessive Gewaltdarstellungen nutzen kann, um den Zuschauer mental ins Taumeln zu bringen. Es wird gehackt, abgestochen und gevierteilt. All das in hochwertiger Qualität und, wie von Roth gewohnt, in widerwärtiger, blutiger Manier.
Die Charaktere sind weder besonders tiefgründig noch so unsympathisch, dass man jedem den sofortigen Kannibalentod wünscht. Gerade an ihnen zeigt sich, dass Eli Roth sein Werk nicht allzu ernst nimmt, denn ich weigere mich einfach zu glauben, dass er seine Figuren in die Rotorblätter eines Flugzeugs stolpern lässt, ohne dabei ein Augenzwinkern gen Drehbuch zu richten. Eli Roths Lebensgefährtin Lorenza Izzo, die schon in seinen Filmen Knock Knock und dem Haus der geheimnisvollen Uhren mitgewirkt hat, liefert auch in The Green Inferno eine solide Leistung ab. Als Hauptbezugsperson verfolgen wir ihren Kampf durch die erbarmungslose Wildnis und schaffen es sogar, einen Funken Mitgefühl für das arme Mädel aufblitzen zu lassen. Ebenso wie die anderen Charaktere, darf auch Frau Izzo ihre Klamotten anbehalten. Insgesamt fällt Roths Schlachtplatte im Vergleich zu seinen Vorbildern äußert prüde aus. Typisch amerikanisch eben. Hier kämpfen sich keine nackten Gefangenen durch den Urwald und entblößte Haut gibt es nur in obligatorischer Schwimmbad-Manier. Allerdings hat Umberto Lenzis Cannibal Ferox auch schon vor knapp 40 Jahren bewiesen, dass nackte Haut allein einen Film noch nicht aufwertet und dass man abgeschnittene Penisattrappen lieber weglassen sollte, als sie amateurhaft zu Provokationszwecken zu nutzen.
Eli Roth begab sich für seinen Ausflug ins Kannibalen-Kino in die Tiefen des peruanischen Amazonasgebietes. Genaugenommen sogar so tief in den Urwald, wie sich bis dato niemand für einen Film wagte. Die Wahl der Location beweist wiedermal, dass Eli Roth ein durchaus engagierter Regisseur ist. Das saftige Grün der Wälder und das Rauschen der Flüsse bilden einen Sog, dem man sich als Zuschauer kaum zu entziehen weiß. Eli Roth wollte nicht nur das Setting möglichst authentisch halten, sondern auch die im Film vorkommenden Charaktere. So gelang es dem Regisseur, ein dort angesiedeltes peruanisches Ureinwohnerdorf für seinen Streifen zu gewinnen, das sich über den Besuch der Filmcrew außerordentlich freute. Sogar so sehr, dass sie der Produktionsdesignerin aus Dankbarkeit ein Baby als Geschenk überreichen wollten, das die Dame aber natürlich höflich ablehnte.
Fazit
Auch wenn The Green Inferno einem Meilenstein wie Cannibal Holocaust nicht das Wasser reichen kann, haben wir hier immer noch einen der besseren Kannibalen-Streifen, obwohl er angesichts seiner Thematik vielleicht ein bisschen zu aufpoliert daherkommt. Eli Roth beweist wieder einmal, dass er im Grunde kein schlechter Regisseur ist. Leider schafft er es aber auch hier wieder nicht, sein Talent für visuelle Darstellung mit einer packenden Story zu krönen. Bei The Green Inferno ist das allerdings auch nicht weiter tragisch, denn als Hommage an die alten Dschungel-Exploitationer gehören etwas dümmliche Charaktere und eine laue Story beinahe schon zur Genrekonvention, die hier nicht schlechter umgesetzt wurde, als in 95 Prozent der alten Italo-Gurken. Roths Werk setzt ihm definitiv kein Denkmal, funktioniert aber gerade aufgrund seiner Inszenierung deutlich besser, als viele der alten, billig produzierten italienischen Genrebeiträge und ist deshalb auch unterhaltsam genug, um die 100-minütige, scheußlich-schöne Gewaltorgie über sich ergehen zu lassen.
The Green Inferno ist eine vollkommen anspruchslose Kannibalen-Schlachtplatte mit einer halbgaren Rahmenhandlung, wunderschönen Landschaftsaufnahmen und tollen Gore-Effekten. Diejenigen, die einen Schrein im Wohnzimmer haben, auf dem sie die Deodatos und Lenzis dieser Welt verehren, werden voraussichtlich ein Problem mit der aalglatten visuellen Umsetzung haben. Für alle, die nicht allzu sehr an den alten Filmen hängen, aber grundsätzlich etwas mit der Thematik anfangen können und zusätzlich einen starken Magen besitzen, könnte sich ein Blick durchaus lohnen. Wer hingegen etwas Anspruchsvolles sucht: Weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen!
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Bildquelle: The Green Inferno © Constantin Film