The Perfection
Kritik

The Perfection (2018) – Review

Die schönen Künste erweisen sich im neuen Netflix-Thriller The Perfection als schmutziges Handwerk.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

The Perfection
USA
90 Minuten
Richard Shepard
Eric C. Charmelo, Richard Shepard, Nicole Snyder
Allison Williams, Logan Browning, Steven Weber u.a.

Inhalt

Die Cellistin Charlotte (Allison Williams, Get Out) galt als größte Hoffnung der renommierten Bachoff-Akademie und als persönlicher Schützling des Leiters Anton. Doch der Traum zerplatzt, als ihre Mutter schwer erkrankt und Charlotte die Akademie verlässt, um sie zu pflegen. Nachdem die alte Dame zehn Jahre später verstorben ist, sucht Charlotte erneut den Kontakt zu ihrem ehemaligen Mentor, der gerade in Shanghai nach neuen Talenten sucht.  Dort trifft sie auch auf Elizabeth (Logan Browning, Breaking at the Edge), die damals ihren Platz an der Akademie eingenommen und sich inzwischen zum gefeierten Star entwickelt hat. Doch die Begegnung der beiden Frauen verläuft anders als erwartet und bringt sie schon bald an ihre Grenzen  …

Kritik

Der Film ist unterteilt in vier Kapitel, die uns immer tiefer in die Geschichte eintauchen lassen – wobei das in diesem Fall einem traumatischen Abstieg in die Hölle menschlicher Abgründe gleichkommt. Hoher Konkurrenzdruck, eiserne Disziplin und das Streben nach Perfektion sind auf den ersten Blick die zentralen Motive des Netflix-Neuzugangs The Perfection. Nicht umsonst wird „Spiel‘ durch den Schmerz“ zum geflügelten Wort und gleich mehrere Figuren müssen sich diese zynische Belehrung gefallen lassen.

Aber spätestens, wenn die vermeintlichen Rivalinnen Charlotte und Elizabeth noch in der Nacht ihres Kennenlernens miteinander im Bett landen, zeigt sich, dass der Film eine ganz andere Richtung einschlägt. Statt erbittertem Zickenkrieg präsentieren die Macher uns eine intensive Liebesgeschichte. Allzu lange hält jedoch auch dieses Glück nicht an und eine Busfahrt in die chinesische Peripherie entwickelt sich zum Horrortrip.

The Perfection

The Perfection klar einem Genre zuzuordnen, dürfte schwierig werden. Handelt es sich um eine queere Liebesgeschichte, ein Künstler-Drama, einen Erotik-Thriller oder morbiden Body Horror? Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Ja. Und das Spiel mit seiner Hybridität macht der Film sich zunutze, indem er gekonnt die Erwartungen an bestimmte Genres aufruft und sie prompt unterwandert. Sobald man glaubt zu wissen, wie es weitergeht, nimmt die Handlung garantiert eine vollkommen unerwartete Wendung. Der Weg zur Erkenntnis ist gespickt mit Sackgassen.

The Perfection

Diese labyrinthische Struktur ist zugegebenermaßen weniger dem intelligenten Plot, als vielmehr einer äußerst geringen Hemmschwelle gegenüber abstrusen Wendungen geschuldet. Die Geschichte scheint Regisseur Richard Shepard zunehmend zu entgleiten und ein unheimliches Eigenleben zu entwickeln. Durch Zeitsprünge innerhalb der Handlung taucht der Film diese mehrfach in ein komplett neues Licht und lässt den Zuschauer dabei mit immer ungläubigerem Blick ob der soeben aufgetischten Enthüllungen zurück. Das kunstvolle Spiel mit Erzählsträngen erfordert Mut und kann vielschichtige Meisterwerke hervorbringen, in diesem Fall fehlt es jedoch schlicht am nötigen Fingerspitzengefühl.

Um die mangelnde psychologische Tiefe zu übertünchen, greift Shepard auf ein bewährtes Mittel zurück: den kalkulierten Tabubruch. Brutalität und Ekel sind zentrale Elemente der Geschichte, die im Vorfeld bereits für Warnungen an zartbesaitete Zuschauer gesorgt haben. Von der „Grenzerfahrung“, die einige Kritiker beschwören, ist The Perfection allerdings denkbar weit entfernt. Alles, was man den Machern nachsagen könnte, wäre ein etwas übertriebenes Faible für Körperausscheidungen. Dem im Kern durchaus ernsten Thema ihres Films tun sie damit jedenfalls keinen Gefallen.

The Perfection

Fazit

Der kaleidoskopische Genre-Mix The Perfection besticht durch seine elegante Machart und das ungewöhnliche Konzept. In der Welt der klassischen Musik hat Perfektion ihren Preis – und wie hoch der sein kann, müssen Charlotte und Elizabeth am eigenen Leib erfahren. Leider nutzt Regisseur Richard Shepard das Potenzial der Geschichte nicht aus, sondern versteigt sich in immer wildere Eskapaden. Die Glaubwürdigkeit seiner Protagonistinnen bleibt dabei ebenso sehr auf der Strecke, wie das eigentlich brisante Grundthema.

Bewertung

Spannung Rating: 3 von 5
Atmosphäre Rating: 3 von 5
Gewalt  Rating: 3 von 5
Ekel  rating3_5
Story  Rating: 1 von 5

Bildquelle: The Perfection © Netflix

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

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