Blair Witch 2 (2000) – Review
Blair Witch 2 ist die hervorragende Fortsetzung zum Found-Footage-Meisterwerk. Nein. Alles nur Spaß. Warum? Genau deshalb… hereinspaziert.
Originaltitel: |
Book of Shadows: Blair Witch 2 USA 90 Minuten Joe Berlinger Joe Berlinger, Dick Beebe Jeffrey Donovan, Stephen Barker Turner, Erica Leerhsen u.a. |
1999 erschien ein Horrorfilm, der das Genre kräftig auf den Kopf stellen sollte: The Blair Witch Project. Ein pseudo-dokumentarischer Found-Footage-Film, den so gut wie jeder einmal gesehen hat und der sich mittlerweile tief in der Popkultur verankert hat. Nicht nur, weil er diesem Stilmittel zu großem Erfolg verhalf, sondern auch, weil durch die gute Vermarktung sehr viele Zuschauer dachten, dass das Material echt sei – was sich natürlich später als falsch heraus gestellt hat. Jedoch war der Film ein so großer Erfolg, dass er das Vielfache seiner Kosten einspielte. Eine Fortsetzung war eigentlich nur eine Frage der Zeit. Nur ein Jahr später bekamen die Zuschauer diese und waren verblüfft. Denn Book of Shadows: Blair Witch 2 war alles andere als das, was man sich erhofft hatte.
Blair Witch 2 spielt ungefähr ein Jahr nach der Filmpremiere von The Blair Witch Project. Durch den großen Erfolg des Filmes strömen tausende Fans nach Burkittsville (dem Drehort des Films). Ebenso eine Gruppe von fünf Leuten, die sich unter der Führung des Einheimischen Jeff in die Wälder begeben, um dort nach Spuren der angeblichen Hexe zu suchen. So verbringen sie die Nacht in der Ruine eines Hauses, in welchem Rustin Parr vor 60 Jahren sieben Kinder im Auftrag der Hexe von Blair ermordet haben soll (natürlich mit einer Menge Alkohol und Drogen). Doch nach dieser Nacht passieren immer wieder merkwürdige und verstörende Dinge, die die Gruppe langsam aber sicher nicht nur den Verstand, sondern auch nach und nach das Leben verlieren lassen.
So sehr man es auch versucht, aber dieses Sequel ist und bleibt einfach ein unterdurchschnittlicher Film ohne den Anspruch oder die Raffinesse des Erstlingswerks. Was man stattdessen serviert bekommt, ist ein Film, der krampfhaft versucht, an dessen Erfolg anzuknüpfen und dabei komplett versagt. Der Rechteinhaber Artisan Entertainment sah viel Geld in einer Fortsetzung, solange man noch die Kuh melken konnte. So wurden Joe Berlinger (der ebenfalls Regie führte) und Dick Beebe engagiert, um ein Drehbuch zu verfassen. Im Nachhinein musste man den ersten Entwurf noch einmal umschreiben, da er den Produzenten nicht gefiel. Zu direkt und düster. Wären sie bloß beim Original geblieben! So musste Regisseur Joe Berlinger auch immer wieder Re-Shoots anordnen. Ebenso auf Anraten der Produktion. Hätten sie es mal bleiben lassen.
Heraus gekommen ist ein wirrer Mix aus Found-Footage und Spielfilm, der nicht weiß, welchen Weg er einschlagen soll. Das Ganze kommt so stümperhaft daher, dass jeder Azubi im Cutterbereich das besser hinbekommen hätte – könnte aber auch daran liegen, dass Artisan den Film noch einmal in Eigenregie geschnitten hat. Der Film springt hin und her wie ein Hase auf der Flucht, immer wieder durchbrochen durch irgendwelche unappetitlichen Gewaltspitzen und Blutorgien, die vielleicht zur „Story“ passen sollen, aber auch eher an billige deutsche Splatter-Film ohne Splatter und deutscher Sprache erinnern.
Mit mehr Zeit und einem anständigen Drehbuch hätte man sicher mehr herausholen können. Ebenso bei der Figurenzeichnung, bei der man immer wieder einen leichten Schluckauf bekommt, wenn man die einzelnen Protagonisten betrachtet. Ein so klischeebeladenes Ensemble an Charakteren findet man selten. Vom typisch depressiven, stets vollgedröhnten Gothic-Chick bis hin zum komplett verrückten und manischen Technikfreak haben wir hier so einiges vertreten. Da fasst man sich automatisch an die Augen, um sie langsam und schmerzvoll in die Höhlen zu drücken. Aber mit viel nackter Haut soll der Durchschnitts-Horrorfilmgucker zufrieden gestellt werden. Sex Sells.
Bei der Musikauswahl hat man auch hier wieder keine Mühen und Kosten gescheut. Passend zur nicht vorhandenen Stimmung, wurde eine erlesene Auswahl an Poprock, Hardrock und Metal zusammengestellt. Unter diesen Juwelen aus der Zeit Ende der 90er bis Anfang der 2000er, befinden sich unter anderem Stücke von Godhead, Rob Zombie, System of a Down, Marilyn Manson oder Nickelback. Manchmal fragt man sich, wie die Leute auf solch eine Idee kommen, eben genau diese Art von Musik auszuwählen, anstatt einen klassischen Score zu benutzen, der hier weitaus mehr Sinn ergeben hätte. Sitzen die Verantwortlichen in einem Raum und beraten sich ungefähr so: „Also Leute. Wir haben hier wieder eine Rohfassung von so einem B-Movie-Shit. Dieses Mal irgendwas mit Hexen und Sex oder so. Wie schaut’s aus? Hat jemand eine Idee?“ Dann meldet sich so ein kleiner Wicht mit Anzug und Krawatte und sagt: „Also wir haben ja so Sex & Drugs. Dann nehmen wir halt Rock and Roll.“
Anders kann man sich das nicht vorstellen. Eines muss man Blair Witch 2 jedoch zugestehen: Ohne diesen Film hätte Marilyn Manson sicher nie den Song „Suicide is Painless“ gecovert (das Original ist die Titelmelodie zur TV-Serie M.A.S.H).
Berlinger selbst wollte den Film auch mit Sinatras „Witchcraft“ starten, jedoch bestand Artisan Entertainment auf die Verwendung von Marilyn Manson.
Fazit
Blair Witch 2 hätte ein gruseliges, gut gemachtes Sequel werden können, verkommt aber durch zu viele Fehler und Nichtigkeiten zu einer Lachnummer. Wenn auch mit einigem Potenzial.
P.S.: Das im Titel erwähnte Book of Shadows kommt nicht einmal im Film vor. Denkt mal darüber nach.
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Story |
Bildquelle: Blair Witch 2 © Highlight Film