Alexandre Ajas Maniac
Kritik

Alexandre Ajas Maniac (2012) – Review

Maniac ist Hommage und Neuverfilmung zugleich: Elijah Wood begeistert im Remake des 80er-Jahre-Slashers als psychotischer Frauenmörder Frank Zito und der Zuschauer wird zum Komplizen wider Willen.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Maniac
Frankreich, USA
89 Minuten
Franck Khalfoun
Alexandre Aja, Grégory Levasseur, Joe Spinell
Elijah Wood, Nora Arnezeder, America Olivo u.a.

Inhalt und Hintergrund

Frank Zito ist ein talentierter Restaurator, der alte Schaufensterpuppen voller Hingabe wieder herrichtet. Seit dem Tod seiner Mutter betreibt er das elterliche Geschäft allein. Die leblosen Mannequins geben dem schüchternen Mann ein Gefühl der Sicherheit, während er im Umgang mit echten Menschen unbeholfen und schreckhaft wirkt. Ein Trauma aus seiner Kindheit quält Frank noch immer und eskaliert in einer Serie von Morden an Zufallsbekanntschaften. Als er auf die Fotografin Anna trifft und sich ernsthaft zu verlieben droht, gerät seine Welt endgültig aus den Fugen.

Nach P2 – Schreie im Parkhaus ist Maniac die zweite Zusammenarbeit von Franck Khalfoun (Prey) und Alexandre Aja (High Tension, The Hills Have Eyes – Hügel der blutigen Augen). Obwohl ihr Remake einige entscheidende Änderungen im Handlungsverlauf vornimmt, bleibt es der drastischen Gewaltdarstellung des Originals treu. Seit März 2015 ist der Film darum in der ungekürzten Fassung bundesweit beschlagnahmt.

Kritik

Franks Streifzüge durch das nächtliche Los Angeles untermalen seine Gemütslage auf deprimierende Weise und zeichnen zugleich ein Bild neonfarbener Einsamkeit. Die unendlichen Möglichkeiten der Metropole werden nur zu immer neuen Quellen der Enttäuschung bei der Suche nach Zuneigung und Intimität. Trotz seiner expliziten Gewaltdarstellung, gelingt es Maniac durch die relativ konsequent durchgehaltene Ego-Perspektive, Franks Selbstekel und seine Verzweiflung erlebbar zu machen. Das liegt auch am carpenteresken Soundtrack, der mit seinen treibenden Synthieklängen die verdrehte Innenwelt des Protagonisten zu spiegeln weiß. Realität und Halluzination überlagern sich, ziehen den Zuschauer immer tiefer in die seelischen Abgründe hinab.

Alexandre Ajas Maniac

Dass Maniac so großen Wert auf die Psyche des Mörders legt, soll aber nicht heißen, dass die Gewalt darüber zu kurz kommen würde. Die Unausweichlichkeit, mit der man hier zum Voyeur und Komplizen wird, ist bedrückend. Gebunden an den Blick des Killers, bleibt dem Zuschauer kein Detail erspart – und Frank ist nicht zimperlich. Die blitzende Klinge dringt tief in die Körper seiner Opfer ein, fest drücken sich die Hände um ihren Hals und am Ende werden die Frauen – teils noch lebend – skalpiert.

Diese Trophäen finden sich schließlich auf den Köpfen seiner Schaufensterpuppen wieder, noch blutverschmiert und zunehmend verwesend. Frank stört sich daran nicht, durch die fragwürdigen Echthaarperücken werden die unbeseelten Puppen für ihn lebendig, werden zu eben jenen Frauen, die er zuvor getötet hat und um die er sich nun liebevoll kümmert. Die Szenen, in denen er seinen Puppen – umgeben von zahllosen Fliegen – zärtlich das Haar kämmt, sind dabei ebenso wichtig für das Verständnis dieses schizophrenen Charakters, wie die brutalen Morde.

Alexandre Ajas Maniac

Obwohl nahezu alle Morde nach demselben Muster ablaufen, zieht jeder davon den Zuschauer ganz in seinen Bann. Das liegt neben der insgesamt sehr guten Kameraarbeit und den überzeugenden Effekten vor allem an der bemerkenswerten Performance von Elijah Wood (Hooligans, Oxford Murders). Woods Stimme trägt den Film und vermittelt überzeugend die Gebrochenheit des Charakters; eine besonders verstörende Qualität liegt gerade in den wenigen Reflektionen seines Gesichts in Autofenstern oder Badezimmerspiegeln. Nora Arnezeder (Safe House) ist sein perfekter Gegenpart, sie verkörpert die Fotografin Anna derart hinreißend, dass es beinahe zur Qual wird ihr dabei zuzusehen, wie arglos sie auf Franks Avancen eingeht.

Fazit

Khalfouns und Ajas Wertschätzung für den Klassiker von 1980 scheint immer wieder durch, dennoch ist Maniac eine sehenswerte und vor allem eigenständige Neuinterpretation. Psychologische Dichte trifft auf rohe Gewalt: Khalfoun gelingt das eindringliche Psychogramm eines Gequälten, der mit seinem Scheitern am Leben beinahe Mitleid hervorruft – wäre er nicht gleichzeitig ein grausamer Frauenmörder. Es ist alles eine Frage der Perspektive.

Bewertung

Spannung Rating: 3 von 5
Atmosphäre Rating: 5 von 5
Gewalt  rating4_5
Ekel  rating3_5
Story  Rating: 3 von 5

Bildquelle: Alexandre Ajas Maniac © Ascot Elite Entertainment Group

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

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