Tanz der toten Seelen (1962) – Review
Tanz der toten Seelen ist eine kleine innovative Genre-Perle, die Größen wie George A. Romero und David Lynch inspirierte. Sollte man gesehen haben.
Originaltitel: |
Carnival of Souls USA 78 Minuten Herk Harvey John Clifford |
In Tanz der toten Seelen oder Carnival of Souls folgen wir der jungen Frau Mary Henry bei ihrem Versuch ein neues Leben in Salt Lake City als Orgelspielerin aufzubauen nachdem sie zuvor einen schweren Autounfall hatte, bei dem ihre zwei Freundinnen ums Leben kamen. Der Neuanfang gestaltet sich jedoch nicht so einfach. Mary wird von Albträumen geplagt, hat das Gefühl von einem mysteriösen Mann verfolgt zu werden und fühlt sich allgemein sehr fremd in der neuen Umgebung. Zudem übt ein verlassener Vergnügungspark eine seltsame Anziehungskraft auf Mary aus. Ob dies alles irgendwie zusammenhängt…?
Ein verlassener Vergnügungspark als Inspiration
Die Idee zum Film kam Regisseur Herk Harvey zufällig als er an dem verlassenen Vergnügungspark Saltair in der Nähe von Salt Lake City vorbeifuhr. Er erkundete den Park und wollte die Location unbedingt für einen Horrorfilm nutzen. Daher bat er John Clifford, ein Kollege bei Centron, ein Drehbuch dazu zu schreiben. Harvey drehte für Centron Schulungsfilme und hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen einzigen Spielfilm gedreht und Tanz der toten Seelen sollte auch sein einziger Spielfilm bleiben.
Harvey trat allein mit der Idee an Clifford heran, dass irgendwelche Kreaturen aus dem See kriechen und im Pavillon zu tanzen beginnen. Darüber hinaus hatte Clifford vollkommene Freiheit bei der Entwicklung des Drehbuches.
Für den Dreh hatten Harvey, Clifford und ihr Team ungefähr $ 30.000 zur Verfügung und drei Wochen Zeit, die Sache unter Dach und Fach zu bekommen. Da Clifford schon beim Schreiben wusste, dass sie kaum Geld zu Verfügung haben würden, setzte er das Drehbuch schon entsprechend Geld sparend an. So wurden Charakterzeichnungen auch an die möglichen Drehorte angepasst, welche auf ein paar wenige beschränkt werden sollten.
Ein Teil der Szenen wurden auch im heruntergekommenen Vergnügungspark Saltair gedreht, welcher sich als perfektes Setting für den Film entpuppte. Ironischerweise ging jedoch genau jene Szene, die zeigt wie die Kreaturen aus dem Wasser steigen, leider verloren.
Nach einer kleinen Premiere im Heimatort von Harvey und Clifford hatten diese größte Probleme den Film in Hollywood irgendwem zu verkaufen. Schlussendlich lief der Film relativ kurz als Double-Feature mit The Devil’s Messenger und später im Mitternachtsprogramm im Fernsehen. Diese TV-Aufführungen waren es schlussendlich auch, welche Carnival of Souls über die Jahre eine treue Fanschar bescherten und ihn zu einem Kultklassiker aufstiegen ließen.
Der Albtraum einer unverständlichen, unkontrollierbaren Welt
Dass Tanz der toten Seelen zuerst floppte und sich danach zum Kultklassiker entwickelte, der selbst Größen wie George A. Romero und David Lynch inspirierte, hat ein und desselben Grund: er war seiner Zeit voraus.
Der Film lebt stark von seiner alptraumhaften, surrealen Grundstimmung und von einigen unkonventionellen Ideen in Bezug auf Inhalt und Form. Gerade was die Form betrifft war Carnival of Souls quasi die direkte Inspiration für Romeros Night of the Living Dead. Das Drehbuch und die Inszenierung lassen uns in die Schuhe von Protagonistin Mary schlüpfen und uns miträtseln, was zum Teufel mit dieser Welt nicht stimmt. Nachdem wir inzwischen ganze Regie-Karrieren haben, die allein auf Plottwists aufgebaut sind, mag die Auflösung der Geschichte heute nicht mehr verwundern, damals war dies jedoch noch ganz anders. Drehbuchautor John Clifford sagte selbst in einem Interview, dass er zu dem Zeitpunkt als Mary aus dem Fluss stieg noch keine Idee hatte, wie er dies am Ende erklären würde.
Cliffords wundervolle Erzählung über Entfremdung wird von Harvey gekonnt in passende Bilder gegossen. Da der Film mit sehr wenig Dialogen auskommt, wird Marys Innenleben sehr oft symbolhaft über die Bildsprache dargestellt. Sei es über ein verschwommenes Bild, ein verzerrtes Spiegelbild oder über den Lichteinfall, der Marys Körper in viele kleine Rechtecke aufteilt.
All dies sind Zeichen dafür wie Mary und ihre Welt zerfällt. Es ist in Tanz der toten Seelen dementsprechend auch kein maskierter, Axt schwingender Killer von dem die Gefahr ausgeht, sondern ein allgemeiner irrationaler Kontrollverlust. Die bedrohliche Atmosphäre entsteht aus einer Umwelt, die die Protagonistin stellvertretend für uns nicht mehr versteht und nicht mehr kontrollieren kann.
Der Film ist insbesondere in Anbetracht heutiger Horror-Standards sicher nicht überaus erschreckend, aber gerade die ständige bedrohliche Atmosphäre und das ständige Gefühl etwas sei nicht in Ordnung, macht diesen Film auch noch nach 55 Jahren zu einem würdigen Vertreter des Genres, den man definitiv mal gesehen haben sollte. Auch wenn der Streifen doch ein paar Längen hat und auf Grund des kleinen Budgets und der geringen Erfahrung vieler Mitwirkenden einige Fehler aufweist, so beinhaltet der Film viele Szenen, die dermaßen genial inszeniert sind, dass sie für alles andere entschädigen. Tanz der toten Seelen ist eine leider viel zu unbekannte Perle, der ihr durchaus eine Chance geben solltet.
Bewertung |
|
Spannung | |
Atmosphäre | |
Gewalt | |
Ekel | |
Story |
Bildquelle: Public Domain