Kritik

Fear of Rain – Die Angst in dir (2021) – Review

Die 17-jährige Rain würde gern ein normales Leben führen, wäre da nicht ihre Schizophrenie, die sie ständig zur Außenseiterin macht und obendrein mit schrecklichen Halluzinationen verfolgt. Als sie ein Verbrechen beobachtet, glaubt ihr darum niemand und ein erbitterter Kampf um die Wahrheit beginnt. Wir haben uns auf Spurensuche begeben und Fear of Rain vorab für euch gesichtet.

Originaltitel: Fear of Rain
Land: USA
Laufzeit: 109 Minuten
Regie: Castille Landon
Drehbuch: Castille Landon
Cast: Katherine Heigl, Madison Iseman, Israel Broussard u.a.
VÖ: Ab 26.03.2021 als VoD, DVD und Blu-ray

Inhalt

„Ist es möglich? Kann es hier existieren? Reagiert irgendjemand anderes?“ Diese Checkliste begleitet Rain (Madison Iseman, Annabelle 3) tagtäglich, um herauszufinden, ob sie gerade halluziniert oder etwas wirklich passiert. An ihrer Schule gilt die junge Frau, die an Schizophrenie leidet, darum als „die Verrückte“ – einzig der neue Mitschüler Caleb (Israel Broussard, Happy Deathday) scheint Verständnis für sie aufzubringen. Er unterstützt sie auch, als Rain – sehr zum Leidwesen ihrer Eltern – davon überzeugt ist, im Haus ihrer Nachbarin (Eugenie Bondurant, Conjuring 3) ein kleines Mädchen gesehen zu haben, das entführt wurde. Fortan kämpft Rain nicht nur um ein normales Leben als Teenager, sondern setzt alles an die Befreiung des entführten Kindes. Doch ist sie wirklich einem düsteren Vermisstenfall auf der Spur oder spielt ihr Verstand der jungen Frau nur einen grausamen Streich?

Kritik

„Das ist nicht fair. Manche sehen oder hören Gott. Die hält keiner für irre.“ – „Das ist nicht dasselbe.“ – „Wieso nicht?“

Die Darstellung psychischer Krankheiten ist eine tückische Angelegenheit, die häufig nicht über eine Reproduktion von Klischees hinausgeht – schlimmstenfalls werden die belastenden Symptome dann noch zu Lieferanten für kurzlebige Effekte degradiert. Eine Stigmatisierung wird dadurch nicht nur nicht abgebaut, sondern im Gegenteil noch weiter verstärkt, obwohl die Entscheidung darüber, wer als „irre“ gelten kann, letztlich allein von der Perspektive abhängt. In Fear of Rain wählt Drehbuchautorin und Regisseurin Castille Landon einen anderen Weg, indem sie nicht nur die psychische Krankheit, sondern auch den damit verbundenen hohen Leidensdruck einfühlsam darstellt. Zu den üblichen Teenie-Problemen kommen bei der jugendlichen Protagonistin etwa Schuldgefühle gegenüber ihren Eltern, da sie sich als Bürde für die Familie empfindet. Wären sie ohne ihre Tochter am Ende gar glücklicher?

Obwohl auch Fear of Rain bei der Darstellung von akustischen und optischen Halluzinationen gelegentlich mit genretypischen Motiven wie blutigen Duschvorhängen oder düsteren Friedhöfen aufwartet, setzt Landon meist auf subtilere Darstellungsmittel wie leichte Unschärfen, Verzerrungen oder ungewöhnliche Blickwinkel. Gemäß Rains Mantra – „Ich bin nicht nur meine Krankheit!“ – dienen diese aber vor allem dazu mit der jungen Frau mitfühlen zu können sowie der Sensibilisierung für die Hindernisse, mit denen sie sich alltäglich konfrontiert sieht. Vor allem durch die starke Performance von Hauptdarstellerin Madison Iseman gewinnt die Figur an Authentizität, die mit einer breiten Palette an Emotionen und einem enorm körperlichen Spiel alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Fear of Rain stellt auch einige Nebencharaktere wie die ehemals beste Freundin und insbesondere die Eltern vor, die ganz unterschiedlich auf die Erkrankung reagieren. Dabei wird deutlich, dass Rains Schicksal zugleich eine Belastungsprobe für das ganze Umfeld ist – der nicht alle standhalten – doch bedient der Film sich dazu größtenteils Stereotypen, so dass der Fokus ganz klar bei Rain bleibt.

Diese Zentrierung auf das Innenleben der Figur bleibt freilich nicht ohne dramaturgische Konsequenzen,  denn erzählt wird die Geschichte aus Rains Perspektive, einer unzuverlässigen Erzählerin par excellence, die sich nicht einmal selbst über den Wirklichkeitsgehalt des Erlebten sicher sein kann. Neben der Existenz des entführten Kindes ist nämlich auch die Realität ihres neuen Freundes fraglich, so dass die Suche nach dem vermissten Mädchen zu einer Reise ins Spiegelkabinett wird, bei der Illusion und Wirklichkeit zunehmend verschwimmen. Heraus kommt ein gigantisches Perpetuum mobile aus Realitätsebenen, die zum Irrgarten für Rains Verstand werden – für die Zuschauenden hingegen wirken die zahllosen Irrungen und Wirrungen arg konstruiert und sind oft leicht durchschaubar. Daran krankt auch die Gratwanderung zwischen Drama und Thriller, die Landon anstrebt. Nicht nur sind die spannungstreibenden Elemente rar gesät, sie drohen sich auch zwischen den zahllosen Spiegelungen zu verlieren.

Fazit

Fear of Rain begeistert durch die einnehmende Performance von Madison Iseman, die den Kampf der Hauptfigur mit sich selbst und der Welt auch für die Zuschauenden greifbar werden lässt. Originalität und Spannung lässt der Film zwar häufiger vermissen, dennoch gelingt Drehbuchautorin und Regisseurin Landon ein Psychodrama mit subtil eingestreuten Horrorelementen und einigen handwerklichen Finessen, das ein Herz für Außenseiter:innen beweist.

 

Bewertung

Grauen Rating: 2 von 5
Spannung Rating: 2 von 5
Härte  Rating: 1 von 5
Unterhaltung  rating3_5
Anspruch  Rating: 3 von 5
Gesamtwertung Rating: 3 von 5

Ab 26.03.2021 im Handel:

Bildquelle: Fear of Rain – Die Angst in dir © Leonine

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

...und was meinst du?