Arrival
Kritik

Arrival (2016) – Review

Arrival ist intelligent konstruiertes Sci-Fi-Kino abseits von großem Getöse und lädt ganz neben sogar noch zum Sprachenlernen ein.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Vorlage:
Cast:

Arrival
USA
116 Minuten
Denis Villeneuve
Eric Heisserer
Kurzgeschichte „Geschichte deines Lebens“ von Ted Chiang
Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker u.a.

Die Ankunft

Arrival handelt von der titelgebenden Ankunft von 12 Raumschiffen – verteilt über die ganze Welt. Warum sind sie hier? Wie kamen sie her? Was wollen sie hier? Diese und andere Fragen sollen auf US-amerikanischer Seite die Linguistin Louise Banks und der Physiker Ian Donnelly, gespielt von Amy Adams und Jeremy Renner, klären.

Wir werden Gedankendelikte unmöglich machen, weil es keine Wörter mehr geben wird, um sie auszudrücken

Dieser Satz stammt aus George Orwells dystopischem Roman „1984“, in welchem versucht wird, mittels Sprache das Denken der Menschen einzuschränken. Diesem Gedanken zu Grunde liegt die Sapir-Whorf-Hypothese, die davon ausgeht, dass unsere Sprache unser Denken beeinflusst. Wird bei Orwell die Sprache missbraucht, um Menschen zu unterdrücken, so sieht die Sci-Fi-Kurzgeschichte „Geschichte deines Lebens“ von Ted Chiang aus dem Jahr 1998 nicht nur Gefahren, sondern auch durchaus Chancen in dieser sprachwissenschaftlichen Hypothese – was mich nun auch endlich zur eigentlichen Review bringt, denn auf Chiangs Geschichte basiert das Drehbuch zu Arrival.

Wer jetzt schon fast vor Langeweile vom Stuhl gekippt ist, sollte vielleicht mit etwas Vorsicht an Arrival herantreten, denn hier bekommt man keinen konventionellen Sci-Fi-Alien-Katastrophenfilm geboten. Regisseur Denis Villeneuve (Prisoners, Blade Runner 2049) und Drehbuchautor Eric Heisseres (Lights Out, Bird Box) interessieren sich weniger für außerirdische Kriegsführung, als eben für jene sprachwissenschaftliche Hypothesen. Darum schicken sie auch keine Spezialeinheit in den Kampf, sondern vertrauen auf eine Linguistin und einen theoretischen Physiker.

Der Film stellt hier viele spannende Fragen zum Zusammenwirken von Sprache und Denken. Denken wir in einer anderen Sprache anders? Kann man mit dem Erlernen einer neuen Sprache seine Denkstrukturen verändern? Was wäre, wenn wir eine non-lineare Sprache erlernen würden, würden wir dann auch losgebunden von Zeit denken können, gar losgelöst von Zeit handeln?

Im Gegensatz zu sonst geläufigem Technobabble, laden Villeneuve und Heisserer uns dazu ein mit ihnen über aktuelle Hypothesen der Sprachwissenschaften nachzudenken. Einem Krimi gleich wird damit die Aufmerksamkeit erhöht und das Miträtseln kann beginnen – sofern man sich darauf einlassen mag.

Arrival

Cineastisches Kreuzworträtsel

Villeneuve stellt jedoch nicht nur die Geisteswissenschaften in den Vordergrund, sondern spielt allgemein geschickt mit den Konventionen des Sci-Fi-Alienkinos. Immer wieder bedient er sich Versatzstücken des Genres, das Publikum rennt in die erwartete Richtung während Villeneuve schon dabei ist das ganze Manöver zu konterkarieren. Das gibt dem Film eine tolle Dynamik und zumindest mir hat es einen Heidenspaß gemacht, mich vom Regisseur durch das cineastische Kreuzworträtsel hetzen zu lassen.

Es gelingt Villeneuve ebenfalls hervorragend die Komplexität der außerirdischen Sprache in die Bildsprache des Films umzuwandeln und diese virtuos am Beispiel von Louises Gedanken zu visualisieren. So ist es für uns ein Leichtes in die Gedankenwelt der Protagonistin einzutauchen, was wiederum zu dem einen oder anderen Aha-Effekt führen wird. Dieses Ergebnis ist vor allem auch Kameramann Bradford Young, Editor Joe Walker und Komponist Jóhann Jóhannsson zu verdanken. Seien es die in kontrastarmen in blaugrau gehaltenen Bildern, der wundervolle Schnitt, der oft etwas länger drauf hält als man es gewohnt ist oder der subtile Score – das Team um Villeneuve versteht sich sehr gut darin eine ruhige, nachdenkliche, teilweise schon leicht melancholische Grundstimmung zu erzeugen und somit dem Grundkonzept des Filmes dienen.

Abgerundet mit einem toll aufspielenden Cast, insbesondere Amy Adams, bekommt man mit Arrival somit einen der besten Sci-Fi-Filme der letzten Jahre geboten, dem ich auch das etwas zu rührselige Ende nur allzu gerne verzeihe.

 

Bewertung

Spannung Rating: 4 von 5
Atmosphäre Rating: 5 von 5
Gewalt  Rating: 0 von 5
Ekel  Rating: 0 von 5
Story  Rating: 5 von 5

Bildquelle: Arrival © Sony Pictures Home Entertainment

Horrorfilme sind für mich ein Tor zu den unheimlichen, verstaubten Dachböden und finsteren, schmutzigen Kellern der menschlichen Seele. Hier trifft man alles von der Gesellschaft abgeschobene, unerwünschte, geächtete, begrabene: Tod, Schmerz, Angst, Verlust, Gewalt, Fetische, Obsession. Es ist eine Entdeckungsreise auf die "Schutthalde der Zivilisation". Auf diese Reise würde ich euch gerne mitnehmen.

...und was meinst du?