Kritik

Ex Machina (2014) – Review

Im Science-Fiction-Thriller Ex Machina treffen wir auf einen modernen Dr. Frankenstein, der mithilfe neuster Technologie den alten Traum vom künstlichen Menschen zu verwirklichen sucht. Doch die Maschine hat hier auch ein Wörtchen mitzureden.

Originaltitel:
Land:
Laufzeit:
Regie:
Drehbuch:
Cast:

Ex Machina
Großbritannien
108 Minuten
Alex Garland
Alex Garland
Alicia Vikander, Domhnall Gleeson, Oscar Isaac

Inhalt & Hintergründe

Der Programmierer Caleb (Domhnall Gleeson, mother!) wird als Sieger einer firmeninternen Lotterie seines Arbeitgebers, der weltweit größten Suchmaschine „bluebook“, von deren Entwickler und CEO Nathan (Oscar Isaac, Drive) auf sein abgelegenes Anwesen eingeladen. Dort soll er eine abgewandelte Form des Turing-Tests an Nathans neuer und streng geheimer Entwicklung, einer künstlichen Intelligenz namens Ava (Alicia Vikander, Tomb Raider), vornehmen. Der Test soll zeigen, ob Caleb – obwohl er sieht, dass es sich bei Ava um eine Maschine handelt und im Laufe der Handlung sogar ihren Aufbau kennenlernt – ihr ein Bewusstsein zugestehen würde. Doch Ava überzeugt ihr Gegenüber nicht nur davon, ein Bewusstsein zu besitzen – Caleb entwickelt Gefühle für die Androide, die scheinbar erwidert werden. Er versucht Ava zu retten, doch deren Entwickler Nathan hat andere Pläne für seine Schöpfung …

Mit dem Science-Fiction-Thriller Ex Machina gab Alex Garland (Auslöschung) sein offizielles Regiedebüt, obwohl nachträglich durch Dredd-Hauptdarsteller Karl Urban bekannt wurde, dass der Brite schon bei der Comic-Verfilmung zwei Jahre zuvor die Regie übernommen hatte. Auch als Drehbuchautor für u.a. 28 Days Later sowie Sunshine machte er sich einen Namen und veröffentlichte mehrere Romane, darunter „The Beach“.

Frankenstein 3.0 und der Aufstand der Maschinen

Die Handlung konzentriert sich im Wesentlichen auf drei Charaktere: den unsicheren, emotional unterentwickelten Programmierer Caleb, den stetig zwischen Kumpeltyp und Alphamann pendelnden Nathan, eine moderne Interpretation des Mad Scientist, und dessen Schöpfung Ava, ein intelligenter weiblicher Androide. Zwischen diesen drei Akteuren baut sich im Laufe des Films eine kammerspielartige Atmosphäre auf, denn die Handlung spielt zudem an einem abgelegenen, sehr intimen Ort. In dieser hypermodernen Interpretation einer Blockhütte, ausgestattet mit klaustrophobischem Charme, entspinnt sich ein undurchsichtiges Netz aus gegenseitigen Täuschungen, das bis zuletzt für Spannung sorgt.

Caleb und Nathan: Auf gute Zusammenarbeit?

Im Gewand der Zukunft verbergen sich auch in Ex Machina zentrale Themen der Gegenwart. Der moderne Machbarkeitswahn und die Frage nach der Verantwortung für die eigenen technischen Errungenschaften etwa durchziehen den Film und hinterfragen den Machtanspruch des Menschen über die Maschine. Nathan wird in seiner Hybris zu einem modernen Dr. Frankenstein, dessen Genialität mit dem Wahnsinn kokettiert und sich der konventionellen Moral nicht länger verpflichtet fühlt. Eine solche Maschine wie Ava zu entwickeln, konstatiert Caleb an einer Stelle, sei „nicht die Geschichte der Menschheit. Es ist die Geschichte von Göttern.“ Nathan denkt in seiner Arroganz, damit sei er als gottgleicher Konstrukteur gemeint, aber tatsächlich lässt sich die Aussage ebenso auf seine Schöpfung beziehen. Passend dazu kommt seinem Besucher ein Zitat vom „Vater der Atombombe“, Robert Oppenheimer, in den Sinn: „Jetzt bin ich zum Tod geworden, zum Zerstörer der Welten.“

Fatal ist, dass Caleb als einziger Beteiligter nicht verstanden hat, dass es sich primär um ein soziales Experiment handelt, bei dem er die Versuchsperson darstellt. Denn die angewandte Variante des Turing-Tests sagt wesentlich mehr über den menschlichen Teilnehmer als über die Maschine aus. Und im Gegensatz zur Androide Kioko, einer früheren Schöpfung Nathans, deren videotechnisch festgehaltene Fluchtversuche beklemmend anzusehen sind – für Caleb ebenso wie für den Zuschauer – hat Ava genau begriffen, wie sie ihrem unliebsamen Gefängnis entkommen kann: Sie verbirgt ihren Wunsch nach Freiheit und versucht stattdessen ihre Ziele mit Manipulation zu erreichen.

Wer wird hier wirklich getestet?

Bereits die visuelle Gestaltung Avas – ihr Gesicht ist basierend auf Calebs Porno-Vorlieben gestaltet – weist auf das Thema Gender hin, das im Film ebenfalls verhandelt wird. Kioko ist unschwer als klassischer Geisha-Bot zu erkennen, der darauf programmiert wurde seinem Herrn – auch in sexueller Hinsicht – zu Diensten zu sein. Diese stark sexualisierte Maschine, deren Sprachvermögen ihr Konstrukteur im Nachhinein wieder deprogrammiert hat, erlaubt Nathan die Auslebung seiner Allmachtsphantasien. Ava hingegen entwickelt sich schneller als erwartet und gibt sich mit der passiven Rolle schon bald nicht mehr zufrieden. Darum nutzt sie geschickt die Sexualität für sich aus und konstruiert für Caleb ihre Weiblichkeit, indem sie sich etwa ein Kleidchen überstreift oder sich in einer späteren Szene lasziv die Strümpfe auszieht. Um Begehren zu erwecken, simuliert sie ihre eigene Körperlichkeit – und Caleb reagiert unweigerlich darauf.

Verführerische Technik

Auch die menschliche Programmierung lässt sich also nicht so leicht hintergehen. Die künstliche Programmierung einer Maschine steht zwar auf den ersten Blick dem freien Willen des Menschen gegenüber, doch lassen sich dessen Handlungen letztlich auch als Konsequenz eines äußeren Impulses auffassen, der sich vollkommen unbewusst festgesetzt hat, ob durch biologische Voraussetzungen, die Erziehung oder das soziale Umfeld. Ex Machina stellt die Frage danach, wie weit es mit unserer Selbstbestimmung eigentlich her ist.

Was ist der Mensch?

Ex Machina bewahrt zu jeder Zeit das Gleichgewicht zwischen Fremdem und Vertrautem. Kommunikationsgeräte, Fortbewegungsmittel und Haushaltsgeräte – alles deckt sich mit den auch uns vertrauten Technologien. Die Suchmaschine bluebook ist sogar eine ziemlich offensichtliche Reminiszenz an google. Umso erschreckender ist es, wenn in dieser vertrauten Welt hinter sorgsam verschlossenen Türen an künstlichen Intelligenzen gebastelt wird, denn zwangsläufig muss der Zuschauer sich die beunruhigende Frage stellen, was an diesem Szenario schon Science und was noch Fiction sein mag.

Ersatzteillager für den künstlichen Menschen

Doch der Fokus auf die Psyche der Protagonisten legt nahe, dass es in Ex Machina nicht primär um neue Technologien und Zukunftsszenarien geht, sondern um die Verhandlung anthropologischer Grundkonstanten und die Frage, was den Menschen letztlich ausmacht. Denn die Konfrontation mit künstlicher Intelligenz wirft den Menschen auf sich selbst zurück, ähnlich der literarisch oft gestalteten Begegnung mit seinem Doppelgänger, und ist unmittelbar verknüpft mit der Frage nach der eigenen Identität und vor allem Individualität. Oder anders: Was macht den Menschen einzigartig, was macht das Mensch-Sein aus und was unterscheidet uns von Maschinen? Der Umgang mit Ava lässt Caleb in zunehmendem Maße seine eigene Menschlichkeit in Frage stellen, wird doch der größte Unterschied zwischen ihm und der Maschine, der Besitz eines Bewusstseins, im Laufe des Films immer fraglicher.

Identitätskrise 3.0: Kioko und Caleb

Fazit

In Alex Garlands intelligentem Sci-Fi-Thriller Ex Machina verbinden sich alte Sehnsüchte des Menschen mit neuen technologischen Möglichkeiten. Die Konfrontation mit einer humanoiden Maschine dient nicht nur der Vergegenwärtigung der eigenen Menschlichkeit, sondern stellt diese zugleich in Frage. Aber was nach einer katastrophalen Wendung klingt, kann – und das ist der Kernpunkt des Ganzen – genau das Gegenteil sein: Die künstliche Intelligenz drängt uns zur produktiven Auseinandersetzung mit uns selbst und der Frage danach, was uns als Menschen ausmacht.

 

Bewertung

Grauen Rating: 3 von 5
Spannung Rating: 4 von 5
Härte  Rating: 2 von 5
Unterhaltung  Rating: 4 von 5
Anspruch  Rating: 4 von 5
Gesamtwertung Rating: 5 von 5

Bildquelle: Ex Machina © Universal Pictures

Horrorfilme… sind die Suche nach Erfahrungen, die man im echten Leben nicht machen möchte. Sie bilden individuelle wie kollektive Ängste ab, zwingen uns zur Auseinandersetzung mit Verdrängtem und kulturell Unerwünschtem – und werden dennoch zur Quelle eines unheimlichen Vergnügens.

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