Beetlejuice (1988) – Review
Tim Burtons zweiter Spielfilm Beetlejuice rund um ein kürzlich verstorbenes Paar, welches sich mit dem Jenseits und den Lebenden rumplagt, gehört nach wie vor zu seinen beliebtesten Werken. Wir werfen einen Blick auf Burtons Frühwerk.
Originaltitel: |
Beetlejuice USA 92 Minuten Tim Burton Michael McDowell, Warren Skaaren Geena Davis, Michael Keaton, Winona Ryder u.a. |
Das junge Paar Barbara und Adam Maitland gehört zu den kürzlich Verstorbenen und muss sich mit allerlei jenseitiger Bürokratie herumschlagen – doch die Mühlen der Bürokratie mahlen nach dem Tod noch einmal langsamer. Daher sind sie für die nächsten 125 Jahre an ihr Haus gebunden. Wenn sie es verlassen, landen sie in einer von riesigen Sandwürmern bewohnten Wüste.
Als wäre das nicht schon schlimm genug, zieht auch noch die Familie Deetz in ihr Haus ein und beginnt sofort damit, das liebevoll gestaltete Haus komplett umzubauen. Barbara und Adam beschließen ihrem Dasein als Geister gerecht zu werden und die Deetz vor Angst aus dem Haus zu jagen – mit sehr geringem Erfolg. In ihrer Verzweiflung die ungebetenen Gäste loszuwerden, wenden sie sich an den Poltergeist und Bio-Exorzisten Betelgeuse. Ein Pakt mit dem Teufel …
Burtons zweiter Spielfilm Beetlejuice ist oberflächlich gesehen eine Gruselkomödie, die Horror-Elemente mit Humor verknüpft, doch vielmehr ist es Burtons schwarzromantischer, märchenhafter Stil und dessen Liebe zum Bizarren, welche den Film wirklich ausmachen. Burton stellt das Konzept eines Spukhauses komplett auf den Kopf. Unsere kürzlich verstorbenen Protagonisten sind keine bösartigen, grauenerregenden Wesen, die uns das Fürchten lehren, sondern absolut liebenswürdig, wenn nicht sogar ein bisschen langweilig. So wird in Beetlejuice der Spieß umgedreht und die Menschen suchen die Geister heim. Allein diese Grundidee ist schon herrlich erfrischend und eröffnet viele Möglichkeiten, insbesondere was humorvollere, aber auch morbid-groteske Sequenzen betrifft.
Beetlejuice hätte zuerst jedoch wesentlich düsterer ausfallen sollen, als es das Endergebnis vermuten lässt. Vorgesehen waren explizitere Gewaltszenen und vor allem eine gänzlich humorlose Darstellung von Betelgeuse. Im ersten Drehbuchentwurf von Michael McDowell war dieser ein geflügelter Dämon, der die Deetzes nicht erschrecken, sondern töten und Lydia nicht heiraten, sondern vergewaltigen wollte. Dies stieß bei Universal auf wenig Gegenliebe, wo es als „Stück Scheiße“ betitelt und an Geffen Company verkauft wurde. David Geffen ließ das Drehbuch Tim Burton zukommen, welcher dieses von Warren Skaaren überarbeiten ließ, der ihm dann den leichtfüßigeren Grundton verlieh, aber wohl leider auch für die vermehrten Slapstick-Einlagen verantwortlich ist.
Dies sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, wer Betelgeuse im Film nach wie vor ist. Seine Wurzeln als mörderischer Vergewaltiger sind auch im fertigen Produkt nicht zu übersehen. So nutzt er zum Beispiel jede Gelegenheit um Barbara sexuell zu belästigen und auch wenn die Vergewaltigung von Lydia einer Zwangsheirat gewichen ist, so braucht es nicht viel Phantasie sich vorzustellen, was danach gekommen wäre. Er wurde keineswegs zu einem charmanten Schlingel, sondern seine Untaten werden für ein PG13-Rating nur mehr angedeutet, anstatt wirklich gezeigt zu werden. Wie es in dem Kontext jemand für eine gute Idee halten konnte, Lydia mit ihrem Vergewaltiger-Freund Betelgeuse in einer Animationsserie auf gemeinsame Abenteuer zu schicken, wird sich mir wohl nie erschließen.
Michael Keaton macht jedoch einen hervorragenden Job dem titelgebenden Antagonisten Verwesungsgeruch einzuhauchen. Er war auch maßgeblich in das Make-up-Design von Betelgeuse eingebunden und verlieh ihm die abstehenden Haare und den Schimmel im Gesicht. Obwohl Keatons Betelgeuse erst nach einer knappen Stunde seinen ersten Auftritt hat und auch im übrigen Film sehr wenig Screentime, sind diese Szenen so prägnant, dass sie mir im Nachhinein wesentlich länger vorkommen, als sie wirklich sind. Eine der ganz großen Rollen von Keaton und für das Make-up bekam Beetlejuice sogar einen Oscar.
Dass Keaton überhaupt mit dabei war, ist Geffen ist zu verdanken, denn Burton wollte zunächst Sammy Davis jr. für die Rolle. Wobei sich der Castingprozess allgemein als schwierig herausstellte. Keaton sagte zunächst sofort ab, wie viele der anderen Hauptdarsteller, denen das Skript schlicht zu schräg war.
Visuell ist Burtons Stil auch bei Beetlejuice wieder sehr vom Deutschen Expressionismus geprägt. Setdesigner Bo Welch übernimmt vor allem viele Elemente aus Das Kabinett des Dr. Caligari, was die Szenen aus dem Jenseits beziehungsweise die Hochzeitszeremonie zwischen Betelgeuse und Lydia betrifft. Daneben finden sich vermehrt surreale Elemente in den Einstellungen, wie zum Beispiel die Wüstenszene, die stark an Gemälde von Salvador Dalí erinnern. Die Arbeit von Welch ist hier schlichtweg atemberaubend.
Zum visuellen Stil von Beetlejuice tragen auch die Effekte viel bei, die aus einer Mischung aus Make-up, Prothesen, Stop-Motion, Animatronics und CGI entstanden sind. Burton versteht es hier wirklich aus einem minimalen Budget das Maximale rauszuholen. Die Effekte haben oftmals ein gewisses Jahrmarkt-Gefühl. Es geht weniger darum, dass sie realitätsnah wirken, sondern mehr um das Erzeugen einer gewissen Stimmung und Atmosphäre. Über Beetlejuice liegt stets eine gewisse Künstlichkeit, welche sich schon im Establishing Shot widerspiegelt: die Kamera gleitet über die Kleinstadt Winter River und verharrt schlussendlich beim Haus von Barbara und Adam auf einem Hügel, nur um kurz darauf zu offenbaren, dass es sich dabei nur um eine Modellstadt handelt, an der Adam bastelt. Gerade die späteren Aufnahmen aus der Modellstadt sind absolut grandios.
Diese Künstlichkeit zeigt sich auch in den überspitzten Charakteren. Angefangen bei der depressiven Gothic-Tochter Lydia, über die biederen, aber liebenswürdigen Maitlands oder den kapitalistisch verblendeten Großstädtern. Autor Wilson erläuterte in einem Interview wie der Charakter Lydia entstanden ist. Er war auf einem Konzert der Band The Cure, sah dort tausende von schwarz gekleideten Teenagerinnen und entwickelte daraus einen Charakter. Das Ergebnis ist entsprechend ambivalent. Lydia war für mich immer schon die Identifikationsfigur in Beetlejuice, als Charakter ist sie jedoch wie auch das restliche Aufgebot reichlich unausgereift. Ihre Depressionen und suizidale Gedanken werden nie weiter thematisiert und auch ihre Charakterentwicklung ist milde gesagt lächerlich.
Dennoch gelingt es Burton und seinem Team abseits von dem ganzen Budenzauber eine Verbindung zu den Charakteren herzustellen, sodass ich mit den Maitlands und Lydia leide, zittere und mich mit ihnen freue.
Dies ist zu einem großen Teil der tollen Besetzung geschuldet. Alec Baldwin und Geena Davis sind wundervoll als Adam und Barbara und Winona Ryder hat mit Lydia den Charakter des depressiven, rebellischen Goth-Girls geprägt. Aber auch in den weiteren Rollen können Catherine O’Hara und Jeffrey Jones als die Deetzes glänzen und besonders Glenn Shadix Auftritt als Okkult-Spezialist Otho bleibt im Gedächtnis.
Unterm Strich hätte Beetlejuice etwas Feintuning beim Drehbuch gut getan. Es hätte nicht geschadet den Slapstick etwas zurückzudrehen und dafür den Charakteren mehr Platz zu geben. Dafür macht das atemberaubende Setdesign und die tollen Leistungen der DarstellerInnen wieder so einiges wett. So zählt der Film nach wie vor zu einem meiner liebsten Werke von Tim Burton. Auch beim Publikum war Beetlejuice ein großer Erfolg, weshalb die angesprochene Animationsserie und auch jede Menge Merchandise folgte. Kurz nach Veröffentlichung war auch ein Sequel im Gespräch, welches in Hawaii spielen sollte, wo sich die Familie Deetz ein Hotel kauft, in welchem hawaiianische Geister spuken, die natürlich nur von Betelgeuse vertrieben werden können. Ich denke, wir können von Glück reden, dass dies nie verwirklicht wurde.
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Gewalt | |
Ekel | |
Story |
Bildquelle: Beetlejuice © Warner Home Video