Besten Horrorfilme aller Zeiten
Toplisten

Top 139: Von diesen Filmen mussten wir uns verabschieden

Bei der neuesten Version unserer Liste der 139 besten Horrorfilme aller Zeiten hat sich einiges getan. Es kamen viele spannende Horrorfilme hinzu, aber dafür mussten wir uns auch von einigen verabschieden. Zeit für einen Nachruf.

Wir haben fleißig an unserer neuen Horrorliste gearbeitet und hierbei einiges nachgeschärft. So haben wir zum Beispiel unsere Definition eines Horrorfilms etwas enger gezogen, wodurch einige Filme aus der alten Liste rausgeflogen sind, unter anderem Luis Buñuels Ein andalusischer Hund. Weiters haben wir auch unseren Fokus mehr von Horrorkomödien wegbewegt, wodurch die Zombiekomödie Shaun of the Dead nicht mehr in der Liste zu finden ist.

Hier nun die fünf bestplatzierten Horrorfilme aus der alten Liste von denen wir uns leider verabschiedet haben:


Platz 44: Saw (2004)

Zwei sich unbekannte Männer wachen in einem schäbigen, räudigen Badezimmer auf, beide sind mit ihren Füßen an Rohre gekettet und keiner von beiden weiß, wie er an diesen Ort gekommen ist. Zwischen ihnen liegt eine blutüberströmte Leiche und eine mysteriöse Puppe beginnt, über einen Bildschirm mit den beiden zu kommunizieren. Bald schon müssen die Männer erkennen, dass sie Teil eines perfiden, tödlichen Spiels geworden sind…

Saw ist ein Paradebeispiel dafür, wie man mit einem großen Haufen an Kreativität aus einem Minimum an Budget ein Maximum an Spannung herausholen kann. Beginnt der Film erst als sadistisches Kammerspiel, entwickelt er sich später zu einem wendungsreichen Kriminalthriller, der vor Tempo und Spannung nur so strotzt. Die in diversen Rückblenden erzählte Geschichte der beiden Hauptfiguren wird zu einem blutigen Labyrinth aus Fragen, das einem in Zusammenspiel mit den bestialischen Fallen und Folterideen keine Sekunde zum Verschnaufen gewährt. Dabei ist Saw zwar stellenweise sehr blutig, jedoch keineswegs nur auf brutale Effekt-Hascherei aus, wie es ihm oft unterstellt wird. Stattdessen spielt er die Stärken seiner undurchsichtigen Story kompromisslos aus, sodass der finale Twist am Ende zuschlägt wie ein donnernder Paukenschlag, der durchaus als einer der schockierendsten des neuen Jahrtausends gesehen werden kann.

Bei einem Budget von gerade einmal 1,2 Millionen Dollar hat der Film weltweit über 100 Millionen eingespielt und wurde zu einem gigantischen Erfolg. Die zahlreichen Nachfolger konnten nie wieder an das herausragende Niveau des Erstlings heranreichen und haben mit ihrem alleinigen Fokus auf brutalen Torture-Porn sicherlich zu dem negativen Ruf von Saw beigetragen. Der nach wie vor grandiosen Qualität des Originals können aber selbst die schlechtesten Sequels nichts anhaben. [Robert]

Platz 45: Das Waisenhaus (2007)

Laura zieht mit ihrem Mann und ihrem Sohn in das leerstehende Waisenhaus, in dem sie einst selbst aufwuchs. Bald erzählt ihr Sohn von neuen Freunden, die er gefunden hat. Allem Anschein nach kann jedoch nur er sie sehen. Als er plötzlich verschwindet, ist Laura gezwungen seine Erzählungen ernster zu nehmen und der verstörend düsteren Vergangenheit ihres Heims auf den Grund zu gehen.

Mit Das Waisenhaus gelang dem spanischen Regisseur J.A. Boyana unter Schirmherrschaft von Guillermo del Toro (Shape of Water) nicht nur der internationale Kinodurchbruch, sondern auch einer der besten und stilvollsten Geisterhaus-Grusler der jüngeren Kinogeschichte. Das Horrordrama ist überwiegend ruhig erzählt, baut aber effektiv eine bedrohliche Atmosphäre auf und glänzt mit subtilem Grusel. Oberflächliche Schockeffekte hat der Film nicht nötig, aber die wenigen, die er sich erlaubt, sitzen. Gleichzeitig kleidet Boyana die im Grunde ihres Wesens tieftraurige Geschichte in ein Gewand aus wunderschönen Bildern.

So wird Das Waisenhaus zu einer absolut vereinnahmenden, aber angenehm unaufdringlichen Augenweide, die ihr Publikum nicht nur zu Tode zu gruseln vermag, sondern auch emotional unheimlich gut funktioniert und einen bleibenden Eindruck hinterlässt. [Cornelius]

Platz 48: Die Vögel (1963)

Das pittoreske Küstenstädtchen Bodega Bay bekommt es in Alfred Hitchcocks Verfilmung von Daphne du Mauriers Kurzgeschichte „The Birds“ mit einer gefiederten Bedrohung zu tun. Millionärstochter Melanie Daniels (Tippi Hedren, Marnie) besucht dort den Anwalt Mitch Brenner (Rod Taylor, Die Zeitmaschine), doch kurz nach ihrer Ankunft wird sie aus heiterem Himmel von einer Möwe attackiert. Schon bald müssen sie erkennen, dass dieser Angriff kein Einzelfall war…

Die Vögel gehört zweifelsfrei zu Hitchcocks stärksten Filmen. Mit seinem cleveren Spannungsbogen, der die Zuschauer langsam vom neckischen Geplänkel zwischen Mitch und Melanie in ein Endzeitszenario führt, ist der Film meisterhaft inszeniert und bietet mit Tippi Hedren, Rod Taylor und Jessica Tandy (Das Wunder in der 8. Straße) Schauspiel auf höchstem Niveau. Dem Spannungsbogen kommen vor allem die sehr harsch und erschreckend in Szene gesetzten Vogelangriffe zu Gute, die teilweise mit Attrappen und teilweise mit echten Tieren verwirklicht wurden. Neben der konventionellen Dramaturgie geht der britische Regisseur beim Score wesentlich experimenteller vor. So verzichtete er hier komplett auf Filmmusik und gibt stattdessen dem mittels Synthesizern nachvertonten Vogelgeschrei mehr Raum, was der steten und bedrohlichen Atmosphäre sehr zu Gute kommt.

Mit Die Vögel zeigte Hitchcock in seiner Spätphase noch einmal, dass er zu den besten und einfallsreichsten Regisseuren gehört. Der Film genießt nicht nur zu Recht einen hohen Stellenwert bei Fans von Tierhorror, sondern beeinflusste auch spätere Genrebeiträge maßgeblich. [Andreas/Florian]

Platz 52: The Cabin in the Woods (2011)

The Cabin in the Woods steht ganz in der Tradition des Meta-Horrors eines New Nightmare oder der Scream-Reihe. Dem Werk von Joss Whedon (Buffy – Im Bann der Dämonen) und Drew Goddard (Cloverfield) geht es dementsprechend nicht nur darum sein Publikum in Angst und Schrecken zu versetzen, sondern auch über das Genre selbst zu reflektieren.

Dafür schicken die Macher fünf Jugendliche auf einen Wochenendtrip in eine rustikale, abgelegene Hütte – in der es selbstverständlich keinen Handyempfang gibt. Auf dem Weg dorthin kommen sie natürlich auch an einer heruntergekommen Tankstelle inklusive zwielichtigem Redneck-Tankwart vorbei. In der Hütte angekommen geben sich die Freunde den Genüssen des Lebens hin, die jedoch schon bald durch seltsame Vorkommnisse gestört werden. Denn was die Fünf nicht wissen: Die Hütte wird vom US-Zweig einer internationalen Organisation überwacht, die ihre ganz eigenen Pläne mit den Jugendlichen hat.

The Cabin in the Woods ist Hommage und Kritik zugleich. Hommage an die großen Klassiker wie Sam Raimis Tanz der Teufel oder Clive Barkers Hellraiser, denen er eine wahre Fülle an Zitate widmet und die zum fröhlichen Ostereiersuchen einladen, zugleich aber auch eine Kritik an den unzählbaren uninspirierten Epigonen, die seitdem die Bildschirme Jahr für Jahr heimsuchen und erstaunlicherweise dennoch immer wieder ihr Publikum finden.

In seiner Reflexion über das Genre wird The Cabin in the Woods zwar nie wirklich gruselig, ist aber überaus rasant und spannend erzählt, und sorgt gerade durch das Jonglieren mit Verweisen und Genre-Konventionen dafür, dass zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt. Zudem ist der Film von einem makabren Humor durchgezogen, besitzt einen sympathischen Cast sowie eine gute Portion Splatter.
So ist die Hütte im Wald eine überaus gelungene Liebeserklärung an die rund letzten 40 Jahre Horrorfilm und darüber hinaus ein cleveres Plädoyer für mehr Vielfalt im Genre – was schlussendlich in unseren göttlichen Händen liegt. [Florian]

Platz 58: DellaMorte DellAmore (1994)

Friedhofswärter Francesco (Rupert Everett, Die Insel der besonderen Kinder) hat es wahrlich nicht leicht: Auf dem Gottesacker der italienischen Gemeinde Buffalora erwachen die Toten regelmäßig wieder zum Leben. Francesco und sein geistig eingeschränkter Gehilfe Gnaghi (François Hadji-Lazaro, Die Stadt der verlorenen Kinder) haben alle Hände voll zu tun, sie wieder in ihre Gräber zu befördern. Als sich beide unabhängig von einander unsterblich verlieben, beginnt ein grotesker Schlamassel, in dem nicht nur diverse Köpfe rollen, sondern die Grenzen zwischen Leben und Tod, Liebe und Hass und Schein und Sein zunehmend verschwimmen…

DellaMorte DellAmore ist der vierte Spielfilm des Michele Soavi, der davor vor allem mit Aquarius – Theater des Todes und The Church bereits auf sich aufmerksam machte. Obwohl selten im ersten Satz genannt, wenn es um europäische Genregrößen geht, können Soavis Werke als echte Italoklassiker gelten. Versiert inszeniert der Mailänder, der bei Joe D‘Amato und Dario Argento in die Lehre ging, mit DellaMorte DellAmore seinen wohl stärksten Film, der viel mehr ist, als nur die Horrorkomödie, die er auf den ersten Blick zu sein scheint.

Provoziert der Streifen zwar vor allem vorsätzliche Verwirrung und zynisches Lachen, umgibt ihn in jedem Moment eine tieftrüb-melancholische Stimmung, die seinen überaus überdrehten Plot abdämpft. Der schmale Grat zwischen Leben und Sterben wird vor der Kamera Soavis nicht nur als Aufhänger für Zombie-Action und Alptraumsequenzen genutzt; vielmehr manifestiert er sich in einem dämonischen Kaleidoskop, welches das menschliche Dasein zwischen Lustprinzip und Todestrieb in den abgründigsten Facetten abbildet. Und es – mindestens – für Soavis Protagonisten schlussendlich als den Witz demaskiert, der es grausamerweise ist. [Alexander]


Wunderbare Filme von denen wir uns leider verabschieden mussten. Nächste Woche Samstag erfahrt ihr dafür, welche Neueinsteiger ganz weit oben gelandet sind.

 

Seid gegrüßt, Ich habe unzählige Namen und erscheine in vielen Gestalten. Hier kennt man mich als Dark Forest und ich bin euer Gastgeber. Ich führe euch durch die verwinkelten Bauten, düsteren Wälder und verfallenen Ruinen. Immer mir nach!

3 Comments

  • Simon

    Liebe Redaktion,
    Ich würde es zwar freundlicher formulieren, muss meinem Vorredner aber in der Sache zustimmen.
    Jeder Mensch hat eine andere Meinung zu einem Film und bestimmt auch innerhalb der Redaktion. Als Leser kann euren Geschmack teilen oder nicht. Wenn ich es nicht tue, kann ich ein anderes Magazin lesen oder verstehen, dass jeder Film den ihr gut findet für mich schlecht ist und umgekehrt. Auch das wäre eine Hilfe. Ein Großteil einer Bewertung wie Härte, Anspruch usw., die ihr mit euren Smileys bewertet, ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern für jeden aufmerksamen Filmfan greifbar. Ich hatte bis jetzt nicht den Gedanken, dass ihr die Smileys wahllos vergebt und auch eure Rezensionen mit Bedacht verfasst werden. Kunst kann nicht objektiv sein, aber neutral bewerten kann man sie. „Verarscht“ wie der Vorredner schreibt, fühle ich mich nicht. Aber ihr erweist euch einen Bärendienst, wenn ihr eure eigene Einschätzung nun alle 3 Jahre über den Haufen werft. Das macht euch -verzeiht- unglaubwürdig und mich als Leser verwirrt, weil ich nicht mehr weiß wofür ihr steht. Dabei geht es nicht darum, ob das Waisenhaus, den ich persönlich sehr sehr schätze, für euch ein Top 50 Film ist oder es nie war, es ist jedoch die Wankelmütigkeit, die offenbar nicht nur aus einer anderen Zusammensetzung der Redaktion besteht, sondern sich auch im persönlichen Geschmack äußert. Ich kann kaum glauben, dass man in 3 Jahren so weit von seinen Ansichten abrückt. In dieser Zeit kamen Filme hinzu, aber der individuelle Film hat sich in dieser Zeit nicht verändert und dennoch steht er auf einer relativ statischen Liste 2022 an komplett anderer Position. Welche Einflüße machten die Vögel 2019 so markant besser als 22? Ihr merkt, ich bin desorientiert und würde mich freuen, wenn die vom lieben Flo angesprochene Transparenz in der Liste komlett umgesetzt wird, um eure Bewertungsrichtlinien auch in Hinblick auf weitere Rezensionen der Vergangenheit für mich erkennbar zu machen.

    MfG
    Simon

  • sven

    die besten horrofilme aller zeiten!!!! och nö wir haben nicht nachgedacht, nu doch anders.
    schwache leistung von euch, ich fühl mich verarscht. und jedes jahr dann ne neue liste?

    • Florian Halbeisen

      Hi Sven,
      es tut uns natürlich leid, dass du dich jetzt verarscht fühlst. Das war selbstverständlich nicht in unserem Sinne.
      Die Liste der 139 besten Horrorfilme war allerdings nie so angelegt, dass wir diese einmal erstellen und so dann für immer im Netz stehen soll. Wir wollen diese lebendig halten. Allein schon, um die Liste aktuell zu halten. Wir hatten bei der letzten Liste ja nur Filme bis 2018 berücksichtigt. Darüber hinaus ändern sich Einschätzungen. Man schaut einen Film nach einigen Jahren wieder an und schätzt diesen plötzlich gänzlich anders ein. Hast du bei dir vielleicht auch schon erlebt. Zudem hatten wir beim letzten Mal noch eine wesentlich schwammigere Horrordefinition angesetzt, sodass wir zum Beispiel Buñuels Ein andalusischer Hund in der Liste hatten. Das passte für uns nicht mehr.

      Unsere Listen sind allesamt nicht in Stein gemeißelt und trotz des vollmundigen Titels sollen diese natürlich in erster Linie die wunderbare Vielfalt des Genres aufzeigen, Diskussionen anregen und Fans auch ein Werkzeug an die Hand geben, um noch ein paar Empfehlungen für sich zu finden. Wir haben uns viel Mühe gegeben, hier wieder eine schöne Liste auf die Beine zu stellen. Vielleicht gibst du uns ja eine Chance, dich noch zu überzeugen.
      Die Liste wird übrigens alle drei Jahre erneuert. Die alten Listen bleiben dabei aber natürlich auf der Homepage und wir versuchen so transparent wie möglich die Änderungen aufzuzeigen.

      Liebe Grüße
      Flo

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