Kritik

Mona Lisa and the Blood Moon (2021) – Review

In Ana Lily Amirpours drittem Spielfilm Mona Lisa and the Blood Moon bricht eine junge nordkoreanische Frau mit übersinnlichen Fähigkeiten aus dem Hochsicherheitstrakt einer psychiatrischen Anstalt aus. Wen sie bei ihrer Erkundung in der realen Welt trifft und welche weiteren Abenteuer sie dort erlebt, haben wir uns einmal für euch angeschaut.

Originaltitel: Mona Lisa and the Blood Moon
Land: USA
Laufzeit: 106 Minuten
Regie: Ana Lily Amirpour
Drehbuch: Ana Lily Amirpour
Cast: Jeon Jong-seo, Kate Hudson, Ed Skrein u.a.
VÖ: Ab 06.10.2022 im Kino

Inhalt

Mona Lisa Lee (Jeon Jong-seo, Burning) verbringt viele Jahre stoisch in der Gummizelle einer psychiatrischen Anstalt in der Nähe von New Orleans. Ein nahender Blutmond scheint sie aus ihrer Apathie zu reißen und ist für sie der Anstoß, einen Weg aus der Fremdbestimmtheit zu suchen. Ohne Rücksicht auf Verluste nutzt sie ihre übernatürlichen Fähigkeit, die Bewegungen anderer steuern zu können, für einen Ausbruch. Auf ihrem Weg trifft sie allerhand Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen.

Nachdem sie die Erotiktänzerin Bonnie (Kate Hudson, Almost Famous) in einer gewaltsamen Auseinandersetzung gerettet hat, nimmt diese sie unter ihre Fittiche – und hat keine Hemmungen, die Fähigkeiten der jungen Mona Lisa für ihre eigenen Ziele einzusetzen. Bonnie und ihr übersinnlicher Sidekick ziehen skrupellos den Gästen des Nachtclubs das Geld aus der Tasche oder „überreden“ Menschen am Geldautomaten ein paar zusätzliche Scheine abzuheben. Endlich kann die alleinerziehende Bonnie das Leben führen, dass sie sich für ihren 10-jährigen Sohn Charlie und sich gewünscht hat. Doch Mona Lisas Ausbruch blieb bei der lokalen Polizei nicht unbeachtet und das neue Dreamteam droht zu einem raschen Ende zu kommen.

Kritik

In gewohnter subversiver Art versetzt uns Regisseurin und Drehbuchautorin Ana Lily Amirpour (A Girl Walks Home Alone at Night) in eine Geschichte, die nicht etwa deswegen außergewöhnlich ist, weil etwas Außergewöhnliches passiert oder ein Charakter außergewöhnliche Kräfte besitzt, sondern gerade weil sie ihre Figuren mit ganz gewöhnliche Alltagssituationen konfrontiert. Hier wird kein Bösewicht besiegt oder die Welt vor einem Untergang bewahrt. Eine junge Frau findet sich in einer fremdbestimmten Situation wieder und will aus dieser entkommen. Sobald sie dies einmal geschafft hat, verfolgen wir ihre Suche nach einer Antwort darauf, was sie nun mit dieser neu gewonnenen Freiheit anfängt. Schlicht, einfach und dennoch beeindruckend.

Mona Lisas übersinnliche Fähigkeit prägt ihren Blick auf die Welt – und somit auch die Perspektive der Zuschauenden. Situationen, die aufgrund kultureller und cineastischer Gewohnheiten Spannung und Antizipation bedeuten würden, wie beispielsweise Mona Lisas Begegnung mit jungen Gestalten im Zwielicht einer halbverlassenen Bahnanlage. Doch statt einer Auseinandersetzung oder Bedrohung entpuppt sich die Gruppe als richtiggehend freundlich, zeigt der verwirrten, jungen Frau den Weg in die Stadt und stattet sie mit Schuhen für den weiten Weg aus. Derartige Brüche gewohnter Sehmuster zeigen schmerzhaft auf, wie festgefahren manche Erwartungen an Figuren und Rollen doch sind und fahren wie eine frische Brise durch das eigene Denken. Es ist Amirpour eigen, Wege abseits der gewohnten Pfade zu gehen und umso spannender ist es, dass sie es schafft, die unterschiedlichen Perspektiven und Lebenswelten ihrer Figuren tatsächlich greifbar werden zu lassen. Sei es die von Kate Hudson wirklich hervorragend, greifbar dargestellte Erotiktänzerin Bonnie, der das abgehärtete Leben aus jeder Pore tropft und die auf ihre zynisch-direkte Art dennoch offene und liebevolle Züge zeigen kann, oder Drogendealer und DJ Fuzz (Ed Skrein, In Darkness), der dem Klischee des herumlungernden, tätowierten Kleinganoven trotzt und für Mona Lisa mit seiner in Neonröhren dekorierten Wohnung Rühreier brät. “Der Schein trügt“ könnte der Slogan zu Amirpours Charakterdesign sein.

Ebenso verstärkt das gesamte Setdesign und vor allem die Beleuchtung das abseitige, außerweltliche dieses Films. Dunkle, schattenreiche Schauplätze erhalten durch den ausschweifenden Einsatz leuchtender Neonlichter eine schaurig-schummrige Atmosphäre, die eine gewisse Gemütlichkeit suggeriert. Die wenigen taghellen Szenen dagegen vermitteln eine kalte und durchstrukturierte Welt, die gerade durch ihre glatte, geflieste Oberfläche mehr Unbehagen auslöst als die dunkle Seitengasse im Rotlichtviertel. Gepaart mit einem Soundtrack zwischen psychedelic Rock, Jazz und sphärischen Elektrobeats kreiert Amirpour ihren ganz eigenen surrealen Score für New Orleans.

Fazit

Mona Lisa and the Blood Moon ist eine mit phantastischen Elementen angehauchte Ode an die Menschlichkeit. In ihrer subversiven Handschrift zeigt uns Ana Lily Amirpour eine außergewöhnliche Heldin, die es schafft sich von den ihr auferlegten Fesseln zu befreien und auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt unerwartete Freundschaften zu schließen.

Bewertung

Grauen Rating: 1 von 5
Spannung Rating: 2 von 5
Härte  Rating: 2 von 5
Unterhaltung  rating3_5
Anspruch  Rating: 3 von 5
Gesamtwertung Rating: 3 von 5

Bildquelle: Mona Lisa and the Blood Moon © Weltkino

Horrorfilme… sind die Spannung und das Spiel mit menschlichen Abgründen, ein Spiegel der Gesellschaft, Zeugnis namentlicher Grauslichkeiten und Erkundung grauslicher Namenslosigkeiten. Mal tief und schwer und dann gern auch mal ein bisschen Zombie-Musical oder Blutbad dazwischen. Denn Horror und Lachflash schließen sich nicht zwingend aus.

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