Tokyo Dragon Chef
Kritik

Tokyo Dragon Chef (2020) – Review

Der berüchtigte japanische Splatter-Regisseur Yoshihiro Nishimura kehrte voriges Jahr mit der überraschend unbeschwerten Gangster-Komödie Tokyo Dragon Chef auf die Leinwand zurück und erzählt die amüsante Geschichte zweier Yakuza-Brüder, die ihre kriminelle Vergangenheit hinter sich lassen und ein Nudel-Restaurant eröffnen. Und dabei wird klar: Ramen ist eine verdammt ernsthafte Angelegenheit!

Originaltitel: Tōkyō doragon hanten
Land: Japan
Laufzeit: 95 Minuten
Regie: Yoshihiro Nishimura
Drehbuch: Yoshihiro Nishimura
Cast: Rinne Yoshida, Yoshiyuki Yamaguchi, Yasukaze Motomiya u.a.
VÖ: Läuft auf dem 22. Japan-Filmfest Hamburg ab 18.08.2021

Inhalt

Die Zeit der Yakuza neigt sich langsam, aber sicher ihrem Ende zu. Nicht nur, dass die kriminelle Organisation immer mehr in der Belanglosigkeit verschwindet, auch dezimiert der mysteriöse Killer Gizumo die lokalen Gruppen, indem er deren Anführer tötet und sie somit zur Auflösung zwingt. Auch der ehemalige Yakuza Ryu (Yasukaze Motomiya, Unfinished) hat sich längst ein anderes Standbein aufgebaut und verkauft nun Saft aus einem kleinen Lieferwagen heraus. Als sein damaliger Waffenbruder Tatsu (Yoshiyuki Yamaguchi, Tokyo Tribe) aus dem Gefängnis entlassen wird, überredet er diesen sofort, ein Ramen-Restaurant zu eröffnen. Erst skeptisch, aber ohne wirkliche Alternativen, stimmt Tatsu zu und die beiden eröffnen das Dragon Diner. Ihr Laden wird durch ein Youtube-Video schnell ein Erfolg. Als allerdings zwei Rivalen aus den Yakuza-Tagen auf der anderen Straßenseite ebenfalls Ramen verkaufen, entbrennt schon bald ein erbarmungsloser Wettstreit um die Gunst der Kunden. Doch als Gizumo und seine maskierten Schergen auftauchen, sind die verfeindeten Ex-Yakuza gezwungen, sich zusammenzuschließen, um ihr neues Leben zu verteidigen.

Kritik

Yoshihiro Nishimura (Tokyo Gore Police) ist wohl eine der bekanntesten und einflussreichsten Personen des japanischen Horrorkinos der letzten zwei Jahrzehnte, und es scheint so, als hätte Nishimura überall im Genre seine Fingerabdrücke hinterlassen – sei es wegen seiner denkwürdigen Spezialeffekte und Make-up-Arbeiten oder seiner eigenen Ausflüge als Regisseur. Daher ist es eine kleine Überraschung, dass sein aktueller Film Tokyo Dragon Chef eine amüsante, etwas bizarre Komödie über zwei konkurrierende Ramen-Restaurants mit seltsamen musikalischen Zwischenszenen und kuriosen Figuren geworden ist.

Tokyo Dragon Chef

Nishimura berührt mit seiner Geschichte viele Themen wie einen Generationskonflikt, Tradition oder der Einfluss sozialer Medien sehr oberflächlich, ohne sich mit diesen tiefer auseinanderzusetzen. Es ist kein sozialer Kommentar, sondern vielmehr ein Anstoß für die weiteren Handlungspunkte und Motivationen. Während eine solche Oberflächlichkeit anderen Filmen vielleicht das Genick gebrochen hätte, schadet es Tokyo Dragon Chef nicht. Die thematischen Elemente unterstützen nur das visuelle Vergnügen, das die Zuschauenden erfreuen soll.

Tokyo Dragon Chef

Die filmische Komposition des Films zeichnet sich durch einen angenehm temporeichen Rhythmus aus. Nishimuras Inszenierung drängt nicht nur die Zuschauenden in eine passiv-voyeuristische Position und verführt sie mit weiblicher Erotik und der sinnlichen Ästhetik des Essens, sondern zelebriert auch visuell die Kochkunst und die Freude am Essen. Die Skurrilität der Situationen sowie die Musik- bzw. Tanzeinlagen steigern den audiovisuellen Spaß zusätzlich, indem sie eine gewisse erzählerische Unbeschwertheit in den Genre-Mix einbringen – auch wenn die musikalischen Zwischensequenzen nicht immer den Ton treffen. Einige Szenen lenken einfach zu stark von der Gesamthandlung ab und bringen die erzählerische Dynamik für kurze Zeit zum Einsturz. So wirken die ersten paar Songs lebendig und verspielt, aber nach dem vierten oder fünften Track wird es anstrengend. Während er also versucht, eine zusammenhängende Handlung zu erschaffen, neigt er dazu, Elemente einzuführen, die lange Zeit unberührt bleiben. So bleibt oft unklar, wohin sich die Geschichte entwickeln soll, und sie wirkt vielmehr, als würde sie stillstehen.

Tokyo Dragon Chef

Der amüsanteste Teil des Films stammt von dem authentischen Schauspiel der ungleichen Besetzung, bei der insbesondere die beiden Hauptdarsteller ihr Bestes geben, wenn sie einige alteingesessene Verhaltensweisen aus ihrem kriminellen Leben in die Gegenwart verlagern. Das harte Auftreten der beiden ehemaligen Yakuza Ryu und Tatsu steht dabei oft im Kontrast zu dem, was sie tatsächlich auf dem Bildschirm tun. In der Vergangenheit spielten sowohl Yamaguchi als auch Motomiya bereits selbst ernsthaftere Rollen als Mitglieder des japanischen Verbrechersyndikats und verleihen ihren an Karikaturen grenzenden Rollen dieses filmischen Archetyps ein gewisses Maß an Authentizität. Enttäuschend dagegen der Bösewicht Gizumo, dessen Szenen einfach ein bisschen flach ausfallen und sich anfühlen, als würden sie auf eine gewalttätige und blutige Eskalation hinarbeiten, die nie kommt. Mit seinen Beweggründen, die auf Geldgier hinauslaufen, und seiner übertrieben comichaften Spielart ist es schwierig, ihn als legitime Bedrohung zu betrachten.

Tokyo Dragon Chef

Fazit

Mit Tokyo Dragon Chef liefert Yoshihiro Nishimura seinen bisher zugänglichsten Film ab, ein Wohlfühlfilm mit dem einzigartigen Stempel des Regisseurs. Während Nishimura vielleicht nicht die thematische Tiefe des sogenannten „Ramen-Western“ Tampopo gelingt, kreiert er ein optisch ansprechendes und schräges Liebesgeständnis an die japanische Küche. Trotz seiner chaotischen Inszenierung und der inkohärenten Handlung ist Tokyo Dragon Chef ein farbenfroher und frenetischer Spaß mit liebenswerten filmischen Momenten, bizarren Figuren und eine Empfehlung an alle, die nicht zu viel nachdenken möchten. Eine absolute Freude für Fans seiner Arbeit und eine zahme Einführung für diejenigen, die seine Filme noch nicht gesehen haben.

Bewertung

Grauen Rating: 1 von 5
Spannung Rating: 4 von 5
Härte Rating: 1 von 5
Unterhaltung  Rating: 4 von 5
Anspruch Rating: 1 von 5
Gesamtwertung Rating: 3 von 5

Bildquelle: Tokyo Dragon Chef @ Rights Cube

Horrorfilme… sind für mich eine Möglichkeit, Angstsituationen zu erleben, ohne die Kontrolle zu verlieren. Es ist eine positive Art der Angst, da sich ein Glücksgefühl einstellt, sobald man die Situation durchgestanden hat. Es ist nicht real – könnte es aber sein. Das ist furtchteinflößend und gleichzeitig faszinierend.

...und was meinst du?