Lady Vengeance
Kritik

Lady Vengeance (2005) – Review

Mit Lady Vengeance beendet der südkoreanische Regisseur Park Chan-wook seine „Rache-Trilogie“ und präsentiert das Thema Vergeltung aus der Perspektive einer Frau, die für ein Verbrechen verurteilt wird, das sie nicht begangen hat. 

Originaltitel: Chinjeolhan geumjassi
Land: Südkorea
Laufzeit: 112 Minuten
Regie: Park Chan-wook
Drehbuch: Chung Seo-kyung, Park Chan-wook
Cast: Lee Yeong-ae, Kwon Yea-young, Choi Min-sik u.a.
VÖ: ab 13. August 2021 als DVD und als 3-Disc Limited Collector’s Edition im UHD-Mediabook erhältlich

Inhalt

Mit 19 Jahren wird die naive Lee Geum-ja (Lee Young-ae, Bring me Home) wegen der Entführung und Ermordung eines 5-jährigen Jungen zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, obwohl sie die Tat nicht begangen hat. Der eigentliche Mörder bleibt unbehelligt. Bereits während ihrer Haft beginnt Geum-ja einen minutiösen Racheplan auszuarbeiten – sie konvertiert zum Christentum und wird zu einer vorbildlichen Insassin, die sich aufopferungsvoll um ihre Mitgefangenen kümmert und so deren Freundschaft und Loyalität zu erlangt. Nach 13 Jahren wird sie schließlich als Mustergefangene entlassen und beginnt, unterstützt von ihren ehemaligen Zellengenossinnen, ihre Rache an dem Mann, der einst ihr Leben zerstörte.

Kritik

Wenn Rache ein Gericht ist, das am besten kalt serviert wird, dann hat uns Park Chan-wook mit dem düster-nihilistischen Sympathy for Mr. Vengeance und dem aufregend energetischen Neo-Noir Oldboy bereits zwei Leckereien beschert. Nach den harten und brutalen ersten beiden Gängen, serviert er mit dem ruhigeren und farbenfroheren Lady Vengeance quasi das Dessert. Obwohl alle drei Filme in sich geschlossen und nur thematisch miteinander verbunden sind, löst der dritte Teil Parks dunkle Vision der Vergeltung auf.

Lady Vengeance

Wie die Vorgänger ist auch Lady Vengeance ein visuell beeindruckender Film und wirkt fast wie ein Märchen. Die helle, lebendige Farbgebung und die seltsam künstliche Atmosphäre stehen in einem auffälligen Kontrast zu den schmutzigen, düsteren Bildern aus Sympathy for Mr. Vengeance und Oldboy. Der Film erzählt seine Geschichte zunächst nicht linear, sondern mit vielen ausgedehnten Rückblenden und Traumsequenzen, die mehr über Geum-ja und ihre Zeit im Gefängnis offenbaren, aber auch über ihren ausgeklügelten Racheplan. Für die Eröffnungsstunde ist die fragmentarische, schwer fassbare Erzählung ebenso berauschend wie anstrengend. Park überschreitet mit seinem verspielten Stil die Grenze zur Surrealität und jede Szene quillt über vor Symbolik. Wenn sich die Dinge im melancholischeren zweiten Akt zusammenfügen, werden die Farben dunkler und verblassen allmählich, die Szenerie wächst zu albtraumhaften Halluzinationen. Die Seitenstraßen von Seoul, gesäumt von schrägen Steinmauern, verwandeln sich in ein finsteres Tal des Todes mit Geum-jas farbenprächtiger Höhle samt ihrem von karminroten Kerzen flankierten Altar als hypnotisierendem Mittelpunkt.

Lady Vengeance

In diesen letzten Phasen des Films beginnt man die wahren Gefühle und die Stärke der beteiligten Charaktere, insbesondere der Protagonistin, zu spüren. Als Frau von unbestreitbarer Schönheit, versprüht sie einen fatalistischen Glamour und wandert beinahe seelenlos durch den größten Teil des Films. Sowohl als zarte junge Frau, die das Gefängnis betritt, als auch als entschlossener Todesengel, der es verlässt, liefert Young-ae eine überzeugende Darstellung. Was Geum-ja von ihren männlichen Vorgängern unterscheidet, sind ihre Strukturiertheit und die subtile Vorgehensweise, es gibt keinen anhaltenden Wutschrei oder spontanen Gewaltausbruch, stattdessen vermittelt sie alles mit kühler Distanz.

Lady Vengeance

Dominierte in den ersten beiden Teilen noch Parks Vorliebe für explizite und schonungslose Grausamkeiten, ist die Gewalt hier viel subtiler, auch wenn ihre Präsenz ebenso bedrohlich und greifbar bleibt. Wie zuvor spielt der Regisseur mit moralischen Ambivalenzen und der Vorstellung über die Unvereinbarkeit von Rache und dem Wunsch nach einem friedlichen Leben. Doch der letzte Film der Trilogie verschiebt den Fokus und nähert sich der Rache aus einem ganz anderen Blickwinkel an. Nach erfolgreicher Abrechnung ist die Erlösung nur von kurzer Dauer und bringt lediglich weiteren Schmerz, mit dem sich Geum-ja auseinandersetzen muss. Hätte Park diesen Aspekt der Rache nicht berührt und seine Konsequenzen erforscht, die Trilogie wäre unvollständig gewesen.

Lady Vengeance

Fazit

Lady Vengeance ist ein kraftvoller und eindringlicher Rachethriller, der sich nicht so sehr darauf konzentriert, nonstop Nervenkitzel zu liefern, sondern eine kunstvolle Reflexion über die Themen bietet, mit denen er die Zuschauenden konfrontiert. Es ist die innere Reise einer Figur zwischen unabdingbarem Willen und tiefem Bedauern. Rache ist hier mehr als nur ein Akt und Park verzaubert mit einer berauschenden visuellen Bildsprache und faszinierenden spirituellen Untertönen. Das Ergebnis unterhält, schockiert und macht letztlich wieder einmal sprachlos – ein markanter und hochwirksamer Abschluss einer durchweg exzellenten Trilogie.

Lady Vengeance

Bewertung

Grauen Rating: 1 von 5
Spannung rating4_5
Härte Rating: 2 von 5
Unterhaltung Rating: 5 von 5
Anspruch rating4_5
Gesamtwertung rating4_5

ab 13.08.2021 als DVD und Mediabook:

Lady Vengeance Lady Vengeance

Bildquelle: Lady Vengeance © Capelight

Horrorfilme… sind für mich eine Möglichkeit, Angstsituationen zu erleben, ohne die Kontrolle zu verlieren. Es ist eine positive Art der Angst, da sich ein Glücksgefühl einstellt, sobald man die Situation durchgestanden hat. Es ist nicht real – könnte es aber sein. Das ist furtchteinflößend und gleichzeitig faszinierend.

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