Kritik

Breeder – Die Zucht (2020) – Review

Das Versprechen der ewigen Jugend treibt die Menschheit seit Jahrhunderten um. In Jens Dahls Breeder hat es sich in Form des Wundermittels Resurrecta erfüllt, doch die Unsterblichkeit hat ihren Preis.

Originaltitel: Breeder
Land: Dänemark
Laufzeit: 107 Minuten
Regie: Jens Dahl
Drehbuch: Sissel Dahlsgaard Thomsen
Cast: Sara Hjort Ditlevsen, Anders Hinrichsen, Signe Egholm Olsen u.a.
VÖ: Ab 11. Februar 2021 auf DVD und Blu-ray

Inhalt

In der Beziehung von Thomas (Anders Hinrichsen) und Mia Lindberg (Sara Hjort Ditlevsen, Borgman) kriselt es seit einiger Zeit. Sie möchte gerne ein Kind, doch er wird von seiner Arbeit für die ambitionierte Veterinärin und Geschäftsfrau Ingrid Ruben (Signe Egholm Olsen) immer mehr eingespannt. Ruben glaubt mit dem Mittel Resurrecta einen Jungbrunnen gefunden zu haben. Als Mia eines Tags misstrauisch ihrem Mann zu einem stillgelegten Industriekomplex folgt, stolpert sie mitten in das schreckliche Geheimnis, das die Unternehmung umgibt.

Kritik

Breeder führt den Zuschauer eng an Thomas und Mia heran, die auf den ersten Blick wie ein glückliches Paar wirken. Beide sind auch beruflich erfolgreich: Mia betreibt professionellen Reitsport, Thomas ist Unternehmensberater und arbeitet für die Ärztin Dr. Ingrid Ruben, deren Projekt es ist, die Menschheit von der Last des Alterns zu befreien. Doch unter der glücklichen Oberfläche der Beziehung scheint nicht alles ganz im Lot zu sein. Die heile Vorstadtwelt der luxuriösen Heime mit ihren gepflegten Vorgärten bekommt Risse. Thomas vergräbt sich in seiner Arbeit für Rubin und vernachlässigt Mia zusehends. Rubin wird von Anfang an als Opportunistin ohne Ideale, dafür mit Haifischgrinsen porträtiert. Bei dem Unterfangen geht es ihr keineswegs um ein besseres Dasein für die Menschheit, sondern einzig um schnellen Profit.

Die eher unterschwellig bedrohliche Stimmung kippt endgültig, als Mia Thomas heimlich in ein verlassenes Industriegebiet folgt, wo sie von Rubens Handlangern gekidnappt und in den unterirdischen Laboratorien, oder eher Folterkellern, gefangen gehalten wird. Was bisher wie ein Thriller anmutete, bekommt nun weitaus düstere Züge. Das Erzähltempo zieht an, wird jedoch immer wieder durch ruhige Szenen gebrochen, die unter die Haut gehen. Die immer wiederkehrenden Ausbrüche an Gewalt verhüllen wenig und sind von äußerster Brutalität gezeichnet. Tatsächlich durchzieht den Film aber darunter eine unheilvolle Grundstimmung, die außerhalb dieser Szenen immer wieder schockierende Momente hervorbringt.

Was diese exzessive Gewalt aber eigentlich zu versinnbildlichen scheint ist eine zweite Erzählung, die erschreckend viel mit der realen Welt zu tun hat. Das wird deutlich, wenn der Zuschauer in der zweiten Hälfte das ganze Ausmaß der Ruben‘schen Unternehmung zu sehen bekommt. In den labyrinthischen Katakomben werden Frauen wie Tiere in Käfigen gehalten, um aus ihren Körpern DNA-Bestandteile für die Jugendtinktur zu gewinnen. Gezeigt wird die Ausbeutung des Körpers bis zur völligen Zerstörung, zu keinem anderen Ziel als dem schnellen, schnöden Profit. Die malträtierten Frauen sind hierbei nicht mehr Arbeiterinnen, nicht einmal mehr Produkt, sondern werden reduziert zum reinen Rohstoff, der bis zur Erschöpfung ausgequetscht werden kann. Doch in der Erschöpfung lassen sich gelegentlich noch einmal ungeheure Kraftreserven mobilisieren, wie Ruben und ihre Handlanger am Ende erfahren müssen. Die Gewalt entlädt sich schließlich vollends im finalen Racheakt, der durchaus eine grimmige Befriedigung hervorruft.

Die Erzählung zieht sich in manchen Passagen zwar merklich, sodass man sich gelegentlich beim Blick auf die Uhr ertappt, dennoch ist sie formal eindrücklich umgesetzt. Der Kontrast zwischen den bedrohlichen Katakomben und der heimischen Vorstadtwelt von Thomas und Mia könnte harscher kaum sein. Auf der einen Seite die dunkle, schmutzige und zerstörerische Welt der Produktion, auf der anderen Seite die oberflächliche heile Welt in den Hügeln vor der Stadt, völlig entfremdet von den alltäglichen Kämpfen im Tal. Unterstützt wird diese düstere Grundstimmung von einer atmosphärischen Lichtdramaturgie und dem industriellen Score. Dr. Ruben ist der Geist im Getriebe dieser ungeheuren Profitmaschinerie und durch ihr völliges Fehlen an Ambivalenz und Tiefe zwar ein wenig holzhammermäßig, aber dennoch wirkungsvoll inszeniert. Selbst am Ende scheint sie von der Rationalität und Sinnhaftigkeit ihres Handelns überzeugt. Kein Wunder, kann sie doch die dunklen Teile der Arbeit in rauere Hände delegieren, damit ihre eigenen sauber bleiben, für das Treffen mit dem nächsten Interessenten.

Fazit

Jens Dahls Breeder stellt sich als in harschem Naturalismus vorgetragene Reflexion über Ausbeutung und Produktion dar, in einer Welt, in der Profit über allem steht. Das muss man nicht tiefgründig nennen, doch lässt es die exzessive Gewalt nicht zum Selbstzweck verkommen. Trotz zwischenzeitlicher erzählerischer Schwächen sieht das alles auch noch recht eindrücklich aus, und auch für die verbrauchte Menge an Kunstblut braucht sich hier niemand zu schämen.

 

Bewertung

Grauen Rating: 4 von 5
Spannung Rating: 2 von 5
Härte  Rating: 4 von 5
Unterhaltung  Rating: 3 von 5
Anspruch  Rating: 3 von 5
Gesamtwertung Rating: 3 von 5

Ab 11.02.2021 im Handel:

Breeder DVD Breeder BD

Bildquelle: Breeder © Tiberius Film

Horrorfilme… sind für mich das Erkennen, Überschreiten und Herausfordern von gesellschaftlichen Grenzen durch abgründige Ästhetik und damit Kunst in ihrer reinsten Form. Vor allen Dingen machen sie aber einfach unfassbar Spaß.

...und was meinst du?