Relic - Dunkles Vermächtnis
Kritik

Relic – Dunkles Vermächtnis (2020) – Review

Relic lief dieses Jahres bereits auf dem Fantasy Filmfest und hatte die Ehre, das Slash Filmfestival zu eröffnen. Nun findet er seinen Weg in die hiesigen Heimkinos. Was es mit dem vielfach gelobten Grusel-Hit und den Hereditary-Vergleichen auf sich hat, erfahrt ihr hier. 

Originaltitel: Relic
Land: Australien
Laufzeit: 89 Minuten
Regie: Natalie Erika James
Drehbuch: Natalie Erika James, Christian White
Cast: Emily Mortimer, Robyn Nevin, Bella Heathcote u.a.
VÖ: Seit dem 30.10.2020 im Handel

Inhalt

Edna ist eine verwitwete Rentnerin, die allein in ihrem abgelegenen Haus lebt. Eines Tages scheint Edna jedoch verschwunden zu sein, seit Tagen hat sie niemand mehr gesehen. Die besorgten Nachbarn informieren daraufhin Ednas Tochter Kay, die sich mit ihrer eigenen Tochter Sam auf den Weg zu ihrer Mutter macht. Und tatsächlich finden sie das Haus der alten Dame vollständig verlassen vor. Die einzige Lebensform, die sich in dem Heim findet, ist ein schwarzer Schimmelpilz, der sich über Wände und in der Küche liegende Lebensmittel ausgebreitet hat. Die besorgte Suche nach Edna findet ein jähes Ende, als diese plötzlich von Kopf bis zu den Füßen verdreckt in der Küche steht. Doch statt Erleichterung macht sich bei Kay und Sam nach und nach Angst breit, denn Edna scheint seit ihrer Rückkehr verändert…

Kritik

Seit seiner Uraufführung auf dem Sundance Film Festival sorgt Relic immer wieder für Aufsehen, was nicht zuletzt wohl auch der Tatsache geschuldet ist, dass Vergleiche mit dem hochgelobten Hereditary den Weg von Relic säumen. Diese Vergleiche kommen nicht von ungefähr, denn tatsächlich reiht sich auch Relic in die lange Tradition von Filmen ein, die sich ernsten, vielschichtigen Themen im Gewand eines Horrorfilms annehmen. Langsam und gemächlich entfaltet sich die Story, die ohne die bedrohliche musikalische Untermalung auch schnell auf ein einfaches Drama schließen lassen könnte. Genau dieser Kniff war auch schon eine der vielen Stärken des eingehend erwähnten Hereditary, denn genau wie in Ari Asters Regiedebüt bleibt auch in Relic lange Zeit unklar, aus welcher Richtung und in welcher Form sich die Bedrohung letztendlich niederschlagen wird. Angedeutete Schatten, kaum erkennbare Silhouetten feindseliger Wesen und eine von Desorientierung und Selbstverlust gekennzeichnete Verwirrung sorgen schon früh für Spannung, denn die dadurch einsetzende Paranoia lässt das potentiell Böse bald in jeder spärlich ausgeleuchteten Ecke vermuten.

Relic - Dunkles VermächtnisStilsicher werden Elemente des Haunted-House-Horrors mit furchterregenden Albträumen aus der Vergangenheit gepaart, sodass eine stetig steigende Bedrohung zwar stets spür- aber nie greifbar ist. Die filmischen Mittel, die Relic für diesen Stimmungsaufbau benutzt, sind erneut mit jenen aus Hereditary vergleichbar, besitzen aber nicht ganz dessen überwältigende Wucht. Schleichend setzt der Horror ein, manifestiert sich in bedeutungsbeladender Metaphorik und setzt sich dann wie der schwarze Schimmelpilz in den Lungen der Figuren fest. Dass Relic hier etwas zu sehr über die Stränge schlägt und sich letztendlich weniger hinter der bedrohlichen Atmosphäre verbirgt, als der Film einen anfangs glauben machen wollte, ist verschmerzbar. Sobald die Fragen über das „Was?“ in den Köpfen der Zuschauenden etabliert sind, justiert Relic seinen Fokus und verhandelt den Horror, mit dem man konfrontiert wird, wenn Demenz Einzug in das persönlichste Umfeld erhält und was es mit Menschen macht, wenn selbst deren Heim ihnen keinen Schutz vor diesem Schrecken bieten kann.

Relic - Dunkles VermächtnisIn Relic werden die eigenen vier Wände wortwörtlich zu einem Labyrinth ohne Ausgang, in das man, wenn man keinerlei Hilfe von außen bekommt, mit den eigenen Ängsten auf sich selbst gestellt, eingesperrt wird. Der Showdown kommt dabei keineswegs still und leise daher, sondern auf eine dermaßen unheimliche Weise, die viele Genre-Kollegen in den Schatten stellt. Das Ende dürfte einige mit seiner Aufforderung zur Interpretation vor den Kopf stoßen, verbirgt hinter seiner Symbolik aber neben einer tiefen Traurigkeit auch Hoffnung und Kraft.

Fazit

Relic ist ein Psycho-Horrorfilm, der das Innenleben der Figuren nach außen stülpt. Die (psychischen) Probleme manifestieren sich in realem Schrecken, der sie terrorisiert und nur durch ein bewusstes Gegenübertreten bezwungen werden kann. Wer mit Filmen wie Der Babadook und Hereditary etwas anfangen konnte, dürfte auch mit Relic Freude haben, denn er bietet eine ausgewogene Mischung aus emotionalen Momenten, stark inszeniertem Grusel und Anspruch.

 

Bewertung

Grauen Rating: 3 von 5
Spannung Rating: 4 von 5
Härte  Rating: 1 von 5
Unterhaltung  rating3_5
Anspruch  Rating: 3 von 5
Gesamtwertung Rating: 3 von 5

Seit dem 30.10.2020 im Handel:

Bildquelle: Relic – Dunkles Vermächtnis © LEONINE

Horrorfilme sind für mich die beste Möglichkeit, die Grenzen des Zumutbaren und des eigenen Sehvergnügens auszuloten und neu zu definieren. Außerdem gibt es kaum ein anderes Genre, das so viele verschiedene gute Ideen, Möglichkeiten und Geschichten hervorbringen kann, da, ähnlich wie im Science-Fiction, einfach alles möglich ist. Es ist faszinierend, wie stark einen gute Horrorfilme in ihren Bann ziehen können und dabei sowohl schockieren als auch unterhalten.

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