Detention
Kritik

Detention (2019) – Review

In John Hsus Videospielverfilmung Detention kehren die Geister der Vergangenheit auf die große Leinwand zurück. Ein Film über Hoffnung und politische Erlösung in einem kollektiven Albtraum.

Originaltitel: Fanxiao
Land: Taiwan
Laufzeit: 105 Minuten
Regie: John Hsu
Drehbuch: John Hsu
Cast: Gingle Wang, Cecilia Choi, Meng-Po Fu u.a.

Hintergründe & Inhalt

Solange jemand lebt, gibt es immer Hoffnung.

Die Zeit zwischen 1947 und 1987 wird in Taiwan als „Weißer Terror“ bezeichnet; eine Zeit geprägt von der Unterdrückung durch das Kuomintang-Regime, in der jeder, der sich der Regierung widersetzte, verfolgt, inhaftiert oder ermordet wurde. Es kam zu einer systematischen Einschränkung der Redefreiheit und Zensur, wobei abweichende politische Literatur verboten war und gegebenenfalls verbrannt wurde.

Detention

Detention nimmt sich dieser Geschichte Taiwans an und beginnt seine Erzählung im Jahr 1962: Ray-Shin Fang (Gingle Wang) ist in der Abschlussklasse der Greenwood Highschool und zählt zu einer der besten Schülerinnen. Doch der Schein trügt, denn unter der Fassade des fleißigen Mädchens schlummert die Einsamkeit. Der Vater, ein wichtiges Mitglied der Partei, ist gewalttätig und die Mutter scheint sein Verhalten in einer stoischen Gläubigkeit hinzunehmen. Ray-Shins einziger Halt ist die verbotene Beziehung zu ihrem Lehrer Mr. Chang (Meng-Po Fu, Deep Evil). Dieser ist gleichzeitig der Gründer einer Lerngruppe für verbotene Bücher, die auch seine Kollegin Tsui-Han Yin (Cecilia Choi) und der Schüler Chung-Ting Wei (Jing-Hua Tseng) besuchen. Obwohl die Studiengruppe einen Zufluchtsort in einer repressiven Umgebung bietet, riskieren die Mitglieder durch ihre Teilnahme Folter und Tod. Eine Tages verschwindet Chang und Ray-Shin und Chung-Tin sind in der Schule gefangen, die nicht mehr der vertraute Ort ist, den sie zuvor kannten. Abgesehen von der Anwesenheit beunruhigender Kreaturen, ist sie vollkommen verlassen. Auf der Suche nach Lebenszeichen müssen sie sich ihren Erinnerungen stellen.

Detention

Das Spielfilmdebüt des taiwanesischen Regisseurs John Hsu basiert auf dem gleichnamigen Indie-Horror-Videospiel des Spieleentwicklers Red Candle Games aus dem Jahr 2017, das für die Internetplattform Steam konzipiert wurde. „Detention“ ist ein atmosphärischer 2D-Side-Scroller, der die taiwanesische Kultur und Religion im Hinblick auf das autoritäre Regime der 1960er-Jahre behandelt. Das 228-Massaker, ein Aufstand gegen die herrschende Kuomintang-Regierung der Zivilbevölkerung im Jahre 1947, bei dem etliche Schüler*innen und Studierende zu Tode kamen, war der Anfang einer Zeit der politischen Unterdrückung, die bis 1987 anhalten sollte. Unter Kriegsrecht wurden Meinungs- und Literaturfreiheit kontinuierlich verschärft und zahlreiche Taiwanesen und chinesische Einwanderer inhaftiert. Schulen und Universitäten waren besonders betroffen. Im Rahmen des „Weißen Terrors“ bietet „Detention“ auch eine historisch-politische Aussage über eine spezifische Phase der Geschichte Taiwans.

Kritik

Detention ist eine Kombination aus Horror und gesellschaftspolitischem Drama. In der ersten Hälfte überwiegt der Survival-Horror mit einem unheilvollen Setting, in dem bösartige Kreaturen ihr Unwesen treiben und die beiden Schüler verfolgen, die gleichzeitig versuchen, das Rätsel der Schule zu lösen und am Leben zu bleiben. Mit den Rückblenden zum (Schul-)Alltag von Fang im zweiten Teil wird der Film schließlich zu einem Drama mit intensivem politischen Kommentar und der tragischen Geschichte von Fang. Düster und emotional wird die Atmosphäre des „Weißen Terrors“ und dessen Folgen für die Lebenswelt der betroffenen Menschen hervorgehoben.

Detention

Bedrohlichkeit erfährt der Zuschauer bereits bei der Eröffnungsszene in der Schule, die als Ort vermeintlicher Sicherheit in Detention vielmehr durch militärische Autorität und staatliche Kontrolle geprägt ist. Für eine gruselige Atmosphäre sorgen die gedämpften Hintergrundfarben der Schulinnenräume und die schlechte Beleuchtung, denn der Zuschauer folgt Fang und Wei durch die dunklen Korridore und verwinkelten Ecken, oftmals nur beleuchtet mit schwachem Kerzenlicht. Darüber hinaus vermittelt der ständige Perspektivwechsel zwischen den Protagonisten dem Betrachter das Gefühl, in einem Traum oder in diesem Fall einem Albtraum zu sein. Allerdings sorgen die durchschnittlichen visuellen Effekte, die Unterteilung der Geschichte in verschiedene Kapitel und das Creature Design, das u.a. an „Silent Hill“ oder „Resident Evil“ erinnert, dann doch für ein bisschen klassische Videospielatmosphäre.

Detention

Die Rückblenden vermeiden Eintönigkeit und schließen allmählich die Gedächtnislücken von Fang und der Zuschauer enträtselt nach und nach die Geheimnisse der Figuren, die sie selbst eigentlich bereits wissen. Das funktioniert durch ungleichmäßige Enthüllungen, denn es gibt immer wieder Anzeichen für eine Tragödie, die sich ereignet haben muss, aber es dauert, bis der Zuschauer alles herausfindet, da Fang durch ihr Schuldbewusstsein gehemmt ist. Die Bilder einer faschistoiden Gesellschaft sind gut durchdacht, eindringlich und beängstigend und das Schulhaus wird zu einer Art Aufbewahrungsort für die verwaisten Erinnerungen an eine vergessene Vergangenheit.

Hast du vergessen oder hast du Angst dich zu erinnern?

Detention

Indem die Haupterzählung aus der Sicht von Teenagern geschildert wird, fördert sie die Auswirkungen des Regimes auf ihr junges Leben und den Wunsch, den Beschränkungen zu entfliehen. Bei den Figuren handelt es sich um glaubwürdige, fehlerbehaftete Charaktere, die vor Konflikten stehen, Entscheidungen treffen und die Konsequenzen nicht abschätzen können. Aber es gibt auch Mitgefühl und Menschlichkeit, ohne in Klischees abzudriften. Vergebung und Erinnerung sind in dieser kraftvollen Geschichte miteinander verflochten, denn in Detention beruht der wahre Terror und Verrat auf mangelndem Vertrauen. Die Monster als Manifestation der Schuldgefühle klammern sich einfach an die Angst, die wir uns gegenseitig einflößen.

Fazit

John Hsu konstruiert mit Detention einen unheimlichen Horrorfilm, der die Geister der Vergangenheit heraufbeschwört und ihre Geschichte erzählt. Trotz einiger visueller Abstriche bietet der Film eine Reise durch verlorene Erinnerungen und zeigt einen Weg der Auseinandersetzung mit Terror und Paranoia. Denn angesichts der vielschichtigen Natur des Menschen bleibt immer Raum für Altruismus und Individualismus.

Bewertung

Grauen Rating: 4 von 5
Spannung Rating: 4 von 5
Härte  Rating: 2 von 5
Unterhaltung Rating: 4 von 5
Anspruch Rating: 4 von 5
Gesamtwertung Rating: 4 von 5

Bildquelle: Detention © Warner Bros.

Horrorfilme… sind für mich eine Möglichkeit, Angstsituationen zu erleben, ohne die Kontrolle zu verlieren. Es ist eine positive Art der Angst, da sich ein Glücksgefühl einstellt, sobald man die Situation durchgestanden hat. Es ist nicht real – könnte es aber sein. Das ist furtchteinflößend und gleichzeitig faszinierend.

...und was meinst du?